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#Die Verschmutzung der Ostsee lässt Buchten kollabieren

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Vor den kleinen roten Holzhütten sitzen ein paar Männer in der Morgensonne. Am Steg vor ihnen liegen Boote, aber raus zum Fischen fährt heute keiner. Es gebe keine Fische mehr hier im Vejle Fjord, sagt Benny Villadsen, der Mitglied im örtlichen Amateurfischerverein ist, zu dem das Gelände gehört. Villadsen lebt seit Ende der Neunzigerjahre in Vejle. Damals sei am Steg alles voller Seegras gewesen, sagt er, man habe mit den Booten erst mal zwei-, dreihundert Meter rauspaddeln müssen, damit sich all die Pflanzen nicht in der Motorschraube verhedderten. Heute? Unter Wasser alles kahl, die Bucht sei tot.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

Unterwasseraufnahmen aus dem Vejle Fjord sorgten kürzlich in Dänemark für Aufsehen. Forscher hatten die Bucht kartographiert und mit einer Art Schlitten unter Wasser 70 Stunden Filmmaterial aufgenommen. Sie sahen dabei nur einen einzigen Fisch.

Der Vejle Fjord dürfte Forschern zufolge der Endpunkt einer Entwicklung sein, die vielen Regionen in der Ostsee droht. Schon länger gibt es in dem Meer sogenannte Todeszonen ohne Sauerstoff. Lange Zeit waren sie nur im tiefen Wasser. Doch sie werden mehr, und es gibt sie zunehmend auch küstennah. Grund ist vor allem die anhaltende Einleitung von Nitraten. Hinzu kommen Überfischung und Erwärmung.

Krabbenplage, Muschelsterben: Plantage für die Zucht von Miesmuscheln


Krabbenplage, Muschelsterben: Plantage für die Zucht von Miesmuscheln
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Bild: Daniel Pilar

„Lange hat das Wasser alles weggesteckt, vor fünf bis sechs Jahren aber ist es kollabiert“, sagt Mads Fjeldsø Christensen. Er ist Biologe und arbeitet bei der Stadt Vejle. „Das Ökosystem ist komplett aus dem Gleichgewicht. Im Vejle Fjord gibt es keine Fische mehr“, sagt er. Kein Dorsch, keine Plattfische, gar nichts. Für sie sei ein Leben am Grund unmöglich, dort gebe es kaum noch Sauerstoff. Ab und an verirre sich an der Oberfläche noch ein Fisch in die Förde – und verschwinde dann wieder.

Muschelzucht gegen den Niedergang

Christensen fährt mit uns raus, das Boot steuert Villadsen, der Mann vom Fischerverein. Die Umgebung ist idyllisch: Vorbei ziehen einstöckige Häuschen, in den Gärten am Mast der Wimpel mit dem Dannebrog, der dänischen Flagge. Christensen deutet auf ein größeres Haus, das gehöre den Besitzern der Lego-Firma, sagt er, einer der reichsten Familien der Region. Das Haus ist nicht riesig, und direkt daneben befindet sich ein öffentlicher Strand. „Ihr solltet das Gebäude mal von der Rückseite sehen“, sagt Christensen und lacht. In Dänemark stellt man seinen Reichtum nicht zur Schau.

Christensen überprüft an diesem Tag die Muschelzucht draußen im Fjord. Sie ist Teil eines Projekts der Kommune, das den Niedergang des Fjords aufhalten soll. Es wird überwiegend von einer privaten Stiftung finanziert. Dafür werden Miesmuscheln gezüchtet und später wieder ausgesetzt, Steinhaufen im Wasser errichtet und Seegras ausgepflanzt. Alles in der Hoffnung, so wieder Leben in den Meeresarm zu bringen.

Ein neuer Anfang? Noch sind die gezüchteten Miesmuscheln winzig klein. Ob sie sich regenerieren, wenn sie ausgesetzt werden, ist ungewiss.


Ein neuer Anfang? Noch sind die gezüchteten Miesmuscheln winzig klein. Ob sie sich regenerieren, wenn sie ausgesetzt werden, ist ungewiss.
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Bild: Daniel Pilar

Christensen beugt sich vom Bootsrand hinab, hebt ein Seil hoch, das an zweien der Hunderten Bojen befestigt ist, die hier im Wasser liegen. Am Seil befinden sich Tausende kleine schwarze Pünktchen. Es sind winzige Miesmuscheln. Bisher sehe es gut aus, sagt Christensen und lacht. Die Muscheln werden später, wenn sie größer sind, von einem Boot aus eingesammelt und an bestimmten Stellen ins Wasser gekippt. Von dort sollen sie sich dann ausbreiten, so zumindest die Theorie. „So kreieren wir Leben auf dem Grund des Fjords“, sagt Christensen. Allerdings sei noch unklar, ob sich die Muschelbestände dann wirklich von selbst regenerierten.

Von den Seegrasflächen, die es einst in der Förde gab, sind noch etwa zehn Prozent vorhanden – mit weitreichenden Folgen für das Leben unter Wasser, denn Seegraswiesen gelten als Kindergarten für Fische. Zudem speichern sie große Mengen von Kohlendioxid. Im Rahmen des Projektes wird Seegras ausgepflanzt. Das ist mühsam, denn dafür muss jede einzelne Pflanze mit kleinen Nadeln von Tauchern im Boden verankert werden.

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