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#Wie bleibt man kreativ, wenn sich jeder Tag gleich anfühlt?

Wie bleibt man kreativ, wenn sich jeder Tag gleich anfühlt?

Eigentlich ging dieser Text anders. Einen ersten Entwurf, den ich zwischen Tür und Angel runter getippt hatte, habe ich gestern einer lieben Kollegin geschickt und sie um ihre Meinung gebeten.

„Ich lese 40 Mal das Wort kreativ, aber weiß gar nicht, was du damit genau meinst. Kreativität ist so schwer greifbar, ich fände es schön zu lesen, was genau dir fehlt, wenn du konkreter wirst“ ist ihre Antwort, nachdem sie den Text gelesen hat.

Das klingt nicht hart, sondern ist ein konstruktives Feedback, das gerade im Kontext dieses Textes so wichtig ist. Ihr werdet sehen, diese kurze Konversation beschreibt schon ziemlich gut, worum es in diesem Artikel eigentlich gehen soll. Darum nämlich, wie schwer es mir und anderen gerade fällt, kreativ zu sein oder zu bleiben.

Einen Tag, an dem ich abends gedacht habe „Mensch, das hast du heute richtig originell und kreativ umgesetzt“, den gab es schon länger nicht mehr.

Also habe ich gestern Abend noch ein wenig weiter gegrübelt, warum das so sein könnte und was mir gerade fehlt, um „kreativ sein“ zu können. Ich denke darüber nach, dass ich eigentlich seit Monaten nur damit beschäftigt bin, mich und meine Arbeit über Wasser zu halten, damit das Boot, in dem wir ja alle irgendwie sitzen, nicht untergeht.

Einen Tag, an dem ich abends gedacht habe „Mensch, das hast du heute richtig originell und kreativ umgesetzt“, den gab es schon länger nicht mehr. Stattdessen ist es zwischen all den Verpflichtungen, die man so hat, unheimlich mühselig geworden, Kreativität an den Tag zu legen, geschweige denn progressiv zu sein.

Die naheliegendste Antwort darauf? Ich bin pandemiemüde. Jeder Tag fühlt sich gleich an. Wir alle fühlen uns ja inzwischen ausgebrannt und leer. Bevor uns die Pandemie ins Social Distancing zwang, war ich normalweise den ganz Tag lang unterwegs. Die ersten zehn Worte habe ich schon morgens um 9 mit dem Spätiverkäufer unten im Haus gewechselt, bei dem ich mir immer einen semi-guten, aber dafür günstigen Filterkaffee für den Arbeitsweg mitgenommen habe.

Der Typ hat wirklich immer eine skurrile Geschichte aus seiner Nachtschicht zum Besten gegeben, die mich nicht selten auf die eine oder andere, durchaus skurrile, Artikelidee gebracht hat. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich ihn zuletzt gesehen habe, denn ich muss das Haus ja morgens nicht mehr verlassen.

Ich bin pandemiemüde. Jeder Tag fühlt sich gleich an

Im Büro ging es weiter, man trifft die Kolleg*innen in der Küche, kommuniziert den ganzen Tag pausenlos. Wo hat ein neuer Laden eröffnet? Welchen Film muss man unbedingt gesehen haben? Und was war da gestern bei XY los? Man war spätestens zum Mittag bestens informiert, was wo geht. Nach Feierabend habe mich mit Freund*innen getroffen, in einem Restaurant zum Essen oder später in einer Bar. Wir haben uns erzählt, was wir tagsüber erlebt haben, den neuesten Klatsch und Tratsch ausgetauscht, wie man so schön sagt.

An den Wochenenden haben wir viel unternommen, sind rausgefahren oder haben Ausstellungen besucht. Kein Abend verging ohne neue Eindrücke und Menschen, die man zufällig kennengelernt hat. Und davon zehrt man, privat wie beruflich. Inspiration entsteht doch gerade durch Leben und Austausch. Das war mir wohl noch nie bewusster als jetzt.

Ausgehen, ins Gespräch kommen, Neues entdecken – all diese Dinge sind momentan eine Ausnahme und nicht mehr unser Alltag. Unsere neue Routine heißt stattdessen zu Hause bleiben. Wenn reelle Begegnungen und Erlebnisse aber über eine lange Zeit fehlen, dann wirkt sich das mit ziemlicher Sicherheit schlecht auf unsere Kreativität aus. In meinem Fall also auch auf meine Texte.

Aber um etwas zu erzählen, brauchen wir Erlebnisse. Das kann sowohl im Kleinen auf dem Weg zur Arbeit passieren, auf dem wir dem redseligen Spätimann begegnen, im Austausch mit Kolleg*innen während der Arbeit oder abends beim Versacken mit den Freund*innen in der Stammbar. Mir fehlt das alles so sehr.

Um gute Geschichten zu erzählen, brauchen wir Erlebnisse

Die Pandemie verlangt uns allen gerade einiges ab. Sie setzt uns kollektiv unter permanenten Stress. Zwar mögen die Ängste bei jeder*m von uns ganz unterschiedlicher Natur sein – etwa um den Arbeitsplatz, um unsere Gesundheit oder vor einer generell ungewissen Zukunft –, aber sie führen alle dazu, dass wir unter Stress reaktionär denken und handeln, nicht kreativ.

Kreativität (in welchem Bereich auch immer) bedeutet für mich, dass man nicht nur reagiert, sondern dass man sich Freiraum und Zeit schafft, um in alle Richtungen zu denken. Dass man Erlebnisse kreiert, um sie in seine Arbeit einfließen zu lassen. Auch Dinge zu priorisieren, an denen man Freude hat. Ob das am Ende zu Erfolg führt, ist erstmal gar nicht so wichtig. Es geht vielmehr um einen Prozess, den wir zulassen oder vielleicht auch neu erlernen müssen.

Und hier komme ich wieder zurück auf die eingangs beschriebene Szene. „Konkreter werden“, sagte die Kollegin. Um gute Geschichten zu erzählen, brauchen wir eben diese Erlebnisse und Eindrücke, die wir zum Beispiel in einen Text wie diesen einfließen lassen können.  

Kreativität bedeutet für mich, in alle Richtungen zu denken. Dass man Erlebnisse kreiert. Auch, Dinge zu priorisieren, an denen man Freude hat.

Da das leichter gesagt als getan ist, habe ich gezielt nach Dingen und Strategien gesucht, die mich und vielleicht ja auch euch dabei unterstützen können, wieder kreativer zu sein. Die helfen, Zeit zum Denken zu finden. Eine Art 5-Punkte-Plan, der mir keine zusätzlichen Stress machen, sondern – ganz im Gegenteil – Kapazitäten, Zeit und Energie für Kreativität geben soll.

1. Negative Gefühle nutzen

Spannend finde ich die Theorie, dass man negative Emotionen in Kreativität umwandeln kann. Wut und Ärger oder Unsicherheit und Frustration, weil gerade nichts so läuft, wie es soll, weil diese Pandemie und all die Einschränkungen kein Ende nehmen wollen, fühlen sich erstmal scheiße an. Wenn wir uns aber bewusst machen, dass auch diese Gefühle Teil unseres emotionalen Baukastens sind und gerade einfach dazu gehören, können wir sie nutzen und bewusst produktiv umlenken. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber meistens fühle ich mich nach einem ordentlichen Wutausbruch, weil mir dieser Text hier zum Beispiel schwer gefallen ist, ziemlich gut. Die moderne Form der Katharsis vielleicht. Danach geht mir Vieles leichter von der Hand. Ich glaube daran, dass wir alle diese Fähigkeit, etwas Negatives in etwas Positives umzulenken, besitzen.

2. Ein kreatives Ventil finden

Malen, Fotografieren, Gitarre spielen oder Stricken. Ganz egal, was es ist, wir alle brauchen einen kreativen Ausgleich. Das hilft nachweislich dabei, Stress zu reduzieren, mal loszulassen und lässt uns sämtliche Sorgen für eine Weile vergessen. Wissen wir eigentlich alle ziemlich gut, oder? Deshalb sollten wir uns gerade aktuell so oft es geht bewusst ein kreatives Ventil suchen. Ich habe früher Zeichenkurse besucht, stundenlang einen Gegenstand angeschaut und ihn gezeichnet. Das hat mir wahnsinnig viel Freude gemacht. Warum sollte das heute nicht mehr so sein? Reminder to myself: Öfter mal das Handy ausmachen, den Stift in die Hand nehmen und einfach loslegen.
3. In den Flow kommen

Wenn das richtige kreative Ventil gefunden wurde, gilt es in den Flow zu kommen. Das ist der Moment, in dem man so vertieft in eine Sache ist, dass man jegliches Gefühl für Raum und Zeit vergisst. Ja, das gibt’s. Über den Flow wird aktuell viel geforscht, denn man geht davon aus, dass er nicht nur positive Glücksgefühle hervorruft, die enorm gesund sind, sondern auch die Kreativität anregt – und zwar langfristig. Klar, ein Flow lässt sich nicht immer auf Knopfdruck abrufen, aber wir können ein paar Dinge tun, um ihn zu begünstigen. Zum Beispiel, indem wir uns daran erinnern, in welchen Momenten wir mal im Flow waren und diese Dinge dann tun. Ein gutes Buch lesen, Sport treiben, schreiben oder stundenlang auf ein Glas schauen und es abzeichnen. You name it.
4. In die Natur gehen

Dieser Tipp ist ein alter Hut, aber nicht weniger wertvoll, wenn es darum geht, Kreativität zu aktivieren. Wann immer es geht, raus in die Natur! Frische Luft und Natur in Verbindung mit Bewegung sorgen nämlich dafür, dass sich unsere kreativen Potentiale entfalten können. Da ist sich die Wissenschaft einig wie nur selten. Pilze sammeln im Wald, Menschen beim Joggen im Park beobachten oder einfach mal nur die Geräusche um euch herum wahrnehmen – wann habt ihr das zuletzt gemacht? Vielleicht ist es genau das, was so viele als die berüchtigte „kreative Pause“ bezeichnen. Es sind besonders jetzt (und eigentlich immer) auch die kleinen Dinge, die kurzen Pausen, aus denen man Kreativität schöpfen und in seine Arbeit oder Tagesgestaltung einfließen lassen kann. Das kann man üben.
5. Mit anderen vernetzen

Ich finde ja, nicht unter Druck entstehen Diamanten, sondern im Team. Deshalb sind die Themen Vernetzen, Austausch und Feedback ganz wichtig, um kreativ zu sein. Sie helfen dabei, den Kreativitätsprozess anzustoßen und fördern die Motivation. Gerade in Phasen, in denen wir viel Zeit mit uns allein oder zu Hause verbringen, erscheint das noch viel wichtiger als es ohnehin schon ist. Ideen müssen raus in die Welt, diskutiert werden, damit sie zum Leben erweckt werden. Ich nehme mir also vor, mich regelmäßiger zu zweit mit meinen Redaktionskolleg*innen zu verabreden. Wenn das nicht klappt, treffen wir uns eben in Hangouts. Das sind genau die Räume, die wir brauchen, um Neuigkeiten auszutauschen, über Ideen zu quatschen und an ihnen zu feilen. So lange, bis ein (kreativer) Schuh draus wird.
Mal sehen, was die Kollegin zur zweiten Version dieses Textes sagt.

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