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#Astronomische Vereinigungen verabschieden Resolution gegen Lichtverschmutzung – Frischer Wind

Astronomische Vereinigungen verabschieden Resolution gegen Lichtverschmutzung – Frischer Wind

Die größte amateurastronomische Vereinigung in Deutschland – die Vereinigung der Sternfreunde (VdS) – hat auf ihrer diesjährigen Jahrestagung in Zusammenarbeit mit der Astronomischen Gesellschaft und der Gesellschaft deutschsprachiger Planetarien sowie unterstützt durch weitere Institutionen und Akteure wie etwa das Haus der Astronomie eine Resolution zur weiterhin zunehmenden Lichtverschmutzung verabschiedet. Die Resolution, die bereits zahlreichen Medienvertretern und politischen Entscheidungsträgern zugegangen ist, habe ich nachfolgend im Wortlaut hier im “Frischen Wind” eingestellt.

Für eine natürliche Nacht zum Schutz von Mensch und Umwelt

Resolution zur Vermeidung von Lichtverschmutzung

von:

VdS – Vereinigung der Sternfreunde e.V.,
Astronomische Gesellschaft e.V. und Gesellschaft deutschsprachiger Planetarien e.V.

Seit Jahrmillionen haben sich die Lebewesen auf der Erde an den natürlichen Wechsel zwischen hellem Tag und dunkler Nacht angepasst. Künstliche Beleuchtung hat die Wirtschaftskraft und die Ausdehnung menschlicher Aktivitäten in die Nacht hinein erheblich erweitert.

Im gerade zu Ende gehenden Internationalen Jahr des Lichts, das von den Vereinten Nationen ausgerufenen wurde, sollte der umweltverträgliche Einsatz innovativer technischer Lichtlösungen eine Selbstverständlichkeit sein. Leider ist das aber meist nicht der Fall! Seit einigen Jahren wird zunehmend erkennbar, dass zu viel oder falsch eingesetztes künstliches Licht negative Auswirkungen auf die Natur und die menschliche Gesundheit hat:

  • Der überwiegende Teil der Tiere ist nachtaktiv, durch künstliches Licht werden ihre nächtlichen Lebensräume beeinträchtigt oder zerstört.
  • Nachtaktive Insekten und Falter werden besonders von Lichtquellen mit hohen Blauanteilen angezogen, verenden und werden damit dem Naturkreislauf entzogen.
  • Singvögel werden in hell erleuchteten Städten zur Änderung ihrer Aktivitätsphasen und ihres Brutgeschäfts gezwungen.
  • Vögel werden von ihren Flugrouten abgelenkt oder stoßen mit beleuchteten Bauwerken zusammen.
  • Künstliches Licht zwingt Fledermäuse zu energiezehrenden Umwegen oder vertreibt sie aus ihren Lebensräumen.

Der Mensch wird durch moderne extrem helle Leuchtmittel stark geblendet, Blaulichtanteile im weißen Licht stören den Tag-Nacht-Zyklus und damit die lebensnotwendigen nächtlichen Regenerationsphasen und beeinträchtigen dadurch die Gesundheit.

Durch blendende Lichtquellen und weithin sichtbare diffuse Lichtglocken über Städten, selbst kleinen Gemeinden, Gewerbe- und Industriegebiete wird der Blick auf das natürliche Licht der Sterne am Nachthimmel weiträumig verhindert.

Dafür hat sich der Begriff Lichtverschmutzung eingebürgert. Über den Städten sind nur noch wenige Dutzend Sterne zu erkennen, während bei einem natürlich dunklen Himmel bis zu 4000 Sterne sichtbar wären. In Mitteleuropa gibt es nur noch wenige Möglichkeiten, eine natürliche Nachtlandschaft zu erleben, der Sternenhimmel geht als unmittelbares Naturerlebnis und als Kulturgut immer mehr verloren.

Verantwortlich für die Lichtverschmutzung ist oft unüberlegt eingesetztes Licht. Zahlreiche Lichtquellen werden nicht zielgerichtet eingesetzt und beleuchten mehr Fläche als notwendig. Besonders Scheinwerfer und Bodenstrahler, die zur Anstrahlung von Gebäuden, Werbetafeln oder Bäumen eingesetzt werden, vergeuden viel Energie durch nutzlose Beleuchtung des Himmels. Doch durch intelligente, moderne und verantwortungsvolle Beleuchtung können die negativen Auswirkungen künstlichen Lichts in der Nacht bereits jetzt reduziert und ohne Komfortverluste erhebliche Energiemengen, damit CO2-Emissionen und Kosten eingespart werden!

Entsprechende technische Lösungen existieren, sind leicht einsetzbar und nicht notwendigerweise teurer. Wir fordern daher Politik, öffentliche Verwaltungen, Handel, Gewerbe, Industrie und Privatpersonen auf:

  • Licht ist nicht nur nach seiner Effizienz, sondern auch nach den durch eine Lichtanwendung verursachten Belastungen und Schädigungen zu beurteilen.
  • Maßnahmen zur Reduzierung von Lichtverschmutzung durch effektive Begrenzung und Verringerung der Lichtbelastung in der Nacht zu ergreifen. Die Verwendung umweltverträglicher Lösungen darf nicht weiterhin dem Zufall oder dem Ermessen Einzelner überlassen sein. Informationen und Anleitungen für Planer und Entscheider bei künstlichen Beleuchtungen sind erforderlich. Auf kommunalen Ebenen kann dies etwa durch Beleuchtungsempfehlungen, Lichtplanungen, Gestaltungssatzungen erfolgen.
  • Künstliches Licht zielgerichtet so einzusetzen, dass es nur dorthin strahlt, wo es benötigt wird. Insbesondere ist zu vermeiden, dass Licht an den Himmel oder horizontal in die Umgebung strahlt. Dadurch wird auch die Möglichkeit einer Blendung reduziert. Realisiert wird dies effektiv durch Einsatz von vollabgeschirmten Leuchten ohne Emissionen in den oberen Halbraum („upward light ratio“ ULR = 0% oder Lichtstärkeklasse G6) und den Verzicht von Bodenstrahlern.
  • Bedarfsorientierte Absenkung des Lichtstroms in Abhängigkeit von der Benutzerfrequenz oder gar Abschaltung in den späten Nachtstunden festzulegen. Eine Halbierung der Lichthelligkeit wird vom menschlichen Auge kaum wahrgenommen, ist mit modernen Leuchtmitteln leicht realisierbar und spart entsprechende Energiemengen.
  • Eine Begrenzung der Blauanteile im weißen Licht festzulegen, wodurch auch die Blendung reduziert wird. Realisiert werden kann dies durch Reduzierung der Lichtmenge für Wellenlängen kürzer als 500 nm auf maximal 10% der Gesamtemission von 350-800 nm, was vor allem gelbe und warmweiße Lichtquellen mit äquivalenten Farbtemperaturen von 2000 bis max. 3000 Kelvin erfüllen. In Untersuchungen wurde diese Lichtqualität von den Menschen auch als angenehmste empfunden. Zudem wird Natriumdampflicht mit einer Farbtemperatur von 1800 K seit Jahren flächendeckend eingesetzt.
  • Maßnahmen zur Verbesserung der visuellen Wahrnehmung durch Blendungsvermeidung und Erhalt der Dunkeladaption zu ergreifen, was beispielsweise durch gleichmäßig niedrige Helligkeiten statt großer Lichtmengen erreichbar ist. Auf diese Weise werden Blendungen durch Werbetafeln oder zu helle Leuchten vermieden. Gerade moderne Lichtquellen wirken durch ihre hohe Leuchtdichte extrem blendend. Zudem wird ein Bumerang-(Rebound-)Effekt durch vermehrten Einsatz energiesparender Beleuchtung vermieden.
  • Die Beleuchtung von Naturobjekten (Pflanzen, Bäume, Gewässer, Geländeformationen) zu unterlassen.
  • Eine verstärkte Forschung und Aufklärung über die negativen Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf die Artenvielfalt und die menschliche Gesundheit zu unterstützen und eine Förderung der Entwicklung und Anwendung belastungsarmer Beleuchtungslösungen durchzuführen.
  • Projekte der nächtlichen Außenbeleuchtung aus öffentlichen Mitteln nicht ausschließlich nach Energieeffizienzkriterien zu fördern, sondern nur dann, wenn es sich nachgewiesenermaßen auch um lichtverschmutzungsvermeidende Beleuchtungslösungen handelt.

Diese Maßnahmen stellen keine Einschränkungen hinsichtlich der Sicherheit, der wirtschaftlichen Entwicklung oder des individuellen Wohlbefindens dar!

Ansprechpartner:

Dr. Andreas Hänel, Fachgruppe Dark Sky, Museum am Schölerberg, Klaus-Strick-Weg 10, 49082 Osnabrück, Tel. 0541-5600326, [email protected]. Die Resolution haben erarbeitet: Harald Bardenhagen, Dr.-Ing. Matthias Engel, Sabine Frank, Torsten Güths, Dr. Andreas Hänel, Alexander Weis

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