#Bahngewerkschaften tragen Wettlauf auf Rücken der Kunden aus
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Die beiden Gewerkschaften EVG und GDL ringen um die Vorherrschaft bei der Bahn. Über die Härte der Auseinandersetzung vergessen sie Passagiere und Zukunft des Unternehmens.
Doch jetzt bringt Weselsky eine bisher unbekannte Härte in den Tarifstreit mit der Bahn. Und er überzieht. Seine Idee klingt verwegen bis verrückt. Die GDL will der Bahn die Lokführer abwerben und selbst zum Arbeitgeber werden.
Gewerkschaft GDL gründet Zeitarbeitsfirma „Fairtrain“
Funktionäre der Gewerkschaft haben eine Genossenschaft mit dem Namen Fairtrain gegründet. Die Lokführer sollen bei der Bahn kündigen, in diese Firma wechseln und anschließend als Leiharbeiter wieder bei der Bahn eingesetzt werden. Es ist mindestens ungewöhnlich, dass eine Gewerkschaft selbst zum Anbieter der verschrienen Leiharbeit wird.
Weselskys Stellvertreter Mario Reiß sprach von einem „gesellschaftspolitischen Umerziehungsprozess für zurückgebliebene Arbeitgeber“. Praktisch wäre, dass die GDL dann Tarifverhandlungen mit sich selbst führen könnte. Das Ziel des Manövers ist aber ein anderes. Die Bahn soll noch stärker unter Druck gesetzt werden. Weil ihr schon heute Lokführer fehlen, ist sie angreifbar.
Nun strotzt der Staatsbetrieb im Allgemeinen nicht vor Kraft, um sich Weselsky in voller Frische entgegenstellen zu können, sondern durchleidet eine zehrende Schwächephase. Hohe Schulden, unpünktliche Züge, ein in Teilen schlechter Service und ein mit Baustellen gepflastertes Gleisnetz lasten auf dem Unternehmen. Zur Verantwortung von Gewerkschaften gehört, dass sie die wirtschaftliche Zukunft der Arbeitgeber und gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns im Auge behalten und nicht ohne Rücksicht auf Verluste die eigenen Ziele durchdrücken.
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Deutsche Bahn zieht das Tarifeinheitsgesetz durch
Weselskys rabiates Vorgehen ist seine Revanche dafür, dass er seine GDL in der Existenz bedroht sieht. Die Angst trägt den Namen Tarifeinheitsgesetz, das bei der Bahn seit einiger Zeit durchgesetzt wird. Es besagt, dass in den über 300 Einzelbetrieben der Bahn jeweils der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gilt. Das ist mit der Ausnahme von zwei Dutzend Einheiten der Vertrag der größeren Eisenbahnergewerkschaft EVG. Sie bestimmte in den zurückliegenden Monaten mit hohen Gehaltsforderungen und Streikdrohungen regelmäßig die Schlagzeilen.
Der Vorsitzende Martin Burkert hat sich von der gemäßigten Einstellung seines Vorgängers verabschiedet und setzt dem Bahn-Management zu. Die Streikbereitschaft ist deutlich höher als früher. Zweimal hat er den Bahnverkehr bereits lahmgelegt. Doch unter seiner Führung bleibt die EVG im abgesteckten Rahmen von Tarifverhandlungen. Mit der Chefetage der Bahn ist er sich einig in der Ablehnung einer großen Reform des Konzerns. Und die EVG profitiert auch davon, wenn die kleinere Konkurrenz geschwächt wird.
EVG verlangt ihrerseits hohe Gehaltssteigerungen
Dennoch könnte sie auch weiter mit der ungeliebten GDL leben, wie sie es bisher getan hat. Immer wieder gibt es leise Angebote der Kooperation, die aber von Weselsky als Bluff bewertet werden, weil sie nichts anderes wären als der Tod auf Raten für die Lokführergewerkschaft. Für die Bahn und ihre Passagiere heißt das nichts Gutes. Eine sich mit dem Rücken zur Wand wähnende GDL wird immer den Platzhirsch mit ihren Forderungen überbieten wollen.
Die EVG wiederum lässt sich das nicht mehr wie früher gefallen und verlangt ihrerseits hohe Gehaltssteigerungen, die sie im Zweifel per Streik durchsetzt. Beide Gewerkschaften schaukeln sich hoch, den Preis zahlen andere. Deutschland ist mit seiner auf Ausgleich, Zusammenarbeit und Pragmatismus geprägten Tarifkultur über Jahrzehnte gut gefahren. Die Union mehrerer Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst ist beispielhaft für ein funktionierendes Nebeneinander. Warum sollte das bei der Bahn nicht wieder möglich sein?
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