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#Briten und Franzosen streiten über Boote auf dem Ärmelkanal

Briten und Franzosen streiten über Boote auf dem Ärmelkanal

Die britische Innenministerin Priti Patel hat die Grenzschützer im Ärmelkanal autorisiert, Migrantenboote in französische Gewässer zurückzuleiten, sofern dies das Leben der Migranten nicht gefährde. Während der Vorstoß in Paris auf scharfe Kritik stieß, sprachen britische Fachleute von einem „Rohrkrepierer“, weil die Maßnahme ohne französische Hilfe nicht umgesetzt werden könne. Die Zahl der Migranten ist in den vergangenen Monaten erheblich gestiegen. Allein am Montag sollen 800 bis 1000 Migranten in Booten das südenglische Ufer erreicht haben. Seit Januar sind auf diesem Weg schon mehr als 13.500 Menschen illegal ins Land gekommen – fast doppelt so viele wie im gesamten vergangenen Jahr. Patels Ankündigung folgte offenbar einem unbefriedigenden Gespräch am Vortag mit ihrem französischen Gegenüber Gérald Darmanin in London.

Die britische Regierung unterstützt Frankreich seit Jahren finanziell und technisch beim Aufspüren von Schlepperbanden und Migrantenbooten an dessen Kanalküste. Weil die illegale Einwanderung über den Wasserweg kontinuierlich zunimmt, hält sich in London der Verdacht, dass der Regierung in Paris die Abwanderung von Migranten gar nicht unlieb ist. Die Franzosen „weigern“ sich, ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, klagte der Tory-Innenpolitiker Tim Loughton am Donnerstag. Die nordfranzösische Küstenstadt Calais könne erst dann ihre „magnetische“ Anziehung auf Migranten und Schlepper verlieren, wenn sich endlich die Botschaft durchsetze, dass Boote von französischen oder britischen Grenzern gestoppt würden, sagte er.

Paris gegen „gemeinsames Kommandozentrum“

Dieses Argument lässt Paris nicht gelten. Darmanin wies am Donnerstag darauf hin, dass französische Sicherheitskräfte „jeden zweiten Versuch illegaler Überfahrt“ vereitelten. Seit Jahresbeginn seien 10.000 Migranten an der Weiterreise nach Großbritannien gehindert worden, so das französische Innenministerium. Die bilateralen Verträge von Le Touquet (2004) und Sandhurst (2018) waren Ende November 2020 um einen neuen Vertrag zum Kampf gegen illegale Immigration ergänzt worden. Seit das Gebiet um den Eurotunnel und den Hafen in Calais weiträumig mit elektrischen Hochsicherheitszäunen abgesperrt wurde, konzentrieren sich die illegalen Ausreiseversuche auf die 80 Kilometer lange Kanalküste. Obwohl Frankreich ein Großaufgebot von Sicherheitskräften mobilisiert, sei es schwierig, einen so langen Küstenstreifen durchgängig zu überwachen, heißt es in Paris. Darmanin hat angekündigt, bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex Verstärkung anzufordern.

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In London verweist man darauf, dass Angebote zur Intensivierung der Kontrollen von Paris abgelehnt würden. Laut der Zeitung The Times hat Darmanin in einem Brief an Patel die britische Idee verworfen, ein „gemeinsames Kommandozentrum“ in Nordfrankreich einzurichten, von dem aus Polizisten und Grenzschützer beider Länder die Küste patrouillieren könnten. Offenbar hat Patel damit gedroht, die erst im Juli zugesagte finanzielle Unterstützung der französischen Bemühungen einzustellen.

Dies wiederum wurde von Darmanin am Donnerstag als „finanzielle Erpressung“ bezeichnet, die von Frankreich ebenso wenig hingenommen werde wie „eine Praxis, die gegen internationales Seerecht verstößt“. Die Freundschaft zwischen beiden Ländern habe Besseres als dieses Auftreten verdient, das der behördlichen Kooperation schade, fügte der Innenminister an. Das Zurückdrängen von Migrantenbooten ins Meer verstoße gegen die Genfer UN-Konvention. „Der Schutz von Menschenleben auf See hat Vorrang vor Überlegungen zu Nationalität, Status und Migrationspolitik“, betonte der Minister.

London betrachtet Vorgehen als völkerrechtlich abgeklärt

In der britischen Regierung wird versichert, dass Patels neue Anweisung an die Grenzschützer völkerrechtlich abgeklärt sei. Man habe die „robuste und detaillierte“ Rechtsbelehrung von Generalstaatsanwalt Michael Ellis erhalten, dass die neue Taktik im Einklang mit britischem und internationalem Recht stehe. Allerdings seien die Anwendungsmöglichkeiten „begrenzt“. Geplant ist offenbar, wenn möglich Migrantenboote beim Eindringen in britische Gewässer zur Umkehr zu zwingen und daraufhin die französischen Behörden zu verständigen. Dann wäre die Seenotrettung wieder französische Pflicht.

Nach Auffassung der britischen Gewerkschaft für die Beschäftigten des Grenzschutzes ist das allerdings ein theoretisches Konzept. Die Umleitung von Booten, so wie sie Frontex im Mittelmeer praktiziert habe, funktioniere nur, wenn das rücknehmende Land auch kooperiere. Weil Frankreich das ablehne, werde es zu keinem einzigen Fall von Rückleitung kommen, vermutete die zuständige Gewerkschaftssprecherin Lucy Moreton. Grund sei das Seerecht, das die Schlepper ausnutzten. Für überladene kleine Schlauchboote bedeute jedes erzwungene Manöver eine Gefahr, was ein britisches Eingreifen verbieten würde. Aber auch größere, stabilere Boote, die zunehmend von den Schleppern eingesetzt würden, seien vom Seerecht geschützt, sofern die Migranten im Fall der Aufbringung drohten, von Bord zu springen. Dies würde ihnen von den Schleppern empfohlen und mache „einen Großteil der Probleme aus, die wir gerade haben“, sagte Moreton.

In London wurde gemutmaßt, dass Patels Vorstoß innenpolitisch motiviert sei. Premierminister Boris Johnson musste sich am Mittwoch im Unterhaus dafür verteidigen, dass seine Regierung die illegale Migration auf dem Seeweg nicht in den Griff bekomme. Obwohl Patel als Falke in der Migrationspolitik gilt, wird sie in besonderer Weise für die steigenden Zahlen verantwortlich gemacht. Ihr Name fällt immer wieder, wenn über eine Kabinettsumbildung gesprochen wird, die Gerüchten zufolge unmittelbar bevorstehen könnte.

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