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#Corona in Ostdeutschland: Hildburghausen schließt sich ein

Corona in Ostdeutschland: Hildburghausen schließt sich ein

Letztlich währte der Streit zwischen Land und Landkreis nur wenige Tage. Am Montagabend einigten sich die Thüringer Landesregierung und der Hildburghausener Landrat Thomas Müller (CDU) zügig auf eine drastische Einschränkung des öffentlichen Lebens in dem Landkreis. Er liegt südlich des Thüringer Waldes, unmittelbar an der Grenze zu Bayern. Von diesem Mittwoch an würden dort „gravierende Schritte“ gelten, sagte Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Dazu zählt neben Kontaktbeschränkungen vor allem die Schließung aller Schulen und Kindergärten.

Stefan Locke

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Die Entscheidung zum lokalen Lockdown sei nicht leichtgefallen, sagte Werner. Doch „es ist eine besorgniserregende Situation“. Einzelne Infektionsherde seien nicht mehr auszumachen, sagte der Landrat der Zeitung „Freies Wort“. „Das geht querbeet durch alle Altersschichten.“ Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz war in Hildburghausen am Montag nahe an die Marke von 400 Infizierten pro 100.000 Einwohner gestiegen, am Dienstag sprang sie dann gar auf 483 – so hoch wie nirgendwo in Deutschland.

Auf Platz zwei lag am Dienstag die Region Passau mit rund 390 Infizierten je 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Zu den zehn deutschen Landkreisen mit höchster Inzidenz zählen darüber hinaus vier sächsische Landkreise: Bautzen, Görlitz, Erzgebirge und Sächsische Schweiz. Schaut man auf die Entwicklung, seit die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten den Teil-Lockdown über das Land verhängt haben, fällt auf, dass die Zahlen in Thüringen und Sachsen anders als in den meisten Ländern besonders stark steigen.

Sachsen lag am Dienstag mit 220 Infizierten je 100.000 Einwohner in sieben Tagen nur noch knapp hinter Berlin (227), aber schon deutlich vor Bayern (186). Auf Fragen nach den Ursachen für diesen akuten Anstieg gibt es jedoch weder in Dresden noch in Erfurt eindeutige Antworten, allenfalls Vermutungen. Man habe es mit einem „sehr diffusen Infektionsgeschehen“ zu tun, heißt es in Sachsens Gesundheitsministerium. Während es etwa im Frühjahr klare Infektionsherde wie Krankenhäuser oder Pflegeheime gegeben habe, entwickle sich die Lage in diesem Herbst äußerst unübersichtlich.

Eine Rolle könnte der Altersdurchschnitt der Bevölkerung spielen, der in Ostdeutschland generell und in Ostsachsen besonders deutlich über dem Durchschnitt der Bundesrepublik liegt. Sobald das Virus etwa in einem Seniorenheim auftaucht, steigen die Fallzahlen in der Regel sehr schnell. Auch könnte in Sachsen – ähnlich wie in Ostbayern – die Nähe zu Polen und zur Tschechischen Republik die Ausbreitung des Virus begünstigen, da beide Länder anders als im Frühjahr, als es dort kaum Infizierte gab, jetzt im Herbst viel stärker von der Pandemie betroffen sind. Damals hätten Polen und Tschechen Angst gehabt, dass die Deutschen das Virus zu ihnen tragen, sagte der Soziologe Raj Kollmorgen von der Hochschule Zittau/Görlitz der „Sächsischen Zeitung“. Diesmal sei die Lage „diametral anders“, da Polen und die Tschechische Republik zu den Hotspots in Europa zählten. Auch ist der Anteil der Grenz- und Berufspendler nach wie vor hoch. Anders als im Frühjahr sind die Grenzen diesmal auch nicht geschlossen, der sogenannte kleine Grenzverkehr ist allerdings verboten.

Darüber hinaus halten Mediziner auch mangelndes Bewusstsein für die Gefahr für einen Grund der diffusen Ausbreitung. Gerade weil es im Frühjahr in Sachsen und Thüringen nur wenige Infektionen gegeben habe, nähmen die Leute das Virus bisher nicht sonderlich ernst. Bisher kannte kaum jemand mit Corona Infizierte oder daran Erkrankte im Bekanntenkreis oder unter Verwandten. Folglich führen viele ihr Leben fort, treffen sich zu Geburtstagen und Familienfeiern – auch privat, seitdem Gaststätten geschlossen bleiben müssen. Gerade im Privatbereich aber, in geschlossenen Räumen mit vielen Personen, die sich zu diesen Anlässen auch laut und ausgelassen unterhalten, verbreitet sich das Virus besonders schnell. Der im Frühjahr noch vermeintliche Vorteil des ländlichen Raums – weniger Mobilität und höherer Altersdurchschnitt – habe sich nun in einen Nachteil verkehrt, sagte Kollmorgen. Wenn man sich sicher wähne und keine Vorkehrungen treffe, werde das jetzt zum Risiko.

In Hildburghausen wiederum soll der strikte Lockdown vorerst bis zum 13. Dezember gelten. Bereits von Montag an werde es jedoch Schnelltests für die rund 8000 Schulkinder und 1000 Lehrkräfte geben, um im Falle negativer Testergebnisse eher wieder in einen – zunächst eingeschränkten – Regelbetrieb zurückzukehren. Das Land hat dafür bereits 11000 Schnelltests bestellt, bei den Abstrichen soll auch die Bundeswehr helfen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte das eigenen Angaben zufolge mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vereinbart; sollte der Versuch glücken, könnte er zum Modell auch für andere Regionen mit hohen Infektionszahlen werden.

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