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#Dafür gibt’s ‘ne App – Opiatüberdosis bemerken – blooDNAcid

Dafür gibt’s ‘ne App – Opiatüberdosis bemerken – blooDNAcid

Meine Philippika über den Fluch der allgegenwärtigen Smartphones aber auch über die Chancen, die diese Geräte bieten, habe ich ja anderswo schon verbreitet. Heute will ich kurz von einer wirklich nützlichen Einsatzmöglichkeit von Smartphones berichten, die kürzlich in Science translational medicine beschrieben wurde [1].

Gerade zu Zeiten der enormen und sehr besorgniserregenden Opioidkrise in den USA mit über 70.000 Toten pro Jahr (also mehr als doppelt so viel wie dortzulande selbst durch Schußwaffen sterben!) ist jedes Mittel willkommen, das den Tod weiterer Menschen verhindern kann. Zum Beispiel der Einsatz von Mobiltelephonen, um eine Opiatüberdosis so frühzeitig zu bemerken, daß noch Hilfe geleistet werden kann: wenn rechtzeitig ein Antagonist wie Naloxon verabreicht oder aber HLW angewendet wird, können Betroffene mit hoher Wahrscheinlichkeit gerettet werden.

Ein großes Problem bei den Opiatüberdosen ist, daß die Opfer der Vergiftung häufig allein oder umgeben von Personen sind, die keine geeignete Hilfe leisten können. Forscher von der Uni Washington haben daher einen Weg gefunden, automatisch Hilfe für diese Opfer zu rufen und zwar unter Einsatz der allgegenwärtigen Smartphones. Sie haben eine App entwickelt, die sich der Lautsprecher und des Mikrophons des Geräts bedient und es in eine Art Sonarsystem verwandelt, das eine frequenz-modulierte, kontinuierliche Wellenform (FMCW) einsetzt. Das Gerät sendet kontinuierlich unhörbare akustische Signale linear von 18 auf 22 kHz steigender Frequenz aus (roter Pfeil in Abb. 1A), die dann von der Person, die überwacht wird, zurückgeworfen (blauer Pfeil in Abb. 1A) und vom Mikrofon des Geräts registriert werden. Die durch die Atmung verursachte Brustkorbbewegung der Person verändert die Laufzeit der Signale und die Periodizität der Laufzeitänderungen resultiert in sinusoidalen Wellen, deren Spitzenausschläge mit einem vollständigen Atmungszyklus korrespondieren (Abb. 1.C). Ein Algorithmus, der diese maximalen Amplituden erkennen kann, errechnet daraus dann die Respirationsfrequenz der Person (Abb. 1C) und würde eine Apnoe feststellen. In einem solchen Fall (ggf. auch schon vorher, wenn sie sich anzudrohen beginnt), könnte sofort und automatisch Hilfe gerufen werden:

Abb. 1.: A: Schematische Darstellung der Überwachungssituation B: Die Reflexionen erreichen das Gerät mit den Verzögerungen delta-ti bzw. delta-te während der Ein- bzw. Ausatmung; die Veränderungen werden in kennzeichnende Frequenzveränderungen umgerechnet (delta-fi, delta-fe) C: Die Frequenzveränderunge kann mittels “fast Fourier Transformation” (FFT) über 15 Signaltöne geschätzt werden, wobei der Abstand der Person zum Gerät berücksichtigt wird. Bewegungen in der Umgebung der Person, die aber in anderer Entfernung zum Gerät stattfindet, kann so herausgerechnet werden und stört die Messung nicht. – aus [1]

Um so eine tolle Idee allerdings testen und für einen echten Einsatz validieren zu können, benötigt man natütlich realistische Testumgebungen, aber ein Versuchsplan, der vorsieht, Probanden eine letale Opiatüberdosis zu verabreichen, wird von Ethikkomissionen im Allgemeinen nicht so gerne gesehen. Um ihr System dennoch unter kontrollierten Bedingungen testen zu können, gingen die Autoren daher damit an zwei verschiedene Orte, an denen regelmäßig Personen mit einer überdosisbezogenen respiratorischen Physiologie zu beobachten sind: in einer legalen und medizinisch überwachten Einrichtung, wo User sich ihre zuvor erworbenen, illegalen Drogen selbst injizieren können (SIF) und in einem OP während der routinemäßigen Einleitung einer Vollnarkose.

Ich kürze es ab: das System funktioniert (“proof-of-concept” ist erbracht): es kann helfen, den Zeitraum unmittelbar nach der Injektion zu überwachen, wenn das Gerät in 1 m Entfernung von der überwachten Person liegt. In diesem Zeitintervall treten am häufigsten tödliche Auswirkungen einer Überdosis auf und das ist auch der  Zeitraum, in dem ein Opfer am meisten von einer raschen Diagnose und hinzugerufener Hilfe profitieren kann. Ich hoffe, daß diese sehr coole Idee bald zum Einsatz kommt. Ich  habe selber schon einmal dem Opfer einer Opiatüberdosis geholfen, in erster Linie, indem ich einen Rettungswagen gerufen habe, aber daß ich dort vorbeikam, war nur Glück und gutes Timing. So eine App hingegen wäre stets verfügbar….

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