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#Das schwimmende Kernkraftwerk Akademik Lomonossow sticht in See. – Quo Vadis

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Das schwimmende Kernkraftwerk Akademik Lomonossow sticht in See. – Quo Vadis

Bzw. eigentlich wird sie mehr in See gestochen, denn der Ponton hat keinen eigenen Antrieb und wird von Schleppern bewegt. Elf Jahre hat’s gedauert, aber jetzt ist das erste Kraftwerk, das man als Small Modular Reactor (SMR) bezeichnen kann fertig: Die Akademik Lomonossow, benannt nach dem berühmten russischen Wissenschaftler, Universalgelehrten und Namenspaten der Moskauer Universität Michail Lomonossow. Wie viel es gekostet hat, lässt sich als Nichteingeweihter schwer sagen. die World Nuclear News sprechen von 232 Millionen US-$, aber auf verschiedenen Websites, z.B. hier von 2015/2016 ist von über 700 Millionen US-$ die Rede. Die 232 Millionen scheinen sich aus den ursprünglichen Plänen von 2006, die spezifische Installationskosten von ca. 4.000 US-$/kW vorsahen und der elektrischen Nettoleistung von 60 MWe zu ergeben. Die Zahl taucht spätestens 2008 zum ersten mal in einem Beitrag des WNN-Blogs auf. Die 700+ Millionen stehen angeblich so in russischen Dokumenten, die ich mangels Russischkenntnissen leider nicht lesen kann. Eingedenk der nicht eben erfreulichen Tendenz der Kernenergie, sehr viel teurer zu werden als zunächst gedacht und der immens langen Bauzeit für eine so kleine Anlage halte ich Kosten in der Größenordnung der höheren Zahl leider für nicht unplausibel. Mich würde nicht wundern, wenn das fertige Kernkraftwerk mit allen Hilfsanlagen die Summe von 1 Milliarde US-$ knackt.

Die Akademik Lomonossow (Quelle: Rosatom)

Die Akademik Lomonossow (Quelle: Rosatom)

Das Besondere an diesem Kraftwerk ist seine Bauweise: Zwei Kernreaktoren wie sie auch in den russischen Atomeisbrechern eingebaut sind, wurden auf einem Ponton installiert, um über das weitverzweigte russische Fluss- und Kanalsystem zu entlegenen Orten transportiert werden zu können. Das erscheint günstiger als an Ort und Stelle ein Kernkraftwerk mit der dazu notwendigen Infrastruktur zu bauen. Die Rationale ist verständlich, denn je weiter weg von der Zivilisation man etwas bauen möchte, desto mehr Aufwand muss man für Infrastrukturmaßnahmen treiben: Straßen bauen, die Elektrizitätsversorgung sicher stellen, Quartiere für die Arbeiter finden bzw. bauen, Material anliefern und so weiter. Daneben ist noch der Export im Fokus der Erbauer, insbesondere als kleine Einheiten zur Meerwasserentsalzung oder als kleine Kraftwerke für weit entlegene, aber über Flüsse erreichbare, Regionen in Südamerika und Afrika. Das SMR-Konzept, nach dem kleine Reaktormodule vormontiert und angeliefert werden, verspricht hier Vorteile.

 

Daten und Fakten

Für die technischen Daten beziehe ich mich auf ein 35-seitiges Übersichtsdokument der IAEA von 2013 zu den KLT-40S-Reaktoren, das ich wegen des offiziellen Charakters für plausibel halte. Es ist das Beste, was ich bisher dazu finden konnte.

Der Ponton selbst hat kein Antriebssystem, ist 144 m lang, 30 m breit und verdrängt 21.500 t Wasser. Er enthält die Reaktorabteilung und alle Einrichtungen zur Stromerzeugung und ist nach den geltenden russischen Regeln für Schiffe gebaut, verfügt also z.B. über wasserdichte Abteilungen. Die den Reaktor umgebende Struktur ist darauf ausgelegt, dem Absturz eines Ka-32S-Helikopters zu widerstehen – Abstürze schwerer Maschinen sollen durch organisatorische Maßnahmen vermieden werden. Kühlwasser, Administration, weitere Hilfsanlagen, etc. müssen an Land bereitgestellt werden. Dafür ist ein ca. 8.000 m² großes Gelände mit Bauwerken für die Wasserversorgung, Pier, Schaltanlage und so weiter notwendig. Diese Einrichtungen werden zurzeit am geplanten Standort im Hafen von Pewek im Norden Sibiriens gebaut, wo die Akademik Lomonossow ab 2019 die veralteten Kraftwerke Bilibino und Chaunskaya ersetzen soll. Zurzeit, Anfang Mai 2018, ist das Kraftwerk wohl auf dem Weg nach Murmansk, um dort mit den Brennelementen beschickt zu werden.

Die beiden Druckwasserreaktoren vom Typ KLT-40S werden zusammen eine thermische Leistung von 300 MWth und eine elektrische Leistung von 70 MWe erzeugen. Daraus ergibt sich ein Wirkungsgrad der elektrischen Energieerzeugung von 23,3 %. Das ist sehr niedrig. Typischerweise liegen Kernkraftwerke in der Größenordnung von 34 %. Über die Gründe könnte ich nur spekulieren. Außerdem geht von den 70 MWe noch der Eigenbedarf der Anlage ab. Die elektrische Nettoleistung wird mit 60 MWe angegeben. Außerdem kann die Anlage 73 Gcal/h bzw. nach Umrechnung in eine vernünftige Einheit, 85 MW Nahwärme bei einer maximalen Temperatur von 170 °C bereitstellen. Für die meisten Chemieanlagen dürfte das schon zu kalt sein, passt aber zur Versorgung eines Nahwärmenetzes für Wohnhäuser.

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