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#„Deutschland muss nach dieser Krise auf die Couch“

„Deutschland muss nach dieser Krise auf die Couch“

Eine halbe Stunde lang musste sich Michael Kretschmer am Freitagabend gedulden, bis er das erste Mal zu Wort kam. Das lag nicht daran, dass Sachsens Ministerpräsident angebrüllt wurde, wie es schon häufiger vorkam. Sondern dass zunächst vier Forumsgäste über das Internet ihre Sicht auf die Corona-Pandemie schilderten, unter ihnen ein Arzt, die Leiterin eines Pflegeheims, ein Impffachmann und der Oberbürgermeister von Zittau. In der Stadt in Deutschlands äußerstem Südosten hat sich ein kleiner, aber harter Kern sogenannter Corona-Leugner festgesetzt, von denen ein Teil schon seit Monaten stets an Wochenenden an der Bundesstraße 96 mit wehenden Fahnen – wahlweise des Kaiserreichs und dessen Marine oder von Phantasie-Universen und der AfD – herumsteht.

Stefan Locke

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Eine Art Abordnung aus zwei Dutzend dieser meist um die 100 Leute machte sich – selbstverständlich ohne Mund-Nasen-Schutz – vor drei Wochen zu Kretschmers Landhaus im Zittauer Gebirge auf und wollte ihn beim Schneeschippen zur Rede stellen. Kretschmer versuchte dem meist wirren Gerede mit Argumenten und Fakten zu begegnen, brach den ungebetenen Dialog jedoch nach 20 Minuten ab, als im Pulk der ungebetenen Zaungäste eine Reichskriegsflagge auftauchte.

Weil aber Kretschmer nun mal den Dialog zu seinem Markenzeichen erhoben und damit vor anderthalb Jahren auch eine schon beinahe abgeschriebene Landtagswahl für die CDU gewonnen hat, bot er nach dem Überfall an, über die Lage in vernünftiger Atmosphäre zu sprechen. Mit fast allen zu reden, sei nun mal seine Strategie, erklärte er und äußerte zugleich die Hoffnung, dass am Ende die Vernunft die Oberhand gewinne. „Es gibt immer Leute, die man nicht mehr erreichen kann“, sagte er am Freitag. Dennoch werde er jede Gelegenheit nutzen, um sein Handeln zu erklären.

Dieser Ansatz bringt ihm viel Kritik ein. Der Fraktionschef der Linken im Sächsischen Landtag warf Kretschmer vor, auch noch von dem Kakao zu trinken, durch den ihn die Corona-Leugner zögen, und auch Vertreter der Koalitionspartner Grüne und SPD schütteln verständnislos den Kopf. Es sei das falsche Signal, man müsse wohl nur laut genug schreien, damit der Ministerpräsident mit einem spreche, und überhaupt: Wann rede Kretschmer mal mit den von der Krise Betroffenen?

Letzteres tut der Regierungschef freilich so gut wie jeden Tag. Er ist in Kliniken, Seniorenheimen, Impfzentren. Er spricht mit Ärzten und Pflegern, trifft sich mit Einzelhändlern und Friseuren, konferiert mit Hoteliers und Gastronomen. „Eine Gesellschaft, die zum Mond fliegen und autonome Autos bauen kann, muss doch in so einer Pandemie die Nerven behalten“, erklärte Kretschmer am Freitag – wohl wissend, wie viele gerade dabei sind, die Nerven zu verlieren. Er wolle zum Verständnis beitragen, sagte aber auch, wo für ihn Schluss sei: Wenn verfassungsfeindliche Symbole gezeigt würden, wie „die unsägliche Reichskriegsflagge“, die zwar nicht verboten, aber eben „ganz klar ein Symbol in rechtsextremen Kreisen“ sei.

Im Online-Forum, das die sächsische Dependance der Konrad-Adenauer-Stiftung unter dem Motto „Fakten statt Fake News“ organisiert hatte, ging es dann auch deutlich gesitteter zu als nach der Vorgeschichte zu vermuten gewesen wäre, und das lag mutmaßlich auch an den Überbringern der Fakten von der Corona-Front.

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