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#Ein Denker der Verblüffung ohne Bluff

„Ein Denker der Verblüffung ohne Bluff“

Schon in seiner Schulzeit, sagt Franz Schuh, hätten ihm die Dichter die „Gegenwelt“ eines freien Lebens verheißen: „Geblieben ist mir der Hass auf die Macht, die sich nie wirklich legitimieren kann, weil sie ihre Legitimation immer stillschweigend, anonym voraussetzt, aber auch die romantische Hoffnung auf den Sieg der Literatur gegen die mächtigen Lemuren.“ So sei er Kritiker geworden. Dass Franz Schuh viel mehr geworden ist als bloß ein Kritiker, der unverdrossen an seinem Glauben an die „Widersetzlichkeit der Literatur“ festhält, nämlich ein eigensinniger Denker und brillanter Essayist, dazu ein Deklamator und Schauspieler eigener Fasson, hat sich herumgesprochen. 2006 erhielt Schuh den Preis der Leipziger Buchmesse, im Vorjahr den Johann-Heinrich-Merck-Preis der Darmstädter Akademie.

Nun ist zu seinem 75. Geburtstag ein „Lesebuch“ erschienen, in dem auf ebenso schlüssige wie reizvolle Weise Texte aus fünfzig Jahren versammelt oder besser: komponiert sind. Man kann sich mit seiner Hilfe ein Bild von diesem Autor machen, der sich den gewöhnlichen Kategorien des literarischen Betriebs entzieht: Er schreibt keine Belletristik und hat doch einiges zu erzählen; seine Rezensionen sprengen die Grenze kritischer Beschränktheit und zielen aufs große Ganze; für eine philosophische Abhandlung sind seine Studien zu persönlich, zu volatil und anekdotisch; Schuh schreibt auch keine Sachbücher, es sei denn, die Sache, um die es geht, sei der Mensch und seine gesellschaftliche Verfasstheit.

Er brachte die Zeit auf den Begriff

Die Abschnitte des Bandes tragen Überschriften wie „Körperliches“, „Glückliches“, „Sprachliches“, „Kritisches“, „Philosophisches“, „Politisches“ und „Persönliches“. Man kann sich hier, tatsächlich ohne Unterschied, mit hohen wie mit niedrigen Gegenständen verlustieren, mit Liebe und Tod, Hegel und Nietzsche, Peter Sloterdijk und Karl Heinz Bohrer, Lenau und Ernst Jandl: „Kein anderer kann den Zusammenhang von Eschatologie und Aporie so direkt und oft auch so blitzartig darstellen.“ Aber auch mit dem „Tatort“ und Kommissar Maigret, mit der Kitschindustrie, mit Dummheit und Instinkt des Schauspielers, mit den Niederungen österreichischer Politik und der heiteren Obszönität eines „Staatsaktes“, in dessen Rahmen eine Unterhaltungsfilmdarstellerin das „Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst“ erhält. Aphoristische Sätze und kurze Statements sind in der Sammlung ebenso vertreten wie Interviews und ausführliche Abhandlungen, alle Quellen und kursorische Erläuterungen finden sich im Anhang.

Franz Schuh: „Vom Guten, Wahren und Schlechten“. Ein Lesebuch.


Franz Schuh: „Vom Guten, Wahren und Schlechten“. Ein Lesebuch.
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Bild: Sonderzahl Verlag

Vielleicht geht es Schuh wirklich, wie sein Herausgeber Bernhard Kraller meint, um eine „große Historie“, um den „umfassenden Zeit- und Gesellschaftsroman“, freilich mit den Mitteln des Essays. Was Hegel von der Philosophie verlangt, nämlich ihre Zeit auf den Begriff zu bringen, leistet der Hegelianer Schuh auch als essayistischer Causeur auf der Suche nach dem Phänomen, der überindividuell wirksamen Erscheinung eines Wesentlichen. Weil Franz Schuh ein Stilist ist, der die Nachfolge des Karl Kraus ernst nimmt, lässt sich in einer Rezension nicht einmal annäherungsweise sagen, wovon dieses Buch handelt. Schließlich versucht sein Autor „eine Sprache zu finden, die von der journalistischen und von der akademischen gleich weit entfernt ist. Im Vergleich zum landesüblichen Impressionismus verwende ich aber eine Terminologie: Sie hat es hier nicht leicht, weil man in Österreich gleich alles für blöd hält, wenn es gescheit klingt.“

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