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#Ein Solidaritätsmechanismus als Schmiermittel für die Asylreform

„Ein Solidaritätsmechanismus als Schmiermittel für die Asylreform“

Am Freitagmittag meldete sich der französische Innenminister aus der Sitzung mit seinen EU-Kollegen, die er gerade leitete, um eine „historische Einigung“ zu verkünden. „Großer Fortschritt im Ministerrat beim Pakt für Asyl und Migration“, schrieb Gérard Darmanin auf Twitter. Es gebe eine „breite Mehrheit“ für zwei Verordnungen, die den Grenzschutz verbessern sollen, und für einen neuen „Solidaritätsmechanismus, um den Mitgliedstaaten zu helfen, die unter hohem Druck stehen“. In den nächsten Tagen würden die französische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission eine Sitzung einberufen, um die „Plattform der Solidarität“ in konkrete Taten zu übersetzen, kündigte er an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bestätigte die Einigung in Luxemburg und sprach von einem „großen Fortschritt“.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Im September 2020 hatte die Kommission ihren ehrgeizigen Plan für eine Reform des Asyl- und Migrationsrechts vorgelegt. Seitdem konnten sich die Mitgliedstaaten nur auf einen Schritt verständigen, über den es schon vorher Konsens gab: die Aufwertung des Unterstützungsbüros für Asylfragen, kurz EASO, zu einer echten Behörde mit mehr Geld, Mitarbeitern und Kompetenzen. Nun wäre der Weg frei für zwei weitere Schritte. Zum einen: die Eurodac-Verordnung, benannt nach jener Datei, in der Asylbewerber erfasst werden, wenn sie das erste Mal in das Unionsgebiet einreisen. Künftig sollen neben Fingerabdrücken auch biometrische Daten gespeichert werden. Vor allem soll es durch eine Vernetzung mit anderen Datenbanken möglich werden, Migrationsbewegungen zu erkennen. Das gilt als „technisches Dossier“, doch sträubten sich die Mittelmeeranrainer lange Zeit dagegen, einzelne Elemente aus dem Migrationspakt herauszulösen.

Wie viele Staaten werden sich beteiligen?

Das betrifft erst recht den anderen Schritt, über den es nun eine Verständigung geben soll, die sogenannte Screening-Verordnung. Die wiederum sieht ein Schnellverfahren an der Außengrenze vor, um zu ermitteln, wer Aussicht auf Schutz hat – und wer nicht. Die einen könnten schneller abgeschoben werden, die anderen umverteilt werden, wenn der Migrationsdruck auf ein Land besonders groß ist. Beides wäre im Sinne der Staaten an der südlichen Außengrenze, doch fürchteten sie, am Ende auf dem Gros der abgelehnten Bewerber sitzen zu bleiben. Bei dieser Sorge setzte Paris an, als es zu Jahresbeginn den Vorsitz im Ministerrat übernahm. Man müsse den Ländern beweisen, dass man es ernst meine mit der Lastenteilung, lautete die Devise. Dafür hat Frankreich Anfang der Woche einen „freiwilligen Solidaritätsmechanismus“ vorgeschlagen, der sich vor allem auf Migranten bezieht, die aus Seenot gerettet worden sind. Das Vorhaben ist auf sechs Seiten ausgearbeitet, und zwar in Form einer Erklärung, der sich willige Staaten anschließen sollen.

Demnach sollen die Teilnehmer nach einem festen Schlüssel Migranten übernehmen, die wirklich Schutz benötigen. Wer nicht zu dieser „Relocation“ bereit ist, soll entweder einem besonders belasteten Staat an der Außengrenze finanziell helfen oder Projekte in Drittstaaten unterstützen, die geeignet sind, den Flüchtlingsstrom nach Europa einzudämmen. Dafür ist ein Mindestbeitrag vorgesehen – auch um zu verhindern, dass sich viele Staaten für diesen Weg entscheiden und so die Kosten für jeden einzelnen senken. Der französische Vorschlag lässt auch die Unterstützung durch Personal und Ausstattung zu; dies sei wie ein finanzieller Beitrag zu werten, heißt es. Offen ist der Verrechnungsmodus.

Wie viele Staaten werden sich daran beteiligen? Die deutsche Ressortchefin Faeser sagte, die Solidaritätserklärung werde von den „meisten Mitgliedstaaten“ getragen, der „überwiegenden Mehrheit“. Nur zwei, drei Staaten hätten sich negativ geäußert; dazu gehörte Österreich. Bereit zur Aufnahme von Flüchtlingen seien „circa zwölf Staaten“, darunter auch Bulgarien und Rumänien. Frankreich müsse in den nächsten zehn Tagen die Details aushandeln, sagte Faeser und fügte hinzu: „Wer dann letztlich das dann unterzeichnet, kann ich Ihnen noch nicht sagen.“ Die Ampel-Koalition in Berlin hat sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine solche Koalition der Willigen stark gemacht. Der Vergleichsmaßstab ist ein Ad-hoc-Mechanismus für Bootsflüchtlinge, der im Herbst 2019 von ihrem Vorgänger Seehofer vereinbart worden war. Daran nahmen bis zu acht Staaten teil.

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