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#Ist in der Ukrainekrise auf Berlin Verlass?

Ist in der Ukrainekrise auf Berlin Verlass?

Man wollte Augen und Ohren nicht trauen. War das nicht vielleicht doch John Cleese, der englische Komiker, der „se Germans“ schon früher fabelhaft parodiert hatte? Oder persiflierte da ein Kiewer Videokünstler mit einer bissigen Montage die Haltung Deutschlands in der Ukrainekrise? Nein, es ist tatsächlich der Chef der Deutschen Marine gewesen, der in Indien in der Art eines Stammtischstrategen davon sprach, dass Putin Respekt verdiene und dass nicht das christliche Russland das Problem sei, sondern China.

Mit seinem Auftritt schadete der Inspekteur der Marine nicht nur seinem eigenen Ansehen. Das war auch der Verteidigungsministerin klar, die ihn umgehend in den Ruhestand versetzte. Der Vizeadmiral nährte mit seinen Ausführungen den bei den Verbündeten schon lange keimenden Verdacht, Deutschland sei ein unsicherer, mit Moskau sympathisierender Kantonist, der nicht willens sei, der aggressiven Politik des Kremls entschlossen entgegenzutreten.

Lautstarke Solidaritätserklärungen, kleinlaute Konsequenzen

Beschweren kann Deutschland sich über diesen Ruf nicht. Es verdankt ihn nicht allein Schröder und den Pipelines. Auch das Bild, das die deutsche Politik in der aktuellen Ukrainekrise abgibt, ist alles andere als rühmlich. An lautstarken Bekenntnissen zur Unverletzbarkeit der Grenzen in Europa und zur Solidarität mit der Ukraine lässt es die Regierung Scholz nicht fehlen. Doch wenn es darum geht, Konsequenzen aus diesen Beteuerungen zu ziehen, wird man in Berlin parteiübergreifend kleinlaut, zögerlich, unscharf.

Dabei ist Putins Konfrontationskurs nicht nur eine Bedrohung für die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Er legt Hand an die ganze europäische Friedensordnung und deren Prinzipien. Putin will sich einen Vorgarten schaffen, aus dem Demokratie und Rechtsstaat vertrieben worden sind. Das sind die Gefahren für sein Regime, die er fürchtet, nicht die paar Panzer der NATO im Baltikum.

Doch noch immer gibt es in der deutschen Politik, und beileibe nicht nur bei den Linken, das Narrativ, die Russen seien nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vom Westen betrogen und gedemütigt worden; sie wollten in Wirklichkeit, was auch der Vizeadmiral zu Putins Hauptmotiv erklärte, bloß die ihnen zustehende Anerkennung als Großmacht. Und Großmächte haben eben Einflussbereiche, da sollen die Ukrainer sich mal nicht so anstellen.

In Deutschland hat es russische Propaganda besonders leicht

In Deutschland hat es die Propaganda des Kremls besonders leicht. Tiefsitzende Gefühle der Schuld (Zweiter Weltkrieg) wie auch der Dankbarkeit (Wiedervereinigung) wirken auf die Debatte ein. Die Bundesregierung begründet ihre Entscheidung, der Ukraine keine Waffen zu liefern und sogar andere Staaten davon abzuhalten, auch mit der deutschen Vergangenheit. Zwar sollte man sich immer gut überlegen, wem man Waffen zu welchen Zwecken überlässt. Der Ukraine aber Mittel zur Abschreckung eines Aggressors und notfalls zur Verteidigung gegen ihn mit der Begründung zu verweigern, dass man das Land selbst einmal überfallen und verwüstet habe, ist nicht nur für Ukrainer schwer zu ertragen. Selbst die Grünen waren in der Frage, welche Lektionen aus der deutschen Geschichte zu ziehen seien, schon einmal weiter gewesen.

Doch alte Reflexe sind zäh, wie es auch Äußerungen aus anderen Parteien zeigen. Nicht allein die SPD klammert sich an die Mythen von Brandts Ostpolitik, obwohl man über den Erfolg von Konzepten wie „Wandel durch Handel“ lange streiten kann. Nicht bestreiten lässt sich jedoch, dass Putin keinen Wandel will, jedenfalls nicht im Sinne einer Demokratisierung und Liberalisierung Russlands.

Der Kostenvoranschlag ist nicht glaubwürdig

Wie aber hält man Putin davon ab, die Despotie nach Westen auszudehnen, wenn man anders als er nicht auf militärische Mittel zurückgreifen will? Der Westen hat sich für die Doppelstrategie von Zuckerbrot und Peitsche entschieden, Deutschland für eine besonders süße Version davon. Die Rede vom „hohen Preis“ hat Putin bisher aber nicht davon abgehalten, seine Invasionsarmee weiter zu verstärken. Insbesondere der Kostenvoranschlag aus Deutschland ist nicht besonders glaubwürdig. Wie sollen Sanktionsdrohungen den Kreml beeindrucken, wenn schon hierzulande an ihrer Wirksamkeit gezweifelt und betont wird, wie sehr man selbst unter ihnen litte? Das haben auch die Vorsitzenden von CSU und CDU getan. Eine solche Peitsche braucht Putin nicht zu fürchten.

Mourir pour Kiew? In Deutschland will man für die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine nicht einmal frieren. Ja, Sanktionen würden auch den Westen selbst treffen. Auch Prinzipienfestigkeit hat einen Preis. Der stiege freilich über kurz oder lang ins Unermessliche, wenn das freie Europa Putin in dem Glauben bestärkte, Demokratien seien schwach, zerstritten, naiv und konfliktscheu. Die deutsche Haltung in der Ukrainekrise kann ihn noch nicht dazu gebracht haben, daran zu zweifeln.

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