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#Jenseits der „Lindenstraße“

Jenseits der „Lindenstraße“

Was wäre, wenn die „Lindenstraße“ noch liefe? Wenn die wöchentlich ausgestrahlte Serie nicht von der ARD in ihrem fünfunddreißigsten Jahr beendet worden wäre? Über die Storyline müssten sich die Autoren keine großen Gedanken machen, schließlich gibt es seit einem Jahr nur ein beherrschendes Thema – die Corona-Pandemie. Als diese in Europa und Deutschland aufzog, hörte man sie in der „Lindenstraße“ als Andeutung auf eine Zukunft, die ohne Mutter Beimer und all die anderen Charaktere stattfinden würde: „In Bayern“, hieß es, würden viele neue Fälle der Virusinfektion gemeldet.

Michael Hanfeld

Michael Hanfeld

verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

Man darf darauf wetten, dass mindestens ein „Querdenker“ in der „Lindenstraße“ aufgetaucht wäre. Und Hana Geißendörfer, der Tochter des Serienerfinders, wäre garantiert noch mehr eingefallen, um das Erbe ihres Vaters fortzusetzen, der die „Lindenstraße“ am 8. Dezember 1985 ins erste Programm der ARD gebracht hatte. Sein Vorbild war die britische Serie „Coronation Street“, die beim Sender ITV noch immer läuft. Für die „Lindenstraße“ jedoch war nach 1758 Folgen am 29. März des vergangenen Jahres Schluss. Man werde sie vermissen, sagte Hans W. Geißendörfer, der die Absetzung schwer verwinden konnte, damals. Vielleicht hatte er recht.

Mit der „Lindenstraße“ war er seiner Zeit lange voraus. Sie wurde aktuell produziert, kommentierte das aktuelle Zeitgeschehen und bildete die Veränderungen der Gesellschaft ab. Was heute in scharfen Debatten verhandelt wird, das Ringen um Diversität, zog in der „Lindenstraße“ mit einer Figur nach der anderen ein.

Das entsprach dem Programm des Altachtundsechzigers Hans W. Geißendörfer, der 1971 zu den dreizehn Gründern des Filmverlags der Autoren gehörte. Geboren am 6. April 1941 als Sohn eines Militärpfarrers, der drei Monate nach seiner Geburt in Russland ums Leben kam, studierte Geißendörfer von 1962 bis 1967 in Erlangen, Marburg, Zürich und Wien Germanistik, Philosophie, Theaterwissenschaft, Psychologie und Politische Wissenschaften. Ein Examen legte er nicht ab.

Ein reiches Leben, schon vor der „Lindenstraße“

Stattdessen reiste er um die Welt und machte bald im Kino von sich reden. Er arbeitete als Assistent des amerikanischen Regisseurs George Moorse, der später ganze hundert Folgen der „Lindenstraße“ inszenieren sollte. Mit dem Film „Der Fall Lena Christ“ (1968) erinnerte Geißendörfer an die bayerische Schriftstellerin, die 1920 Suizid beging. Mit „Jonathan“ (1969) wechselte er versuchsweise ins Fach des Horrorfilms und erhielt dafür den Bundesfilmpreis. Aus Friedrich Schillers Drama „Don Karlos“ machte er in „Carlos“ (1971) einen Western. Er lieferte mit „Sternsteinhof“ (1976) einen modernen Heimatfilm ab und entwickelte eine Fernsehserie mit dem von Heinz Baumann gespielten Privatdetektiv „Lobster“ (1975), der ein Vorgriff auf „Schimanski“ und andere Antihelden des deutschen Krimifernsehens war.

Auf die herrschenden Konventionen des damals noch nicht durch die private Konkurrenz herausgeforderten öffentlich-rechtlichen Fernsehens pfiff Geißendörfer ganz grundsätzlich. Er adaptierte Ibsens „Wildente“ (1976). Aus dem in der Zeit des Ersten Weltkriegs spielenden Roman „Theodor Chindler“ von Bernard von Brentano machte er eine Serie in acht Teilen: Für seine Verfilmung von Patricia Highsmiths „Die gläserne Zelle“ (1977) erhielt Geißendörfer das Filmband in Gold und wurde für den Oscar nominiert. Seine Verfilmung von Thomas Manns „Der Zauberberg“ (1981) erntete gemischte Kritiken.

Hans W. Geißendörfer hatte als Autor und Regisseur also schon ein reiches Leben vor der „Lindenstraße“. Als Produzent mit eigener Firma wirkte er dann in all den Serien-Jahren weiter mit Filmen, die weniger im Rampenlicht standen, hinter deren Kulissen sozusagen. Die Bedeutung der „Endlos-Serie“, die vor ziemlich genau einem Jahr dann doch ihr Ende fand, nimmt Hans W. Geißendörfer niemand. Heute feiert er seinen achtzigsten Geburtstag.

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