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#Star am Steuer, Film ist teuer!

Star am Steuer, Film ist teuer!

Eine besonders dürftige, naive und phantasielose Idee davon, was eine Großproduktion für den internationalen Kinomarkt eigentlich ist, braucht und kann, bildet sich gern ein, es ginge bei solchen Erzeugnissen um große Gefühle und körperliche Auseinandersetzungen, die man, anders als im Theater, nicht auf eine enge Bühne setzt und mit Geräten am freien Fuchteln hindert, sondern in einen Riesenhaufen Statisterie hinein freistellt, bis es in der Hauptsache so aussieht, als wären Kamera und Studio und Crew gar nicht da: Das berühmte Schauspielpersonal soll maximal expressiv die Illusion uneingeschränkter Handlungs- und Ergriffenheitsfreiheit ausagieren, jeder Schlag das Publikum treffen, jeder Kuss die heißen Stirnen im Saal kühlen. Bahn frei für die Übergeschnappten!

Dietmar Dath

Wolfgang Petersen weiß es besser. Er hat Leute wie Jürgen Prochnow (in „Das Boot“ 1982), Dennis Quaid und Louis Gossett Jr. (in „Enemy Mine“ 1985) oder Harrison Ford (in „Air Force One“ 1997) nicht einfach machen lassen, was ihnen auf der Grundlage der vorgegebenen Dialoge so einfiel, sondern sie in beklemmende U-Boot-Röhren, zerknautschte Raumschiffwracks und rumpelnde Flugzeuge gesperrt, um sie dortselbst mit Geräteversagen, menschlicher Niedertracht und unverständlichen Sinnesreizen zu bewerfen, damit sie begreifen, dass er sie nur wieder rauslässt, wenn sie etwas abliefern, das die Leute unterhält.

Petersen macht seinen Ensembles gleichsam die objektive Situation am Drehort („Gigantischer Aufwand will uns zermalmen!“) bewusst und lässt sie dann nicht mehr aus dem Kamera-Auge, bis sie uns ihre Grenzen gezeigt haben, denn die sind nun mal, als Schnittstellen zwischen dem Künstlichen und dem Menschlichen, ihr Bestes. Man kann die inhumane Maschinerie, die ein Einzelwesen an den Rand der Geduld und jede Gruppe an den Rand der kannibalischen Schlägerei schiebt, auch durch Til Schweiger ersetzen, dann kriegt man etwas wie Petersens reizendes Spätwerk „Vier gegen die Bank“ (2016), worin Matthias Schweighöfer und Jan Josef Liefers gelegentlich wirken, als wären sie lieber unter Wasser an einen Torpedo gefesselt als in Krimikulissen an Herrn Schweiger.

Der Regisseur Wolfgang Petersen (rechts) und der Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim sitzen 1979 in dem original nachgebauten U-Boot für den Film „Das Boot“.


Der Regisseur Wolfgang Petersen (rechts) und der Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim sitzen 1979 in dem original nachgebauten U-Boot für den Film „Das Boot“.
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Bild: dpa

Wolfgang Petersens Vater war bei der Marine. Der filmnötige Sinn für das Problem, wilde Naturelemente mittels Technik in Schach halten zu sollen, mag daher ein Erbteil sein; genauso gut könnte der Sohn sich diesen Sinn aber auch bei ersten Filmversuchen mit der Super-8-Kamera in Hamburg während der frühen fünfziger Jahre erarbeitet haben. Das Regiehandwerk lernte er beim Kindertheater; wie man vorhandene dramaturgische Formate zugleich bedient und kreativ dehnt, erfuhr er beim Fernsehen, zum Beispiel 1977 als Regisseur der bemerkenswerten „Tatort“-Folge „Reifezeugnis“ mit Christian Quadflieg und Nastassja Kinski.

Völlig verrannt hat sich Petersen in seinem Regieleben wohl nur einmal, nämlich bei der konfusen Karambolage „Troja“ (2004), und selbst die ist, mit etwas Abstand betrachtet, auch nicht doofer als Oliver Stones „Alexander“ aus demselben Jahr oder Ridley Scotts „Exodus: Gods and Kings“ (2014). Vielleicht sollten die drei an ihren jeweiligen altertümelnd epischen Exzessen gescheiterten Herren zusammen Thomas Manns „Joseph und seine Brüder“ verfilmen; das wäre dann wenigstens ein krachender Untergang des Kinos anstelle des flauen Ablebens, dem beizuwohnen uns die Umstände derzeit nötigen.

Materialschlachten, Mythenmassaker: Film, heißt es immer mal wieder, sei Krieg. Wolfgang Petersen, keine outrierte Natur, gewinnt seine Schlachten öfter als aufgeregtere Leute in der Branche. An diesem Sonntag wird er achtzig Jahre alt.

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