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#Übergangsregierung für Libyen gewählt

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Übergangsregierung für Libyen gewählt

Es ist die zweite angenehme Überraschung für die Libyen-Diplomatie binnen kurzer Zeit. Am vergangenen Wochenende hatten sich die Delegierten des sogenannten Dialogforums unter UN-Vermittlung auf ein Kandidatenfeld für die angestrebte Übergangsregierung geeinigt. Diplomaten hatten danach von einem „Endspiel“ gesprochen und die Chancen auf eine erfolgreiche Wahl des Personals mit „etwa fünfzig zu fünfzig“ eingeschätzt.

Christoph Ehrhardt

Jetzt ist auch das gelungen. Regierungschef der neuen Führung, die Libyen zu den für Dezember angesetzten Wahlen führen und einen Ausweg aus Konflikt und Chaos führen soll, ist der Geschäftsmann Abdul Hamid Dbaiba aus dem Westen des Landes. Chef des Präsidialrates ist Muhammad Minfi aus dem Osten, ein ehemaliger Diplomat. Den Süden vertritt Musa al Kuni, der als schwach, aber ehrlich beschrieben wird. Das dritte Mitglied ist der relativ unbekannte Abdulla Hussein al Lafi.

Gute Kontakte ins Ausland

Dass sich die Dbaiba-Minfi Liste gegen die Schwergewichte der Liste von Fathi Bashaga, dem Innenminister der Regierung der Nationalen Übereinkunft in Tripolis, durchgesetzt hat, könnte von manchen Diplomaten als unangenehmer Teil der angenehmen Überraschung empfunden werden. Bashaga hatte gute Kontakte ins Ausland, wurde dort als durchsetzungsstark geschätzt und hatte sich daran gemacht, die Milizen einzuhegen. Er stammt aus der mächtigen Küstenstadt Misrata, aus der kampfstarke Milizen kommen.

Aguila Saleh, der Chef des Parlaments der Führung im Osten, stand ebenfalls auf dieser Liste. Er ist zwar nicht gerade beliebt, im Osten Libyens aber ein einflussreicher Akteur. Beide Männer sind umstritten und werden als Teil einer korrupten politischen Klasse angesehen, derer viele in der Bevölkerung überdrüssig sind. Sie hätten aber im besten Fall ihren Einfluss nutzen können, um einen Deal zwischen dem Westen, vor allem Misrata, und dem Osten, vor allem Benghasi, auszuhandeln.            

Ein solches Arrangement dürfte unumgänglich sein, denn im Zentrum des komplizierten Libyen-Konflikts stehen Verteilungskämpfe um die Ressourcen des ölreichen Staates. Die mächtigen Milizen und politische Führer aus den verschiedenen Machtzentren konkurrieren um den Zugriff auf die Institutionen. Schon die Übereinkunftsregierung in Tripolis, die jetzt abtreten muss, war eine schwache Kompromissregierung, die sich auf ein Kartell von Milizen stützen musste. Die Reichweite der neuen Übergangsregierung, sollte sie überhaupt ihre Arbeit aufnehmen, werde wahrscheinlich „sehr begrenzt“ sein, schrieb Wolfram Lacher von der Stiftung Wissenschaft und Politik auf Twitter.

Sie ist schon mit ihrem Antritt umstritten. Mohamed Eljarh, ein Beobachter und Politikberater aus dem Osten Libyens hatte mit Blick auf Dbaibas Liste von „Kleptokraten“ gesprochen und sieht schon einen neuen Krieg aufziehen. Er hatte außerdem öffentlich gemacht, Mitglieder des Dialogforums hätten ihm gegenüber erklärt, Bestechungsgelder von Dbaiba angeboten bekommen zu haben.

Stephanie Williams leitet die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen.


Stephanie Williams leitet die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen.
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Bild: dpa

Dieser hatte die Vorwürfe des Stimmenkaufs bestritten. Der neue Regierungschef kommt aus einer Familie mit so reichen wie berüchtigten Mitgliedern. Ali Ibrahim Dbaiba wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Funktionär des Gaddafi-Regimes Milliarden von Dollar durch Unterschlagung öffentlicher Gelder, Geldwäsche, Machtmissbrauch und Korruption in seinen Besitz gebracht zu haben.

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Es ist noch ungewiss, ob die etwaige neue Übergangsführung von allen Lagern – und ausländischen Kriegstreibern – akzeptiert wird und ob die Verlierer ihr Versprechen halten, das Ergebnis hinzunehmen. Die Blicke richten sich nicht zuletzt auf den ostlibysche Militärführer Chalifa Haftar, der im April 2019 unter dem Banner der dortigen Gegenregierung die Hauptstadt Tripolis angegriffen hatte.

Haftar erlitt in seinem Feldzug eine Niederlage, in erster Linie weil die Türkei auf der Seite seiner Gegner massiv in den Konflikt eingriff. Der Warlord aus dem Osten wird vor allem von Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt, die zuletzt wieder Waffen nach Libyen geflogen haben. Eine libysche Frist, nach der bis zum 23. Januar Zehntausende ausländische Söldner und Militärs aus Libyen abziehen sollten, war verstrichen. Der im Oktober geschlossene Waffenstillstand hat allerdings gehalten.

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