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#„Unsere größten Befürchtungen haben sich bestätigt“

„Unsere größten Befürchtungen haben sich bestätigt“

Es war die größte Massenveranstaltung seit dem weitgehenden Ende der Corona-Pandemie in Israel, ein Feiertag, zu dem gewissermaßen auch das Ende einer anderen Seuche gefeiert wird, die vor zweitausend Jahren wütete. Hunderttausend überwiegend Ultraorthodoxe hatten sich am Donnerstag zum Freudenfest Lag Ba-Omer im nordisraelischen Meron versammelt, um am Grab des Rabbiners Schimon Bar Jochai zu feiern, der sich im zweiten Jahrhundert am Bar-Kochba-Aufstand gegen die Römer beteiligt hatte. Am Tag von Lag Ba-Omer soll der Tradition nach eine Seuche geendet haben, mit der vielleicht die römischen Besatzung selbst gemeint war oder tatsächlich eine Epidemie.

Aus dem Freudenfest wurde gegen ein Uhr in der Nacht zum Freitag eine der schlimmsten zivilen Katastrophen in der Geschichte Israels. Mindestens 44 Menschen starben und 150 weitere wurden verletzt, als an einer überfüllten engen Passage in der Nähe vom Grab des Rabbiners Bar Jochai Menschen offenbar auf einem Treppenweg ausrutschten, weitere mitrissen und viele von den nachfolgenden Menschenmassen und in der ausbrechenden Panik zerdrückt wurden. Auch Kinder waren unter den Opfern.

Vier oder fünf Mal mehr Menschen als an der Stelle vertretbar

Am Tag danach war die Unglücksstelle übersät von Plastikflaschen und Masken, zum Teil auch zerbeulte schwarze Hüten und zerbrochene Brillen auf dem Boden. Ein herausgebrochenes Metallgitter zeugt von der Wucht der Menschenmenge, die zum Zeitpunkt des Unglücks aufeinander gedrückt haben muss. Weitere Bilder zeigen eine metallene Rampe auf einer Seite der Treppe, auf der viele Menschen offenbar den Halt verloren.

Gesundheitsvertreter äußerten, dass sich an der betreffenden Stelle vier oder fünf Mal mehr Menschen befunden hätten als eigentlich vertretbar sei. Rettungskräfte hatten Schwierigkeiten, sich durch die Menschenmassen einen Weg zu den Opfern zu bahnen. Der für den Norden Israels und für die Sicherheit der Veranstaltung verantwortliche Polizeichef Schimon Lavi übernahm die Verantwortung für die Katastrophe. Die Behörden kündigten eine Untersuchung an.

Am Ort des Unglücks: Ein Sicherheitsbeamter trägt Taschen mit persönlichen Gegenständen an der jüdisch-orthodoxen Pilgerstätte auf dem Berg Meron.


Am Ort des Unglücks: Ein Sicherheitsbeamter trägt Taschen mit persönlichen Gegenständen an der jüdisch-orthodoxen Pilgerstätte auf dem Berg Meron.
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Bild: dpa

Am Tag nach der Katastrophe mehren sich allerdings Stimmen, die davor warnen, allein der Polizei der Schuld zu geben. Schließlich überlässt es der israelische Staat der Ultraorthodoxie, sich weitgehend selbst zu organisieren. Dieses Problem wird umso dringlicher, als dieser Bevölkerungsteil in Israel am schnellsten wächst.

Meiste Opfer als ultraorthodoxer Sekte Toldos Aharon

In diesem Fall betrifft das Problem der Verantwortlichkeit offenbar auch die Planungen im Bergdorf Meron, das jedes Jahr aufs neue zu Lag Ba-Omer völlig überlastet wird. Der frühere Vorsitzende des Regionalrats in Galiläa, Schlomo Levi, sagte im Radio, dass er aus Sicherheitsgründen schon 2008 die Behörden gebeten habe, die Anlage um das Grab des Rabbiners Bar Jochai zu schließen, Regierungsvertreter in Jerusalem ihn daran aber gehindert hätten und dass auch die Polizei seinen Anweisungen nicht folgen wollte. „Das Festival bringt viel Geld, und politische und religiöse Interessen spielen auch eine Rolle“, sagte Levi. Der damalige Sicherheitsminister habe zu große Angst gehabt, das Thema anzufassen.

Besonders von der Katastrophe betroffen war nun die zurückgezogen in Jerusalem lebende ultraorthodoxe Sekte Toldos Aharon, aus der die meisten Opfer zu beklagen sind. In dem von ihr genutzten Abschnitt vor dem heiligen Grab in Meron hatte die Katastrophe ihren Lauf genommen. „Wir haben schon früher vor der Überfüllung an dieser Stelle gewarnt und unsere größten Befürchtungen haben sich bestätigt“, sagte ein Rabbiner einer anderen Sekte dem Portal ynet. Er fügte hinzu, er habe deshalb den Abschnitt der Toldos Aharon gemieden.

In Israel gelten trotz einer Impfquote von sechzig Prozent zudem auch weiterhin noch Corona-Regeln, die etwa Teilnehmerzahlen bei Versammlungen unter freiem Himmel beschränken. Hätte man sich an die Regeln gehalten, hätte die Katastrophe verhindert werden können, sagte die Abteilungsleiterin für öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium im Radio. Sie hatte schon vor der Veranstaltung vor Covid-Ansteckungen gewarnt. Doch sei es nicht möglich gewesen zu klären, wer die Bestimmung durchsetze.

Am Freitag besuchte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Unglücksstelle. Er erklärte den kommenden Sonntag zu einem nationalen Tag der Trauer und sagte, die Rettungskräfte hätten eine noch viel größere Katastrophe verhindert. Mit ihm am Unglücksort war der für die Polizei verantwortliche Sicherheitsminister Amir Ohana, der schon vor der Katastrophe am Donnerstagabend am Ort war, um sich die Vorbereitungen des Fests anzuschauen. Ohana kündigte eine unabhängige Untersuchung an.

Laut einem Fernsehbericht waren neunzigtausend Feiernde zum Zeitpunkt der Katastrophe anwesend. Das waren eigentlich weniger Menschen als üblicherweise in den Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie nach Meron gekommen sind. Gleichwohl waren die Feierlichkeiten in diesem Jahr offenbar auf einen Tag verkürzt worden, weil der folgende Tag jetzt auf den Schabbat fiel. Der sefardische Oberrabiner von Israel Yitzhak Josef äußerte in einer Erklärung, heute sei der Tag für Gebete und nicht die Zeit, um auf Schuldige zu zeigen. 

Doch wird sich in Israel wohl grundsätzlich etwas ändern müssen, um derartige Unglücke in der Zukunft zu vermeiden.

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