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#Wie Rechenzentren zu Heizkraftwerken werden

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Wie Rechenzentren zu Heizkraftwerken werden

Noch sind es Gedankenspiele, doch in einigen Jahren könnten die vielen Frankfurter Rechenzentren einen spürbaren Beitrag zur Wärmeversorgung der Stadt leisten. Constantin Alsheimer, der Vorstandsvorsitzende der Mainova AG, kündigte am Donnerstag an, dass das Fernwärmenetz des Energieversorgers in den nächsten Jahren so ausgebaut werde, dass Rechenzentren die Abwärme aus ihren Kühlgeräten darin einspeisen können. Schon in den nächsten Jahren werde beispielsweise eine neue Leitung entlang der Hanauer Landstraße verlegt, wo es eine große Anzahl von Rechenzentren gibt, die ihre warme Abluft bislang in die Umwelt abgeben.

Ob die Betreiber sie in Zukunft ins städtische Versorgungsnetz einspeisen, wird sehr vom Gelingen des ersten Vorhabens dieser Art im Frankfurter Gallus abhängen. Dort entsteht gerade ein neues Wohnviertel namens Westville. Dort soll der Wärmekreislauf in gut zwei Jahren geschlossen sein: Der Projektentwickler Instone Real Estate baut auf dem ehemaligen Telenorma-Areal 1300 Wohnungen, und der benachbarte Rechenzentrumsbetreiber Telehouse liefert den energiereichen Rohstoff, um diese mit warmem Wasser und Heizwärme zu versorgen. Um die technische Umsetzung kümmert sich die Mainova. Das klingt einfach, ist aber technisches Neuland– und das bislang größte Vorhaben dieser Art in ganz Deutschland.

Zielmarke 60 Prozent

Dessen größte Schwierigkeit liegt darin, dass das Telehouse-Rechenzentrum zwar viel Abwärme in Form von erwärmtem Kühlwasser anzubieten hat, doch dieses ist eben nur warm, nicht heiß. Um die 30 Grad Celsius werden über die etwa 500 Meter lange Leitung vom Rechenzentrum zur Technikzentrale im Wohngebiet geliefert, 70 Grad werden gebraucht. Diese Differenz, so erklärt es Projektleiter Kolja Franssen, werde in zwei Wärmepumpen ausgeglichen, sprich, das Wasser wird darin erwärmt, wobei allerdings auch Strom verbraucht wird. Die erste bringt es auf 60 Grad, die zweite dann auf 70. Im Vergleich zu einem Kreislauf, der mit kaltem Wasser funktioniert, werde dabei aber etwa 80Prozent weniger Energie verbraucht, sagt Franssen.

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Bislang gehen die Beteiligten davon aus, dass 60 Prozent der Wärmeversorgung aus der Telehouse-Energie gespeist werden. Der Rest kommt aus dem Fernwärmenetz der Mainova, auf dieses wird auch an besonders kalten Tagen oder in Notfällen umgeschaltet, wenn Telehouse vorübergehend nicht liefern kann. Auf diese Weise sollen in der Siedlung mit rund 3000 Bewohnern, drei Kindergärten, Restaurants und einem Supermarkt 400Tonnen Kohlendioxid im Jahr eingespart werden.

Sparen können wohl die künftigen Bewohner auch direkt. Da Telehouse seine Energie verschenkt, könne man die Fernwärme günstiger anbieten als anderswo in der Stadt, kündigte Ralf Werner an, bei Instone zuständig für das Rhein-Main-Gebiet. Der Vertrag mit dem Rechenzentrumsbetreiber läuft über 15 Jahre. In diesem Zeitraum, so hoffen die Beteiligten, sollte ihr Beispiel Schule gemacht haben. Für die Energiewende brauche es Technologieoffenheit, sagte Mainova-Chef Alsheimer. Im Falle Frankfurts sei Fernwärme grundsätzlich eine sehr zukunftsträchtige Technologie– wenn sie aus mehr Quellen als nur den Kraftwerken gespeist wird. Dafür werde das Netz so umgebaut, dass auch Wärme mit niedrigeren Temperaturen eingespeist werden könnte, sodass weniger Energie in den Kraftwerken eingesetzt werden müsste.

Die Rechenzentren bieten sich als Lieferanten an. Mehr als 60 gibt es bereits in Frankfurt, weitere entstehen. Erst vor einem Vierteljahr hatte die aus Wissenschaftlern, Unternehmen und Kommunen bestehende Initiative namens DC-Heat vorgerechnet, dass zumindest auf dem Papier von 2030 an alle Büro- und Wohngebäude in der Stadt ausschließlich mit der Abwärme der Rechenzentren geheizt werden könnten. Schon mit dem ersten Projekt im Gallus werde „Frankfurt als weltweit größter Internetknotenpunkt und Datencenter-Hotspot zum Schrittmacher auf dem Weg zum klimaneutralen Rechenzentrum“, lobte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).

So könnten auch die Wärmeleitungen aussehen: Telehouse will Wärme abgeben.


So könnten auch die Wärmeleitungen aussehen: Telehouse will Wärme abgeben.
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Bild: Helmut Fricke

Die Idee dazu geht auf Béla Waldhauser zurück, den Geschäftsführer der zu einem japanischen Konzern gehörenden Telehouse Deutschland GmbH. Ursprünglich hätten er und Instone-Chef Werner sich getroffen, um über die Schwierigkeiten zu sprechen, die sich aus der Nachbarschaft von Rechenzentrum und Wohngebiet ergeben könnten. Am Ende sei der Plan für diese Kooperation herausgekommen, von der sich auch Stadt und Mainova schnell hätten überzeugen lassen. „Ich bin mit meiner Idee offene Türen eingerannt“, sagte Waldhauser.

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