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#Zum Tod von Mário Zagallo: Eine Klasse für sich

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Mário Zagallo gehörte als Spieler, Trainer und Vordenker zu den Größten in Brasiliens Fußball. An vier Weltmeister-Titeln war er beteiligt. Nun ist er im Alter von 92 Jahren gestorben.

Er sei besorgt um die Zukunft des brasilianischen Fußballs, sagte Mário Jorge Lobo Zagallo nach dem 1:7-Debakel gegen Deutschland bei der Heim-WM 2014. Die Migration der brasilianischen Spieler verändere die Seele des brasilianischen Spiels. Weil jedes Jahr hunderte Profis in alle Ligen der Welt wechseln, der Großteil bereits im Alter zwischen 17 bis 20 Jahren, verhindere dies, dass die Spieler eine brasilianische Fußball-Identität entwickelten. Stattdessen würden sie zu „Europäern“ erzogen.

Aussagen wie diese waren typisch für Mário Zagallo. Der in Rio de Janeiro geborene Doppel-Weltmeister von 1958 und 1962 schaute stets über den Tellerrand eines kurzfristigen und auf den schnellen Euro bedachten Geschäfts hinaus. Wenn Zagallo sprach, hörten die Menschen zu, weil er nicht wie heutige TV-Experten mit Blick auf bewusst inszenierte Eklats Provokationen am Laufband verbreitete, sondern sich den tatsächlichen Ursachen von Entwicklungen widmete. Zagallo war als Spieler, Trainer und Analyst eine Klasse für sich.

Das ist einmalig im Weltfußball

Mário Zagallo starb am Freitag im Alter von 92 Jahren. Und irgendwie ist es eine schlechte Pointe der Geschichte, dass ausgerechnet an seinem Todestag der brasilianische Fußball-Verband praktisch führungslos dasteht. Laut brasilianischen Medienberichten hat sich der CBF von Trainer Fernando Diniz getrennt. Ausgerechnet jenem Trainer, der versuchte, die brasilianische DNA auch in der Selecao wieder zu stärken.

Mit dem Klub gelang dies: Fluminense gewann mit Diniz erstmals in der Vereinsgeschichte die Copa Libertadores, die „südamerikanische Champions League“. Mit der Selecao, gespickt mit Spielern, die „europäisiert“ sind, wie Zagallo wohl sagen würde, stieß Diniz an seine Grenzen. Obendrein wird der Verband von einem juristischen Streit um den abgesetzten und dann wieder eingesetzten Präsidenten Ednaldo Rodrigues erschüttert. Der Ausgang dieser Personalie ist offen.

Der aktuelle brasilianische Fußball hat mit dem zu Zagallos Zeiten wenig gemein. Seit 20 Jahren hat die Selecao nur noch einmal ein WM-Halbfinale erreicht – und das ging 2014 in Belo Horizonte krachend verloren. Als Spieler genügten ihm 33 Länderspiele, um zweimal Weltmeister zu werden, als Nationaltrainer wurde er 1970 Weltmeister in Mexiko und 1998 WM-Zweiter in Frankreich. Von 154 Spielen, die eine Selecao unter Zagallo absolvierte, verlor sie nur elf. 1994 trug er als eine Art Technischer Direktor dazu bei, dass Brasilien in den USA Weltmeister wurde. An vier der fünf Titel des Rekordweltmeisters war Zagallo also direkt beteiligt. Das ist einmalig im Weltfußball.

Der Mann mit dem markanten Lächeln spielte in seiner aktiven Laufbahn für nur drei verschiedene Klubs: America, Flamengo und Botafogo, allesamt aus Rio de Janeiro. Als Trainer führte er Legenden wie Péle oder Ronaldo zu WM-Titeln. Sein Leben war eine Reise durch die sich atemberaubend schnell verändernde Fußballwelt, in der es in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts nur eine Konstante in Brasilien gab: Mário Zagallo. Nachdem er sich in den fußballerischen Ruhestand verabschiedet hatte, begann der Niedergang des brasilianischen Fußballs. Ausgeplündert und zerfleddert von Spielerberatern, die dieses unerschöpfliche Talentreservoir ausplündern wie illegale Goldsucher den Amazonas.

Als Spieler bekam Zagallo einen Monat vor der Weltmeisterschaft 1958 die Chance, gegen Paraguay im Maracanã aufzulaufen. Allerdings nur, weil zwei andere Spieler krank ausfielen: „Ich bekam diese großartige Gelegenheit. Ich wurde einberufen, habe zweimal getroffen und wir haben 5:1 gewonnen. Das war mein Glück.“ Wer weiß, wie Karriere von Zagallo und der Fußballnation Brasilien ohne die Zahnbeschwerden der erkrankten Nationalspieler Pepe und Canhoteiro verlaufen wäre.

Carlos Alberto, Weltmeister von 1970 und 2016 verstorben, sagte einmal, Zagallo habe den Fußball in eine moderne Zeit geführt: „Er hat es geschafft, dass die Mannschaft als Block spielt. Wenn wir in den Angriff gingen, ging die Verteidigung mit dem Mittelfeld, und das Mittelfeld ging mit dem Angriff. Wenn der Gegner in Ballbesitz war, war es dasselbe: Angriff-Mittelfeld, Mittelfeld-Verteidigung.“

Unter dem Trainer Zagallo wurde Fußball „made in Brazil“ zu einer unverwechselbaren Marke, zum „jogo bonito“, dem schönen Spiel. Der Aufstieg zum Weltmaßstab vollzog sich zu jener Zeit, als das Farbfernsehen einen epochalen Siegeszug begann und alle Welt an der brasilianischen Spielweise teilhaben konnte. Die in jeder Hinsicht bunte Selecao und ihr begeisterndes Spiel bei der WM 1970 in Mexiko war ein Meilenstein der Fußballgeschichte, erschaffen vom Strategen Zagallo. Wenn Péle die Seele des brasilianischen Spiels war, Sócrates während der Militärdiktatur das Gewissen, dann war Zagallo das Hirn dieser großartigen Fußballnation. Brasiliens Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva hatte bereits am Freitag eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

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