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#Grundversorger müssen für Billiganbieter in die Bresche springen

Grundversorger müssen für Billiganbieter in die Bresche springen

Erst Grünwelt, dann Gas.de, am Montag Neckermann Strom, am Dienstag Stromio – die Liste der bundesweit tätigen Billiganbieter von Strom und Gas, die ihre Kunden trotz vereinbarter Verträge nicht mehr beliefern können und teilweise auch insolvent sind, wird kurz vor Weihnachten immer länger. Grund sind die explodierenden Preise für Gas und Strom an den Handelsmärkten. Sie treffen besonders kleine Anbieter, die kurzfristig Gas und Strom einkaufen. Die Kalkulation ihrer Schnäppchenpreise geht nicht mehr auf.

Betroffen sind auch Tausende Kunden in der Rhein-Main-Region. Doch kein Haushalt muss deswegen frieren oder unter dem Weihnachtsbaum im Dunkeln sitzen, denn nahtlos übernimmt der jeweilige örtliche Grundversorger die Belieferung. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Allein wegen des Lieferstopps von Stromio hat der Frankfurter Energieversorger Süwag auf einen Schlag 20.000 neue Kunden in Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern bekommen. Der Darmstädter Energieversorger Entega übernimmt 15.000 ehemalige Stromio-Kunden in der sogenannten Ersatzversorgung, zusätzlich zu den 6000 Strom- und Gaskunden, die durch die jüngsten Insolvenzen bereits unter das kommunale Versorgernetz geschlüpft sind. Die Frankfurter Mainova beziffert den Stromio-Kunden-Neuzugang mit 7600, zusätzlich zu den 3500 Gaskunden, die bereits neu in der Ersatzversorgung sind.

Grundversorger besetzen die vorderen Plätze

Diese unerwartete Flut an Neukunden sorgt bei den kommunalen Energieunternehmen für großen Unmut. Wegen ihrer vorsichtigeren, langfristigen Einkaufspolitik stehen sie zurzeit wirtschaftlich deutlich besser da als die Billigkonkurrenz. Während diese mit ihren niedrigen Kurzfristpreisen auf Vergleichsportalen üblicherweise das Rennen macht, ist es nun sogar umgekehrt. Die Grundversorger besetzen die vorderen Plätze.

„Unsere vorausschauende und seriöse Einkaufspolitik bei Strom und Gas macht es möglich, auf Insolvenzen der Mitbewerber flexibel zu reagieren und allen Kunden verlässliche und dauerhaft günstige Preise anzubieten“, sagt Marie-Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende der Darmstädter Entega AG. „Bei uns gibt es keine kurzfristigen Dumping-Angebote oder Prämien-Lockfallen.“ Die Frankfurter Mainova hebt hervor: „Unser seriöses Handeln ermöglicht es uns, auf Insolvenzen von Marktbegleitern flexibel zu reagieren.“

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Nun müssen die Energieversorger fürchten, wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen zu werden, weil womöglich die Reserve aus dem Termingeschäft nicht reicht, sie Strom und Gas jetzt ebenfalls kurzfristig am Tagesmarkt zu erhöhten Preisen einkaufen müssen.

Ohnehin hatten die Unternehmen vor kurzem, wie berichtet, Preiserhöhungen bei Gas von 10,3 Prozent (Mainova), 16 bis 18 Prozent (Entega) und 19 Prozent (Süwag) in der Grundversorgung angekündigt. Die Unternehmen begründen die Erhöhung unter anderem mit dem Anstieg der Großhandelspreise und den stark gestiegenen Beschaffungskosten.

Verbraucherschützer schlagen aktuell jedoch wegen anderer möglicher Preiserhöhungen Alarm. Obwohl nicht klar ist, ob dies rechtlich zulässig ist, sind erste Grundversorger wohl dabei, von Neukunden in der Ersatzversorgung höhere Preise zu verlangen und damit in ihrer Tarifpolitik zwischen Neu- und Bestandskunden zu differenzieren. Anfang der Woche hatte En­tega noch versichert, dies nicht vorzuhaben. Nun, da feststeht, dass 15 000 Stromio-Kunden mitversorgt werden müssen, sagt ein Sprecher: „Die Aussage können wir nicht mehr halten. Wir sind gezwungen, mit neuen Tarifen zu kalkulieren.“ Bei der Mainova heißt es, man betrachte „verschiedene mögliche Szenarien“. Eine Sprecherin der Süwag verweist auf die gesetzlichen Vorschrift zur Preisgleichheit in der Grundversorgung.

Für Verbraucherschützer wie Fabian Fehrenbach, Referent für Energierecht bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, „konterkariert solches Vorgehen deutlich den Sinn und Zweck der Grundversorgung. Nach unserer Auffassung ist das nicht zulässig“, sagt der Referent. Die Grundversorgung zähle zur Daseinsfürsorge und unterliege bestimmten rechtsstaatlichen Prinzipien. „Man kann nicht Kunden, die Preise vergleichen und Sonderverträge zu günstigen Konditionen abschließen, dafür bestrafen, dass sie an ein Unternehmen geraten, das am Markt unlauter agiert“, sagt Fehrenbach. Wenn schon Preiserhöhung, dann für alle „in zulässigem, transparentem und sozialverträglichem Umfang“.

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