Wissenschaft

#Herausforderungen der Wissenschaftskommunikation – Teil ad infinitum – Hinterm Mond gleich links

Herausforderungen der Wissenschaftskommunikation – Teil ad infinitum – Hinterm Mond gleich links

Zu den Herausforderungen in der Wissenschaftskommunikation zählt nicht Unwissenheit, sondern falsche oder verzerrte Vorstellungen über die Wissenschaft.

Letztens hatte ich folgendes Beispiel: “Ich bin verwirrt, wegen Frage X und weiß nicht, wie die Antwort lautet. Und komm mir bitte nicht mit Studien. Wenn Du eine Studie anbringst, dann finde ich garantiert eine Studie, die das Gegenteil behauptet.”

Was soll ich auf so was antworten? Im Grunde ist das ja die totale Kapitulation vor der Komplexität der Realität. Aber es stecken auch eine Reihe falscher Vorstellungen bzw. Klischees dahinter, wie Wissenschaft angeblich funktioniert.

Manche scheinen Wissenschaftler als Buchhalter der Wirklichkeit zu sehen mit einer langen Checkliste:
Schwerkraft? Entdeckt.
Higgs-Teilchen? Entdeckt!

Mit so einem Bild ist es vielleicht verwirrend, wenn man von einer neuen Studie erfährt, die der letzten Studie zu widersprechen scheint. Es scheint mir so, als ob die Leute erwarten, dass nie wieder irgendjemand an einem naturwissenschaftlichen Phänomen forscht, wenn es mal entdeckt wurde. Ich könnte es auch das  “Die Wissenschaft hat festgestellt”-Syndrom nennen.

Dabei ist Wissenschaft harte Arbeit und oft genug sehr verwirrend. Deswegen schreibe ich auch über sich widersprechende Planeten-Angaben im Exoplaneten-System Gliese 561. Weil genau so wissenschaftliche Arbeit auch aussieht – und das ist auch gut so. Man kann doch nicht immer nur dem Leithammel und der Leitkuh hinterher dackeln. Erstens ist das langweilig und zweitens vertun die sich oft genug selbst. Das muss nicht mal Datenfälschung oder Manipulation. Schon der ehrliche Wunsch z.B. einen neuen Planeten entdecken zu wollen und der seiner/m Liebsten zu widmen reicht schon, um ein Signal sehen zu wollen, wo andere keins sehen. Irren ist zutiefst menschlich oder wie Richard Feynman es formulierte: “The first principle is that you must not fool yourself and you are the easiest person to fool.” Ich formuliere es etwas anders: “Die erste Person, die Du verarschst, bist Du selbst

Leider kam letztens wieder ans Licht, wie wichtig dieses Prinzip gerade in der Forensik ist. Cornelius erzählt dazu Erschütterndes. Wenn ich als Exoplaneten-Forscherin einen Planeten zuviel entdecke, ist das vielleicht ärgerlich, vielleicht schrotte ich meine Karriere, wenn ich absolut unbelehrbar bin. Kurz – der Schaden hält sich in Grenzen. Dazu beitragen Menschen fälschlicherweise zum Tode zu verurteilen, dass ist schon eine Riesenschweinerei –  auch weil es Jahre dauerte bis die Wissenschaft dahinter endlich mal wahrgenommen wurde. Wer hört auch schon auf die doofen Wissenschaftlerinnen, wenn man vermeintlich sichere Verurteilungen will?  *Grummel*

Diese kognitive Verzerrung gilt sowieso immer und überall. Wir halten uns selbst im Allgemeinen für toller, klüger, schöner und netter als die meisten anderen Menschen, was natürlich nur auf einen Bruchteil wirklich zutrifft. Sonst wäre das Leben vielleicht auch schwer zu ertragen. Es gibt einen Grund warum der unsterbliche Terry Pratchett als Gegenteil von betrunken nicht nüchtern eingeführt hat, sondern knurd, ein Zustand der einem die Welt in einem erschreckenden harschen Licht zeigt und den man nicht lange erträgt (1)

Aber ungeachtet aller Verzerrungen, wird sich der harte Kern der Wahrheit(TM) schon herausschälen – zumindest solange es erlaubt und auch finanziell gefördert wird nachzufragen. Wenn jemand etwas Neues herausgefunden haben will, was vorher noch niemand gesehen hat, dann muss sich das eben erst einmal bewähren. Letztens habe ich einen interessanten Artikel gelesen zum Thema “Idee, die erst mal gut klang und dann doch länger dauerte sich durchzusetzen: ” This week in Science 100 years ago. Es ging um die Meldung der Entdeckung eines Typhus-Impfstoffes im Jahr 1915, die sich dann als doch nicht so effektiv erwies als gedacht. Solche Geschichten passieren ständig, geraten aber im Laufe der Zeit in Vergessenheit, weil sich echte Erfolgsgeschichten einfach besser verkaufen.

Umgekehrt natürlich ist irgendwann Wissen so gefestigt, dass es sich nicht nur über Jahrzehnte gehalten und eine Flut von nachfolgenden und aufbauenden Ergebnissen liefert, irgendwann kann man es vielleicht beim Discounter um die Ecke kaufen. Mein Navi hab ich da gekauft. Dieses gebraucht den Teil der allgemeinen Relativitätstheorie, der vorhersagt, dass Uhren langsamer oder schneller ticken – je nachdem ob man sich im Gravitationsfeld der Erde auf dem Boden oder im Orbit aufhält – und den Teil der speziellen Relativitätstheorie, der vorhersagt, dass Uhren unterschiedlich gehen, wenn sich zwei Objekte recht flott relativ zueinander bewegen – wie eben das Auto am Boden und der Satellit. Das heißt nicht, dass jetzt die Gravitation in allen ihren Einzelheiten komplett verstanden ist und da nicht irgendwo was drinsteckt, was überarbeitet werden wird. Aber nur weil wir nicht alles wissen, heißt es nicht, dass wir nichts wissen. Binäres 1:0 denken, ist hier einfach nicht.

Zu den Herausforderungen in der Wissenschaftskommunikation zählt nicht Unwissenheit, sondern falsche oder verzerrte Vorstellungen über die Wissenschaft. Letztens hatte ich folgendes Beispiel: “Ich bin verwirrt, wegen Frage X und weiß nicht,…

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