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#Zu Besuch auf der Hamburger Veddel

Zu Besuch auf der Hamburger Veddel

Eine Zäsur war dieser Winter sowieso, für das Viertel und für Almut Korf, und dann hat auch noch der Penny gebrannt. Um Mitternacht rückte die Feuerwehr aus, kurz vor Weihnachten, zwei Stunden Einsatz, keine Verletzten, aber: nichts zu machen. Der Penny auf der Veddel blieb zu, drei Monate lang. Und weil es für die 5000 Menschen in dem Hamburger Viertel nur diesen einen Supermarkt gibt, fuhren sie seitdem mit der S-Bahn oder dem Bus zum Einkaufen. Nicht Almut Korf, denn die ist 62 und hat ein Auto. Früher, erzählt sie, habe es auf der Veddel mehr Läden gegeben. Bis die Besitzer sagten, die Kaufkraft sei nicht stark genug. Als die Bundesregierung kontaktarme Weihnachtsfeiertage verordnete, reisten Korfs Nachbarn für ihren Wocheneinkauf also einmal über die Elbe. Drei S-Bahn-Stationen Fahrt und ein Ticket für 2,23 Euro trennen sie von der Stadtmitte.

Auf der Veddel brennt es auch so immer wieder, vor allem in der Pandemie. Ein Corona-Ausbruch in einer Schule, der größten in ganz Deutschland. Der Stadtteil Veddel ist eine Insel auf der Elbe, eingerahmt von der A 1 und einer Bahntrasse für Güterzüge. Maximal tausend Schritte in jede Richtung, sagt Almut Korf, schon steht man am Wasser. Auf einer Werft gibt es einen Ausbruch und bei Airbus, beide liegen in der Nähe. Noch im März ist die Inzidenz im Viertel bei 300, während sie im reichen Blankenese oder in Eimsbüttel schon längst zweistellig ist. Öffentlich machte das eine Recherche des NDR, die Stadt veröffentlicht Fallzahlen bis heute nicht nach Vierteln getrennt.

Blick auf die S-Bahn-Station im Hamburger Stadtteil Veddel


Blick auf die S-Bahn-Station im Hamburger Stadtteil Veddel
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Bild: Daniel Pilar

Das Robert-Koch-Institut bestätigt das deutschlandweit: In armen Gegenden stiegen die Corona-Todesfälle am stärksten an, im Dezember und im Januar gab es dort bis zu 70 Prozent mehr Covid-Tote als anderswo. Armut macht krank, das wusste die Wissenschaft schon vor Corona. Das Virus macht das nur besonders sichtbar. An Diabetes leidet jeder für sich allein. In der Pandemie jedoch werden die Armen zum Treiber einer Krankheit, die die Gesellschaft lahmlegt. Wird einer krank, wird das ganze System nicht mehr gesund.

Verhältnisprävention statt Verhaltensprävention

Vor 40 Jahren zogen Almut Korf und ihr Mann hierher. In eine Wohnung im vierten Stock, von der sie jedes Feuerwerk der Stadt sehen konnten. Sie war 24, er war 26, und eigentlich wollten sie wieder weg, sobald er sein Biologiestudium abgeschlossen hatte. Aber ihr Mann wurde krank, die Zahl seiner Semester immer höher. Heute arbeitet er im Sicherheitsdienst. Sie hatte eine Ausbildung zur Bäckerin gemacht, bekam mit 27 eine Mehlstauballergie, fand Arbeit danach vor allem über Zeitarbeitsfirmen. Sie sagt: „Es kam immer etwas dazwischen, also sind wir geblieben.“ Dabei knarzt ihre Stimme so freundlich wie eine alte Tür, die ein bisschen zu oft geschlossen wurde und sich doch auf verblüffende Weise immer wieder öffnet.

Almut Korf will hier alt werden. Das hat viel zu tun mit der Veddel und mit ihr, aber auch mit der Poliklinik, die vor vier Jahren ins Viertel zog. Zuletzt arbeitete Korf für eine Finanzbuchhaltung. Jeden Tag war sie gestresst, seit Corona immer mehr. Ihre Wohnung sei eigentlich viel zu klein, um darin Homeoffice zu machen. Sie machte es trotzdem, bis spätabends. Im Januar schoss ihr Kreislauf in die Höhe, Almut Korf brach zusammen, musste operiert werden. Wenig später lernte sie eine Mitarbeiterin der Poliklinik kennen, die für die Gemeindearbeit zuständig ist. Sie soll Menschen aus dem Viertel zusammenbringen, die mit denselben Problemen kämpfen. Gegen Schimmel in der Wohnung, zum Beispiel, oder für einen Drogeriemarkt. Weil auch das für die Poliklinik zu den Dingen gehört, die gesund sind und gesund machen.

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