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#In Wien wiehert der Amtsschimmel – SocioKommunikativ

In Wien wiehert der Amtsschimmel – SocioKommunikativ

Meine Stadt hat eine lange bürokratische Tradition. Schließlich waren wir ja mal, auch wenn das lang her ist, die Hauptstadt eines recht großen Staatengebildes, nämlich des Habsburgerreichs. Auch wenn das nun inzwischen fast 100 Jahre nicht mehr besteht, die Bürokratie, die ist langlebig, die gibt es immer noch. Und wie sie lebt. Systeme überleben uns alle, sie entwickeln ein Eigenleben und haben eine ihnen eigene Logik. Nur erschließt sich diese Logik vor allem Außenstehenden, d.h. Personen die nicht Teil des Systems sind, nicht immer gar so schnell. Diese Systeme verschaffen sich ihre eigene Daseinsberechtigung und schaffen so Abläufe und Notwendigkeiten, die auch als alltägliche Hürden interpretiert werden können. Hier ein kleines Fallbeispiel, mein heutiger Vormittag, und die dazugehörigen Logiken und Sinngenerierungen die daraus ableitbar sind.

Vorab die (notwendige) Feststellung: Mir geht es nicht darum Personen anzukreiden oder mich zu beschweren. Alle handelnden Personen, die mir heute begegnet sind, waren freundlich und zuvorkommend. Ich kann über die Zusammenarbeit mit diesen Magistraten generell nichts Schlechtes sagen – aber ich weiß und kenne viele, die ganz andere Geschichten zu erzählen haben und sich zu Recht furchtbar ärgern. Und es gibt Behörden bei denen würde es den Rahmen des guten Tons sprengen, würde ich hier anmerken was ich mir darüber denke (Stichwort Innenministerium, Umgang mit MigrantInnen und AsylwerberInnen etc.). Aber ganz im Gegenteil, jene Stellen die für die Gründung und den Betrieb von Kinder- und Hortgruppen zuständig sind, waren immer hilfreich und hilfsbereit. Aber der Wahnsinn hat in Wien System und die handelnden Einzelpersonen sind dafür im Regelfall nicht verantwortlich zu machen.

Unsere Schule gründet zwei Hortgruppen. Wir möchten die Nachmittagsbetreuung endlich professionalisieren und uns das auch fördern lassen. Das Schulgeld ist doch ziemlich hoch. Private, nicht konfessionelle Schulen erhalten nämlich nur ca. ein Zehntel der Förderung, die öffentliche Schulplätze kosten. Die Schule ist eine elternverwaltete Institution, d.h. ein selbstverwalteter Verein in dem Eltern und LehrerInnen gemeinsam mit den Kindern versuchen eine Schule zu schaffen, die kindorientiert und –gerecht ist. Das glückt gut und die Eltern nehmen die Mehrarbeit – organisieren, verwalten, kochen, putzen, Nachmittagsbetreuung etc. – ganz gern auf sich. Die Kinder sind happy und so sind es die Eltern trotz Aufwand, meistens, auch. Prinzipiell bin ich kein Fan von Privatschulen, lieber wäre mir ein flexibleres öffentliches Schulsystem, aber auch ich hatte keine Lust mehr auf ein schulverweigerndes und grundunglückliches Kind – nach wohlgemerkt 3 Monaten Schule – und so wechselten wir in eine Privatschule.

Hier ist, auf systemischer Ebene, auch schon der erste Knackpunkt: Das Konzept der Schule, d.h. das System unserer Schule, widerspricht dem generellen Schulsystem. Und damit aber auch dem prinzipiellen Konzept in dieser Stadt. Wir sind bottom-up, die Stadt, ihre Behörden und Schulen sind top-down mit paternalistischer Färbung. Die Stadt meint immer und überall zu wissen was richtig und gut ist. Partizipation der BewohnerInnen ist kaum vorgesehen und irritiert, auch wenn es inzwischen Bemühungen gibt daran etwas zu ändern.

Ganztagsschulen stehen auf der politischen Agenda und so wurden in den letzten Jahren bemerkenswert Mittel zur Verfügung gestellt, um diese auszubauen. In den öffentlichen Schulen geht das schleppend voran, im Bereich der selbstorganisierten Kinder- und Hortgruppen hat sich aber viel getan. Es gibt unzählige Initiativen und viele Menschen haben begonnen Dinge selbst in die Hand zu nehmen. So viele, dass das Prozedere der Gründungen aus der Logik des Magistrats ausgebaut wurde. Um den Zugang etwas zu erschweren und nicht gar so viele Neugründungen zu haben – so die Auslegung einiger Bekannter – gibt es nun zusätzliche Voraussetzungen. Das Selbstorganisierte, wie z.B. unsere Schule oder auch Kindergruppen, war den Behörden anfangs sehr fremd. Das geben einige Zuständige auch unumwunden zu. Sinngemäß sagte eine mal zu mir, sie hätte erst lernen müssen warum sich das jemand antut und was solche kleinen, familiären Konstrukte für Vorteile für die Kinder haben.

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