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#Interview: Hubert Aiwanger: „Das Thema Gas ist von Anfang an falsch eingefädelt worden“

„Interview: Hubert Aiwanger: „Das Thema Gas ist von Anfang an falsch eingefädelt worden““



Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger spricht im Interview über das Thema Gas,den Ausbau der Windenergie und die Zukunft der Beziehungen zu Russland.

Es melden sich gerade viele Branchen, die von der ab Oktober geplanten Gasumlage ausgenommen werden wollen. Andere fordern für sich Ausnahmen, falls die Gaslieferung an Unternehmen eingeschränkt werden muss. Wie weit gehen Sie das mit?

Hubert Aiwanger: In meinen Augen ist das Thema Gas von Anfang an falsch eingefädelt worden. Die Gasumlage ist Teil einer Fehlerkette, denn man hat überhaupt nicht begonnen, Gas einzusparen. Man hätte zudem den Wechsel von Gas auf Öl finanziell von Anfang an unterstützen müssen, dann wäre das für viele Unternehmen möglich gewesen. Auch die Gasverstromung hätte früher aufhören müssen. Es ist ein Fehler, funktionierende Kernkraftwerke abzuschalten, das muss unbedingt gestoppt werden. Dass man bereits begonnen hat, das Atomkraftwerk Gundremmingen zu zersägen, ist fatal.

Auch die Hotel- und Gastronomiebranche hat nach den Corona-Einbußen bereits ein Privileg bei der Lieferung und Ausnahmen von der Gasumlage für sich gefordert. Was halten Sie von dieser Forderung?

Aiwanger: Nochmal: Ich hoffe generell nicht, dass es zu Abschaltungen kommen wird. Wenn aber doch, glaube ich nicht, dass der Bund Hotellerie und Gastronomie einen Sonderstatus geben wird. Die Szenerie einer Abschaltfolge, wie sie der Bund skizziert hat, halte ich nicht für machbar – es muss immer ein bestimmter Druck im Gasnetz vorherrschen, da kann ich nicht einfach irgendwelche Kunden abschalten. Andersherum ist es technisch nicht zu garantieren, dass alle Kunden, die beliefert werden sollen, am Ende Gas kriegen.

Bayern liegt beim Ausbau der Windenergie weit hinter anderen Bundesländern. Das ist Folge der Abstandsregel 10 H. Allerdings haben Sie schon vor den künftig geltenden Regeln mit kleineren Abständen angekündigt, Windräder in den Staatsforsten zu bauen. Errichtet wurde bislang keines.

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Aiwanger: Das war bislang aufgrund der Preise für viele Investoren nicht rentabel. Mittlerweile sieht das anders aus. In den Staatsforsten haben 500 Windräder Platz, die sollen nun auch beschleunigt entstehen. Wir sind bei der Genehmigung meist abhängig von den Kommunen, werden jetzt aber gezielt auf diese zugehen, damit wir schnell Standorte festlegen können. Es wird in sensiblen Bereichen weiterhin Tabuzonen für Windräder geben. Voraussetzung dafür ist aber, dass an anderer Stelle ausreichend Vorrangflächen ausgewiesen werden.

Der Freistaat Bayern liegt beim Ausbau der Windenergie weit hinter anderen deutschen Bundesländern – eine Folge der Abstandsregel 10 H.

Foto: Marcus Merk

Wie stehen Sie zu Photovoltaikanlagen auf bäuerlichen Flächen? Behindern sie die Produktion von Lebensmitteln oder Tierfutter?

Aiwanger: Ich bin ein Fan der Agri-PV. Es gibt mittlerweile tolle Projekte, wo Flächen unter den Photovoltaikmodulen bewirtschaftet werden, das ist oft von Vorteil wegen der Beschattung. Eine solche Zweifachnutzung ist sehr gut, die unterstütze ich.

Sie sind aber kein Fan von großen Stromtrassen. Die Leitungen, mit denen Strom aus dem Norden nach Bayern kommen soll, haben Sie bekämpft und als Monstertrassen bezeichnet. Jetzt geht bald der letzte bayerische Atommeiler vom Netz und das Gas ist knapp. War Ihr Widerstand gegen die Trassen ein Fehler?

Aiwanger: Eine der großen Stromtrassen aus Norddeutschland hätte in den Raum Augsburg gehen sollen, die wollte niemand vor Ort haben. Windkraft ist nicht grundlastfähig. Und auch wenn die Trassen, wie geplant, Ende der 2020er Jahre fertig sein sollten, brauchen wir trotzdem noch Grundlast – also Gas, Öl, Kohle oder eben grünen Wasserstoff.

Vor einem Jahr haben Sie noch gesagt, wir könnten den Wasserstoff auch günstig in Russland kaufen. Sehen Sie das heute noch genauso?

Aiwanger: Ich habe schon vor zehn Jahren gefordert, grünen Wasserstoff über Pipelines zu uns zu holen. Aus Russland und der Ukraine beispielsweise gibt es diese Pipelines schon. Wir müssen darauf hinarbeiten, künftig statt Erdgas grünen Wasserstoff aus vielen Ländern der Welt zu beziehen, um nicht wieder einseitig abhängig zu sein. Auch Schottland und Norwegen würden uns grünen Wasserstoff liefern, wenn wir endlich sagen, bis wann wir welche Mengen brauchen. Wir werden aber irgendwann auch wieder mit Russland verhandeln und von dort mehr Erdgas, andere Energieträger oder Rohstoffe kaufen, wenn sie uns die liefern. Die Ära Putin darf nicht das Ende unserer Wirtschaftsbeziehungen zu Russland sein. Wir sollten irgendwann versuchen, an vernünftige Zeiten anzuknüpfen.

Zur Person: Hubert Aiwanger ist seit November 2018 Wirtschaftsminister sowie Vize-Ministerpräsident in Bayern. Der 51-jährige Niederbayer ist außerdem Bundes- und Landesvorsitzender der Freien Wähler. Von 2008 bis 2018 war er auch deren Fraktionsvorsitzender im Landtag.

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