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#„Junge Frauen gehen teilweise mit beängstigender Naivität auf Jobsuche“

„Junge Frauen gehen teilweise mit beängstigender Naivität auf Jobsuche“

Es kommt die Zeit der geburtenschwachen Jahrgänge, selbst die Zahl der Hochschulabsolventen sinkt bald. Welche Aussichten haben junge Hochqualifizierte dadurch?

Rainer Schmidt

Verantwortlicher Redakteur Frankfurter Allgemeine Quarterly.

Oliver Barthelmeh: Generell sehr gute – und die Unternehmen müssen sich anstrengen, diese Kräfte an sich zu binden. Früher war die Alternative: Start-up oder ein Konzern wie Siemens. Heute müssen sich die Siemens, Lufthansas und BMWs dieser Welt moderner aufstellen, um überhaupt noch infrage zu kommen.

Brigitte Lammers: Der viel beschworene „War for Talents“ wird jetzt real. Was Unternehmen anstellen, um gut ausgebildete junge Leute an sich zu binden, ist der Wahnsinn. Man grast alles ab, Universitäten, Campus-Veranstaltungen, Jobbörsen, selbst traditionelle Konzerne duzen auf ihren Webseiten, mit aller Kraft wird der Eindruck vermittelt: Wir sind nicht verstaubt, wir sind offen, modern, international und innovativ. Es geht um Rotation, Aufregung, Veränderung. Also heißt es: Wir schicken euch zu Kursen und ins Ausland, wir geben euch Zeit selbst für Non-profit-Aktivitäten, wir akzeptieren euren Wunsch nach Flexibilität.

Dieser Text ist aus dem neuen F.A.Z. Quarterly

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Welche Erwartungen hat der Führungsnachwuchs?

Lammers: Es gibt das Selbstbewusstsein, dass man mit einer guten Ausbildung für sehr viele hoch attraktiv ist. Aber soll man ins Start-up oder ins Traineeprogramm, wie purposegetrieben ist ein Unternehmen wirklich, glaube ich deren Selbstdarstellung? Das Angebot ist riesig, das führt zu großer Unsicherheit.

Barthelmeh: Früher haben vor allem die Unternehmen beim Vorstellungsgespräch die Fragen gestellt. Das hat sich komplett gedreht. Heute muss sich eher das Unternehmen bewerben. Die Haltung der Jungen ist: „Meine Bewerbung zeigt nur: Ich bin gesprächsbereit. Nicht, dass ich auch komme.“ Die starke Betonung der Work-Life-Balance allein rückt zunehmend in den Hintergrund. Sie sind durchaus bereit, sich sehr stark einzubringen, aber wollen sehr genau wissen, ob ihre Arbeit sinnvoll und sinnstiftend ist. Sie wollen Verantwortung übernehmen für das Wohl der Gesellschaft und den Beitrag, den ein Unternehmen dafür leistet.

Lammers: Ich würde das ein bisschen relativieren. Es gibt einen ausgeprägten Gestaltungswillen, aber im Vorstellungsgespräch wird immer auch nach der Sabbatical-Regelung gefragt. Für ältere Herrschaften ist das hochgradig irritierend. Die Jungen erwarten keine lineare Karriere nach „oben“, sondern je nach privater Situation auch mal in ein Plateau, ein Sabbatical, Flexibilität – für viele klassische Unternehmen immer noch eine Riesenherausforderung.

Welche Art von Führungskultur wird erwartet?

Lammers: Die Haltung ist: Ich will Gestaltungsspielräume, ich will Dinge erreichen können, nicht nur wenn mir jemand sagt, dass ich was erreichen soll. Und ich hätte sehr regelmäßig, gerne täglich, Feedback zu meiner Arbeit. Sie erwarten extrem individuelle und intensive Interaktion mit dem Vorgesetzten. Das ist für viele Unternehmen eins der größten Probleme, für die Hochqualifizierten völlig normal.

Wie reagieren Unternehmen auf diese Erwartungshaltung?

Barthelmeh: Viele versuchen, die neuen Anforderungen möglichst lange zu negieren. Oder sie stellen schnell 20 Leute aus einem Start-up an und hoffen, dass sich so die Unternehmenskultur ändert. Alles nicht sehr aussichtsreich. Aber einige setzen sich damit sehr ernsthaft auseinander und bilden Transformationsteams, die das sehr überlegt angehen.

Wie wichtig ist den Jungen Geld?

Barthelmeh: Es gibt genug, denen Geld wichtig ist, die es aber nicht jeden Monat auf dem Konto haben müssen, sondern nichts dagegen haben, wenn es sinnvoll durch das Unternehmen verwendet oder angelegt wird und sie erst später in den Genuss kommen. Profitmaximierung ist nicht das oberste Ziel.





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Ein „Corona-Jahrgang“ der Berufsausbildung?
Bild: Illsutration Katharina Hofbauer

Frauen werden oft schlechter bezahlt als Männer, im Schnitt 19 Prozent. Gibt es dafür ein Bewusstsein bei jungen Einsteigerinnen?

Lammers: Erstaunlicherweise nicht. Junge, exzellent ausgebildete Frauen gehen bezüglich Gender Equality und Pay Gap mit einer teilweise beängstigenden Naivität auf Jobsuche, weil sie sich das gar nicht vorstellen können. Es sei denn, ihre Mütter haben sie sensibilisiert. Spürbar wird der Effekt ja auch meist erst viele Jahre nach dem Berufseinstieg.

Wie beurteilen Sie die Chancen der Generation der nach 2010 Geborenen?

Lammers: Die Kluft zwischen Qualifizierten und Unqualifizierten wird immer größer, weil sich die Wirtschaft durch Technologisierung und Digitalisierung massiv verändern wird. Viele Arbeitsplätze werden wegfallen. Wer hoch qualifiziert ist, wird global sehr gute Chancen haben, für viele andere wird es schwierig.

Barthelmeh: Das ist ein enormes Problem, auf das die Gesellschaft sich sehr gut vorbereiten muss, und zwar schnell.

Brigitte Lammers und Oliver Barthelmeh arbeiten als Berater bei Egon Zehnder – das weltweit operierende Schweizer Personalberatungsunternehmen ist spezialisiert auf die Vermittlung von Führungskräften für die Wirtschaft.

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