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#„Zwei, drei oder 50 tote Lehrer?“

„Zwei, drei oder 50 tote Lehrer?“

Seit einiger Zeit bekommen die Schulen nun größere mediale Aufmerksamkeit. Vorher schien man sie zu ignorieren und die Lehrer auch. Ich habe die ganze Zeit innerlich getobt und dachte: Das kann ja wohl nicht wahr sein! Wir Lehrkräfte stehen mit an vorderster Front, aber unsere Situation wird teilweise sogar geleugnet. Es ist skandalös. Jetzt der „Lockdown light“. Und was ist mit den Schulen?

Es fängt schon vor dem Unterricht an. Nichts deutet auf eine Pandemie: Die Schüler stehen dicht an dicht zusammen in Gruppen ohne Maske, ohne Abstand, wie immer eigentlich. Corona fängt für sie hinter dem Schultor mit dem Aufsetzen ihrer Masken an. Zwei Sekunden später hängen diese aber schon wieder unter der Nase, über der Nase, oder sie haben sie gar nicht mehr auf. Einigen Masken sieht man auf zehn Kilometer Entfernung an, dass sie schon seit Tagen getragen werden. So viele Lehrer können gar nicht Aufsicht machen, dass man mit Ermahnen nachkommt.

Dann beginnt der Kampf ins Klassenzimmer. Vorbei geht es an Schülern, die dicht gedrängt auf meine Kollegen warten und sich vor ihren Klassenräumen stapeln – von Abstand keine Rede. Sobald es alle in ihre Räume geschafft haben, dauert es seine Zeit, bis jeder der bis zu 30 Schüler auf seinem Platz sitzt. Der Unterricht wird im 30-Sekunden-Takt unterbrochen, weil ich die Schüler darauf hinweisen muss, ihre Masken richtig zu tragen. Sie sind nicht nur für die Schüler eine Belastung – sie verstehen mich dadurch kaum noch in den letzten Reihen.

Als wäre ich auf einem anderen Planeten

Im Ministerschreiben steht: Hände waschen und desinfizieren. Leider gibt es in meinem Klassenzimmer weder Seife noch Papierhandtücher. Immerhin: Desinfektionsmittel ist da – gegen Darmviren. Dauerlüften ist angesagt, sofern sich die Fenster überhaupt öffnen lassen und der Schlüssel nicht verschollen ist. Wenn möglich ist also ständig das Fenster offen. Dadurch ist es aber eiskalt. Alle frieren. Natürlich müssen wir die Fenster offen lassen, soweit es geht, aber jetzt ist es so kalt, dass ich nach Hause komme und immer noch friere. Es ist absurd. Von Schutz kann keine Rede sein, im Gegenteil. Ich gehe morgens in die Schule und habe das Gefühl, ich befinde mich auf einem anderen Planeten.

Die Schulleitungen werden oft alleingelassen. Da gibt es keine klaren Richtlinien, wie sie in welcher Situation reagieren sollten. Sie sind auf sich allein gestellt. Wenn es Verdachtsfälle oder sogar bestätigte Fälle gibt, bekommen wir es, wenn überhaupt, nur am Rande oder gar nicht mit. Kontaktpersonen werden oft nicht isoliert oder in Quarantäne geschickt, nur die infizierte Person. Auf Drängen des Kollegiums haben wir mit der Schulleitung intern geregelt, dass wir jetzt einzelne Klassen in Quarantäne schicken dürfen. Auf allen Seiten herrscht dann Ratlosigkeit, bei Lehrern, Schülern und Eltern.

Im Frühjahr habe ich Hilfestellungen per Telefon gegeben und Arbeitsblätter zum Ausdrucken bereitgestellt – das bedeutet natürlich doppelt und dreifach so viel Arbeit. Heute kommen drei Tage später alle wieder in die Schule, als wäre nichts gewesen. Die Schule hält sich nicht an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, laut denen ab einem Inzidenzwert von 50 Wechselunterricht stattfinden müsste. Stattdessen wird weitergemacht, als gäbe es kein Corona, als würden an den Schulen andere Naturgesetze herrschen als im Rest des Landes

Vom Kultusministerium alleine gelassen

Der hessische Kultusminister Alexander Lorz sagt, dass die Schulen ein wichtiger Motor seien, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Das müsste sich dann doch auch in den Schutzmaßnahmen der Schulen widerspiegeln! Da schaut aber niemand hin. Zahlen werden nicht veröffentlicht oder unter den Teppich gekehrt. Laut dem Lehrerverband sind 300.000 Schüler infiziert – aber das sind nur Schätzungen. In einer anderen Schule, erzählte mir die Sekretärin, soll es 25 bestätigte Corona-Fälle gegeben haben, und es ist einfach weitergelaufen, als wäre nichts. Niemand wurde in Quarantäne geschickt. Das regt mich tierisch auf. Niemand übernimmt die Verantwortung.

Das Kultusministerium übergibt die Schulen jetzt an die Gesundheitsämter, die sollen entscheiden. Dabei entscheidet schon jede Kommune und jede Stadt selbst über die Einhaltung der Empfehlung des RKI. In Frankfurt wird zum Beispiel ganz anders entschieden als in Offenbach. Da frage ich mich: Gelten auf der anderen Seite des Mains andere Regeln?

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