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#„Keine Ahnung, was man macht, wenn die Welt untergeht“

„Keine Ahnung, was man macht, wenn die Welt untergeht“

Es gab dieses Bild aus dem überfluteten Erftstadt: ein Abgrund aus Schlamm, die Häuser klein wie Spielzeug. Rosa, 16 Jahre alt, gruselt es jedes Mal aufs Neue. Sie weiß ja, dass der Klimawandel real ist, mit unmittelbaren Folgen. Deswegen demonstriert sie schließlich jeden Freitag, seit zwei Jahren. Aber ein Schock war es trotzdem. Ihre Freundin Rike nickt. „Hier, direkt vor der Haustür.“

Livia Gerster

Redakteurin in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Konstantin denkt immer an diese Grafik, die zeigt, wie die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre steigt und mit ihr die Hitze. „Straight hoch“ gehe die Linie. „Wo ich mir denke: Lol, krass, das bringt so wenig, was wir machen.“ Lol, laughing out loud, sagten die Jugendlichen schon in den Neunzigern, als der Meeresspiegel noch mehrere Zentimeter tiefer lag. Konstantin lacht nicht. Er verzieht nur den Mund.

Die drei sitzen zwischen Kameras und Laptops auf einer Bank auf dem Uni-Campus in Frankfurt-Bockenheim. Sie studieren noch nicht, aber die Antifa-Aufkleber und ACAB-Graffiti hier bilden die richtige Kulisse für ihre Instagram-Storys. Und die brauchen sie, um sich selbst zu zeigen, wer sie sind oder wer sie sein könnten. All diese Versionen ihrer selbst und hinter den grellen Filtern die großen Fragen des Erwachsenwerdens – das ist eigentlich schon genug für ein Teenagerherz.

Doch dann sind da die Fragen, die noch viel größer sind, zu groß eigentlich. Rosa zum Beispiel bezweifelt, dass sie jemals Mutter wird. Sie weiß einfach nicht, ob ein Kind auf diesem Planeten aufwachsen kann. „Wenn ich mit dreißig ein Kind bekomme, was soll ich ihm denn später sagen?“

Nächstes Jahr macht sie Abitur. Sie könnte sich über ihre Noten Gedanken machen, über einen Studienplatz. „Aber das fühlt sich alles so nichtig an. Und ist ja letztendlich auch egal.“ Wenn sie die Schultern hebt, klimpern die Ketten um ihren Hals. „Keine Ahnung, was man macht, wenn die Welt untergeht.“

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Rike nestelt an ihrer Bauchtasche, sagt: „Aber wir machen das ja hier, damit was passiert.“ Und Rosa schüttelt ihre Locken, oben dunkelbraun, unten knallrot, schüttelt den Grusel ab. „Ja, es bringt ja nichts, wenn ich nur Angst habe.“

Zum Jammern ist auch keine Zeit. In der kommenden Woche gibt es mal wieder einen bundesweiten Zentralstreik der „Fridays for Future“, und zwar in Frankfurt, ihrer Stadt. Da müssen Routen geplant, Plakate gemalt, Videos gedreht werden. Während der quälend langen Corona-Pause hat sich einiges angestaut.

„Die haben überhaupt keine Vision!“

Manchmal kann Rike gar nicht glauben, dass Greta Thunberg all das mit ihrem Schild in Gang gesetzt hat. Rosa nickt. „Dass aus so was Kleinem so was Großes geworden ist.“ Sogar ihre Mutter ist stolz auf sie. Nur der Vater, „der checkt’s irgendwie nicht“. So wie überhaupt die Älteren irrten, wenn sie dächten: „Das wird schon irgendwie.“

Konstantin regt das richtig auf, wenn seine Eltern sagen: „Das ist das Beste, was wir haben: das beste Land, das beste System, das beste Leben.“ Er schnauft, guckt erwachsen durch seine Brillengläser und ruft, wieder ganz altersgemäß stürmisch: „Die haben überhaupt keine Vision!“

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Den üblichen Vorwurf kennen sie natürlich – dass sie Wohlstandskinder seien ohne Verständnis für die Nöte der arbeitenden, grillenden und Diesel fahrenden Bevölkerung – und parieren ihn so: Nein, es müssten nicht alle Veganer werden und ihre Autos verschrotten. Die Lösung liegt für sie irgendwo zwischen den Stichwörtern „System“ und „Klimagerechtigkeit“.

Konstantin, der auch auf Demos große Reden schwingt, guckt wieder schlau durch die Brille. „Wir haben diesen Kampf nicht begonnen, aber wir sind die, die ihn gewinnen müssen“, sagt er. „Wir haben keine Wahl.“

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