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#Kommentar zu FDP und Grüne nach Bundestagswahl: Die Kanzlermacher

Kommentar zu FDP und Grüne nach Bundestagswahl: Die Kanzlermacher

Armin Laschet und Olaf Scholz gehen mit unterschiedlicher Belastung in die nun bevorstehenden Sondierungen und Verhandlungen. Der Vorteil für Scholz: Er kann für sich reklamieren, die Wahl gewonnen zu haben. Für Laschet ist das Wahldebakel der Union erst einmal niederschmetternd, aber nicht unbedingt ein Nachteil: Das Kanzleramt ist für die CDU das rettende Ufer, die Partei war noch nie davon überzeugt, dass man sich in der Opposition erholen könne.

Laschets zweiter Nachteil: Er verhandelt eine Viererkoalition, Scholz nur eine Dreierkoaliton. Es wird sich zeigen, ob die CSU Laschet weiterhin Steine in den Weg legt oder tatsächlich in Berlin mitregieren will (das Verhalten im Wahlkampf spricht nicht dafür). Laschets großer Vorteil: Er hat Christian Lindner auf seiner Seite, beide kennen sich gut, haben eine ähnliche Situation schon in NRW erlebt, in der sich Laschet, was nicht einfach ist, das Vertrauen Lindners erworben hat. Anderen, siehe 2017, ist das gründlich misslungen. Deshalb hat Lindner schon am Sonntagabend klar gemacht: Jamaika sei „wahrscheinlicher“. Ohne dieses Pfund im Rücken wäre Laschet am Wahlabend wohl nicht so selbstbewusst aufgetreten.

Das muss Scholz und die SPD aber nicht schrecken: Auch Lindner weiß, dass viele FDP-Wähler erstens wollen, dass er in ihrem Sinne regiert, und erst an zweiter Stelle eine Präferenz für eine bestimmte Koalition haben. Es gibt in der FDP-Führung außerdem Befürworter einer Ampelkoalition, und die Grünen sind laut Annalena Baerbock, so klang das jedenfalls im Wahlkampf, ohnehin erst einmal auf der Seite von Scholz. Wäre da nicht Robert Habeck, der in Kiel schon eine Jamaika-Koalition ausgehandelt hat und gut damit gefahren ist. Oder Winfried Kretschmann, der in Stuttgart erst kürzlich Grün-Schwarz einer Ampel vorgezogen hat.

Wie sortiert Scholz den Fraktionsvorsitz?

Für Scholz gibt es wiederum einen unerwarteten Vorteil: Eine Koalition mit der Linkspartei scheidet aus, die Parteilinke kann ihm also das Leben nur begrenzt schwer machen. Wie sich die Partei sortiert und ob sie sich Scholz erst einmal unterordnet, wird sich an der Wahl des Fraktionsvorstands schon in dieser Woche zeigen.

Die Parteispitze handelt zwar die Koalition aus – aber zum Schwur kommt es in der Fraktion, deren Mitglieder das Ergebnis vor der Basis vereidigen müssen und am Ende den  Kanzler wählen. Scholz schafft sich Ruhe in den Verhandlungen, wenn einer seiner Getreuen den Vorsitz einer nach links verschobenen Abgeordnetenschar übernimmt – oder gar vorübergehend er selbst. 

Nicht nur in der SPD, in allen Parteien wird es wegen solcher Überlegungen „ruckeln“. Nur in der FDP wird es für Christian Lindner so geschmeidig weitergehen wie schon im Wahlkampf. Er muss sich nicht lange als Fraktionsvorsitzender durchsetzen, es dürfte selbstverständlich sein, dass er es bleibt. Mit Blick auf die Kanzlerwahl sitzen seine Kollegen da wesentlich unsicherer im Sattel.

Auch Ralph Brinkhaus (CDU) muss Konkurrenz fürchten, gilt er doch nicht unbedingt als Laschet-Unterstützer. Jens Spahn wäre Laschet sicher lieber. Und auch in der neuen Grünen-Fraktion könnten sich Ampel- oder Jamaika-Flügel bekämpfen. Jeweils ist das ein Zeichen, wohin die Reise gehen soll und wie schwierig zunächst Verhandlungen über eine Koalition und dann der Regierungsalltag werden könnten – und wie lange sie dauern werden.

Nicht mehr ganz so großes Selbstbewusstsein bei Grünen

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der FDP aber hat nichts zu befürchten. Er geht also noch selbstbewusster, als er das ohnehin ist, auf die anderen Parteien zu. Eine der ersten Adressen für die FDP werden die Grünen sein. Denn mit wem die FDP auch immer regieren will, sie wird es mit den Grünen zu tun haben. Und dass sie regieren will – wer wollte das nach der Enthaltsamkeit von 2017 bezweifeln?

Dasselbe gilt für die Grünen, deren Machtwille von der Kanzlerkandidatur zur Anwartschaft auf die Vizekanzlerschaft zurechtgestutzt wurde. Deshalb herrscht in ihren Reihen nicht mehr ganz so großes Selbstbewusstsein wie noch zu Beginn des Wahlkampfs. Wind und Wetter, vor allem der Berliner Wind, sprachen damals dafür, dass Annalena Baerbock einen historischen Wahlsieg einfahren würde.

Von einem Ergebnis, das ihrem Anspruch gerecht wird, die heilsbringende Partei zu sein, die als einzige die Zeichen der Zeit erkannt habe, kann aber keine Rede sein. Das wird in der Partei zu Reibungen führen, die auch die Kanzlerwahl beeinflusst. Nach 16 Jahren in der Opposition reklamieren die Grünen vorläufig aber einen Regierungsauftrag, der für jede Kombination gut ist.

FDP und Grüne sind die Kanzlermacher, die aufeinander angewiesen sind. Wichtig wird dabei sein, was ihnen die Wähler ins Stammbuch geschrieben haben. FDP- und Unionswähler liegen nah beieinander, die Grünen haben ehemalige Merkel-Wähler abgeschreckt, die ein rot-rotes Abenteuer fürchten. Die Gefahr für die FDP, Wähler zu verprellen, die Lindner mit einer klaren Jamaika-Vision angelockt hat, ist groß.

Die Grünen werden der FDP aber trotzdem nicht den Gefallen tun, ohne Vermögensteuer, Mindestlohn und Klima-Hammer auf Scholz oder Laschet zu warten. Lindner wird also großes Geschick zeigen müssen, vielleicht sogar unter Hintanstellung eigener politischer Ambitionen. Denn eigentlich will er ja gar nicht Fraktionschef sein, sondern werden, was auch Robert Habeck werden will: Finanzminister. Da hat Habeck größere Chancen in einer Jamaika-Koalition; Lindner hingegen bessere Karten in einer Ampel-Koalition.

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