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#Kulturelle Stadtführungen 2022: Berlin ganz neu entdecken

Kulturelle Stadtführungen 2022: Berlin ganz neu entdecken

Berlinbesucher wandeln bei Stadtführungen oft auf ausgetretenen Pfaden. Wir haben andere Wege aufgespürt, die die Geheimnisse der Stadt aufdecken – fernab der üblichen Sehenswürdigkeiten und Geschichtstouren. Stets die Kultur im Blick, hier eine Vorschau auf (Stadt-)Führungen, die diese mit uns teilen. Zu zwölf Themen, jeweils im Doppelpack. Anmelden, wer dabei sein möchte.


Bühne:  Vom Kronleuchter im Hinterhof zum Plüschsessel Unter den Linden

Stadtführungen für Kulturinteressierte; Eine der „Neuköllner Perlen“, der Saal des Heimathafen Neuköllns. Foto: Verena Eidel

In der Führung „Neuköllner Perlen” wird dem bunten Theatertreiben abseits der City gehuldigt. Die Spielstätten des Heimathafen Neuköllns im ehemaligen Rixdorfer Ballsaal, der Neuköllner Oper im denkmalgeschützten Ballsaal der Neukölln-Passagen sowie die des Tatwerks in einer alten Fabriketage zeigen, dass auch entlang der U7 viel Glanz zu finden ist – architektonisch wie künstlerisch. Der Heimathafen Neukölln hält neues Schauspiel und Musik bereit, während die Neuköllner Oper, inzwischen fest etabliert, mit innovativen, humorvollen und gesellschaftskritischen Produktionen auf sich aufmerksam macht. Das Tatwerk gibt Einblick in performative Forschungen und künstlerische Praktiken. Das Angebot ist bei StattReisen Teil der Reihe „Lebendige Theaterwelten“ und ein Kooperationsprojekt mit Theaterscoutings. Über die Stadtführung hinaus, haben wir hier mehr zum vielfältigen Theaterleben in Neukölln und zu Theaterschätzen in Berlin vereint.

Wer lieber in rotem Plüsch schwelgt und den Dramen lauscht, die sich vor, auf und hinter der Bühne abspielen, dem seien die regelmäßigen Führungen durch die Komische Oper empfohlen. Bühne, Unterbühne und Orchestergraben sind dann aus nächster Nähe zu erleben. Gleichzeitig wird der Besucher in die Visionen eingeweiht, die der langjährige Direktor Walter Felsenstein 1947 für das Haus hatte – zweifelsohne wagemutige, denn die Komische Oper spielte zu DDR-Zeiten eine besondere Rolle. Neben der „Hinter-den-Kulissen“-Führung, lädt das Haus auch zu Spezialführungen ein, unter anderem in die Bereiche Kostüm und Maske. Einige Eindrücke der Führung durch die Komische Oper haben wir schon mitgebracht. Die Staatsoper lässt sich ebenfalls durch Führungen erkunden und Spannendes über Berlins historische Opernwelt ist hier zusammengetragen.

  • Neuköllner Perlen Sa 22.1.2022 um 15 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt im Hof des Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Straße 141, Neukölln, 15 / 12 €, mehr hier.
  • Komische Oper – Hinter den Kulissen Fr 16 uhr, Tage und Zeiten können variieren. Treffpunkt in der Komische Oper, Behrenstraße 55-57, Mitte, 14 / 9 €, mehr hier.

Kunst: 20er-JahreIkone Jeanne Mammen ganz privat und Gegenwartskunst

Das Atelier der Künstlerin Jeanne Mammen im Dachgeschoss am Kurfürstendamm. Foto: Jens Ullrich

Die Künstlerin Jeanne Mammen hat mit ihren Grafiken die 20er Jahre wie keine andere Frau geprägt. Mit Vorliebe schmückt sich die Presse mit Mammens Zeichnung „Sie repräsentiert“. Darauf blickt eine Frau in Hose und Zylinder den Betrachter lässig provozierend an. Anfang der 1920er Jahre zieht Mammen in eine Atelierwohnung am Kurfürstendamm 29, in der sie bis zu ihrem Tod 1976 blieb – den Nazis und Berlins turbulenter Geschichte zum Trotz. Die Atelierwohnung gehört zu den versteckten Schätzen der Berliner Kunstgeschichte, da sie hautnah das Leben einer Künstlerin festhält. Jeanne Mammen lebte sehr bescheiden, wobei sie sich ganz der Kunst verschrieben hatte. Außer ihrem umfangreichen Werk der frühen Jahre, sind auch experimentelle, späte Arbeiten zu sehen. Die große Jeanne-Mammen-Retrospektive in der Berlinischen Galerie 2017 verpasst? Wir haben einen Einblick festgehalten. Dazu auch, was die Berlinische Galerie an Kunst zwischen 1880 und 1980 überhaupt zu bieten hat.

Wer wissen möchte, was sich heutzutage in der Kunstszene Charlottenburgs abspielt, sollte sich dem „Galerienrundgang Charlottenburg“ anschließen. Da werden Hinterhöfe erkundet, Dachgeschosse erklommen und Sammlungen zum Vorschein gebracht. Fast täglich geöffnet hingegen sind die Tore der zahlreichen Museen in Charlottenburg – ein Bezirk, der Kunst liebt. Wie sich das Stadtbild der City West über die Jahre verändert hat, präsentiert dieser Streifzug durch die Geschichte.

  • Atelierführung Jeanne Mammen Fr 20.5. / 24.6.2022 um 16 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt am Eingang zum Kurfürstendamm 29, Charlottenburg, 5 €, mehr hier.
  • Galerienrundgang Charlottenburg Sa 21.5. / 25.6.2022 um 12 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt vor dem Literaturhaus Berlin, Fasanenstraße 23, Charlottenburg, 21 / 18 €, mehr hier.

Literatur: Geheimtipps Mascha Kaléko und Joachim Ringelnatz

Der Savignyplatz bedeutete für Schriftstellerin Mascha Kaléko Heimat, nachdem sie ins Exil ging. Bei einer Stadtführung erfahrt ihr mehr. Foto: Imago/Michael Kneffel

Mascha Kalékos Gedichte fangen das Berliner Stadtleben der 1920er und 1930er Jahre kongenial ein – mal melancholisch, mal ironisch. Ganz im Zeitgeist der Neuen Sachlichkeit sind sie als Gebrauchslyrik zu verstehen, die den Versen Erich Kästners in nichts nachstehen. Obwohl ihre Werke in zahlreichen Neuauflagen in den Buchläden zu finden sind, machen die Medien selten auf sie aufmerksam. Umso willkommener ist ein Spaziergang, der ihre Lebensgeschichte und ihre Arbeiten einem Publikum näher bringt. Ihre Berliner Jahre spielten sich vorwiegend in den Straßen entlang des Kurfürstendamms ab, bevor sie 1938 ins Exil ging. Ihre Zeilen begleiten Stationen wie den Delphi-Tanzpalast, die ehemalige Wilde Bühne am Theater des Westens, das Künstlerhaus St. Lucas, die Synagoge in der Fasanenstraße, den Savignyplatz und die Bleibtreustraße, in der sie wohnte. Unser Blick zurück lässt auch ins Leben von Mascha Kalékos Zeigenössinnen im Berlin der 1920er Jahre eintauchen und entdeckungslustig im Charlottenburg der Gegenwart wieder auftauchen.

Zu Mascha Kalékos Freundeskreis gehörte der Dichterkollege Joachim Ringelnatz, der sich etwas weiter westlich, das heißt in Neu-Westend niedergelassen hatte. Die Führung „Ringelnatz – der Bänkelsänger von Westen” greift diese Zeit auf und stellt einen Mann vor, der nach vielen Abenteuern auf hoher See nicht nur humorvolle Gedichte zu Papier brachte, sondern auch malte und sein Geld als Vortragskünstler verdiente. Welche literarischen Größen Berlin ebenfalls zu ihrer Heimat erkoren, ist hier zu verfolgen.

  • Ein Koffer voll von Sehnsucht – in Begleitung von Mascha Kaléko und ihren Geschichten So 3.4. / 8.5. / 26.6.2022 um 12 Uhr. Treffpunkt vor dem Delphi-Filmpalast, Kantstraße 12a, Charlottenburg, 15 €, mehr hier.
  • Ringelnatz – der Bänkelsänger von Westend Sa 26.3.2022 um 14 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt auf dem Bahnsteig U-Bhf Neu-Westend, Charlottenburg, 13 €, mehr hier.

Frauenleben: Zwischen Salonkultur und Eroberung der Welt

Eine der berühmte Berlinerinnen: Marlene Dietrich – als Wandmalerei in der Leberstraße verewigt. Foto: Imago / STPP

Gast bei den Gesellschaften von Henriette Herz oder Rahel Varnhagen zu sein, war stets ein Vergnügen. Eine bunte Mischung aus Kultur, Politik und Wissenschaft war anwesend, darunter die Brüder Humboldt, Heinrich Heine, Fürst Hermann von Pückler-Muskau und Bettina von Arnim. Ganz im Geiste der Aufklärung waren auch verschiedene Glaubensrichtungen vertreten und ein reger Austausch auf intellektueller und künstlerischer Ebene garantiert. Damit brachten die Berliner Salonièren die Entwicklung des liberalen Denkens und der geistigen Emanzipation der Frau voran. Der Spaziergang „Herz und Verstand – Salons der Frauen“ geht der Zeit um 1800 nach und folgt den Stätten ihres Wirkens. Zur Orientierung: hier ein paar historische Stadtpläne aus Berlins verschiedenen Epochen.

Berlin brachte noch mehr bedeutende Frauen hervor. Die Stadtführung „Berühmte Berlinerinnen“ macht mit ihnen bekannt. Darunter die weltweit erste Rabbinerin und Berlins erste Bürgermeisterin – Louise Schröder. Es sind ungewöhnliche Frauen, wie die Pilotin, die im Nachkriegsdeutschland eine sexuelle Revolution anführte und die preußische Königin, der es gelang, Napoleon zu unterwerfen. Aber auch Heldinnen des Alltags werden vorgestellt: Die Frauen, die in der Rosenstraße 1943 ihre Männer vom Abtransport ins KZ bewahrten, Trümmerfrauen sowie Feministinnen in Ost und West. Uns beeindruckten schon mal diese 12 faszinierende Berliner Frauen.

  • Herz und Verstand – Salons der Frauen Sa 5.2.2022 um 14 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt am U-Bhf Mehringdamm, Ausgang Yorckstraße am Kiosk im Zwischengeschoss, Kreuzberg, 13 €, mehr hier.
  • Berühmte Berlinerinnen Sa 8.3.2022 um 12 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt vor dem Starbucks Café am Hackeschen Markt, Neue Promenade 3, Mitte, 20 €, mehr hier.

Medien: Das Berliner Zeitungsviertel und das Haus des Rundfunks

Das Mosse-Zentrum-Berlin im ehemaligen Zeitungsviertel der Stadt. Foto: Imago/Klaus Martin Höfer

Ab in den Druck! Die Kochstraße war damals Adresse der größten Zeitungsunternehmen wie Ullstein, Mosse und Scherl. Aber auch kleinere Verlage hatten dort ihren Sitz. Zwischen 1900 und 1933 tobte dort das Leben: Reporter wie Billy Wilder, Erich Kästner und Gabriele Tergit brachten ihre Berichte in die Redaktionen, nachdem sie beim Stadtgeschehen live dabei waren. Druckereien, Setzereien und Papiergroßhandlungen hatten sich dort auch gleich angesiedelt. Heute reflektiert das Viertel die wechselhafte Geschichte der Stadt: die Gleichschaltung der Verlage durch die Nazis, Bomben im Zweiten Weltkrieg und wenig später der Mauerbau in der nahegelegenen Zimmerstraße. In der Zeit agierten nur der Axel-Springer-Verlag sowie die TAZ aus dem Viertel. Am Ende der Führung ist man natürlich auf dem aktuellsten Stand. Als virtuelle Zeitungsbeilage zur Führung ergänzen wir: In den 1970er Jahren haben die Stadtmagazine tip und ZITTY den Berliner Zeitungsbetrieb aufgemischt, wobei ZITTY inzwischen selbst Geschichte ist und keiner der beiden Magazine vom historischen Zeitungsviertel aus agierten.

Während damals im Stadtzentrum die Druckerpressen heiß liefen, wandte man sich im Westen der Stadt dem neuem Medium Radio zu. Das Haus des Rundfunks wurde eigens dafür gebaut. Vom Architekten Hans Poelzig entworfen und 1931 eröffnet, ist es heute noch das Herzstück für Radioschaffende in Berlin. Zutritt ist derzeit nur das Privileg von RBB Angestellten. Die öffentlichen Führungen Vorort pausieren, dennoch bietet der RBB virtuelle Führungen an, die einen Einblick in das renommierte Gebäude samt seiner Studios, Sendesäle und Geschichte ermöglichen. Wo sich Berlins spannende Rundfunkgeschichte außerdem abgespielt hat, fasst Berlin und das Radio: 100 Jahre Rundfunkgeschichte in Stadt und Umland zusammen.

  • Berliner Zeitungsviertel ab 7.2.2022 Mo, Mi, Fri, Sa  um 14.30 Uhr (genaue Termine anfragen). Treffpunkt vor dem Mosse-Haus, Schützenstraße 25, Mitte, 25/35 €, mehr hier.
  • Besucherführung Haus des Rundfunks: Mo um 18 Uhr. Treffpunkt vor dem eigenen Bildschirm, kostenlos, mehr hier.

Film: Vom Kintopp zur Berlinale und zurück zu Wims „Himmel über Berlin“

Mit der Berlinale am Postdamer Platz wird dort Kinogeschichte geschrieben, die bei Stadtführungen ganzjährig lebendig wird. Foto: Imago/Klaus Martin Höfer

Zur Einstimmung auf die Berlinale blickt der Spaziergang „Berliner Lichtspiele – Kino in Bewegung“ auf Orte, die Berliner Kinogeschichte schrieben. Darunter: der Bahnhof Friedrichstraße, wo die erste Filmvorführung bestaunt werden konnte, und die ersten Ateliers, die sich entlang genau dieser Straße ansiedelten. In den 1920er Jahren verschob sich ein Teil der Kinoindustrie westwärts, wo prachtvolle Filmpaläste in der Gegend um den Zoo entstanden. In der Nachkriegszeit brachte dann die Berlinale etwas internationalen Flair nach West-Berlin. Inzwischen sind viele der legendären Kinos am Ku’damm aus dem Stadtbild verschwunden und die Kinowelt präsentiert sich in Form von Multiplexen, mitunter am Potsdamer Platz, wo die Berlinale seit dem Jahr 2000 ihren roten Teppich ausrollt. Wer weiter durch Berlins vielfältige Kinowelt wandeln möchte, kann sich hier in Kinos träumen, wo das Rattern des Filmprojektors längst verstummt ist: 12 verschwundene Kinos in Berlin, danach die besten Kinos der Stadt erkunden und schließlich das Filmmuseum am Potsdamer Platz besuchen.

Die Gegend rund um den Potsdamer Platz ist auch Schauplatz von Wim Wenders Filmklassiker „Himmel über Berlin“. 1987 gedreht, zeigt er eine graue, trostlose Landschaft – eine Narbe der damals geteilten Stadt. 35 Jahre nach der Uraufführung lädt ein Spaziergang zu den Drehorten des Films ein, in dem Otto Sander und Bruno Ganz Engel spielen, die den Menschen neuen Lebensmut einhauchen. Bei der Reise zurück in die 1980er Jahre wird über Engel philosophiert und lässt – im Rahmen der Erzählung – auch Nick Cave and The Bad Seeds auftreten. Wer herausfinden möchte, wo sich der Sänger in der Stadt herumgetrieben hat, kann der Spur 12 Dinge, die man über Nick Cave in Berlin wissen sollte folgen. Im Film jedenfalls sang er im alten Hotel Esplanade auf dem damals brach liegenden Potsdamer Platz. Der Potsdamer Platz hat selbst viel durchgemacht: von kaiserlich bis turbulent – eine Zeitreise in 12 Fotos zeigt was.

  • Berliner Lichtspiele – Kino in Bewegung So 6.2.2022 um 14 Uhr (weitere Termine anfragen). Treffpunkt am Tränenpalast, Reichstagufer 17, Mitte, 15/12 €, mehr hier.
  • Der Himmel über Berlin – Ein Spaziergang zu den Drehorten des Film 35 Jahre nach der Uraufführung 21.5.2022 um 14 Uhr. Treffpunkt am U-Bhf Gleisdreieck, Eingang Luckenwalder Straße, Kreuzberg, 12 €, mehr hier.

Architektur: Zwei Modelle Stadt – das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee

Das neu aufgebaute Hansaviertel repräsentierte 1957 das Konzept des Neuen Wohnens. Foto: Imago/imagebroker

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Berlin neu aufgebaut werden. Der Blick richtete sich nach vorn und Schlagzeilen machte 1957 die Internationale Bauausstellung Interbau. Sie fand im Hansaviertel statt, das ebenfalls neu gestaltet werden musste. Moderner, auch sozialer Wohnungsbau gehörte dazu. Entwürfe berühmter Architekten der westlichen Welt, inklusive denen von Le Corbusier, Oskar Niemeyer und Alvar Aalto, machten die Runde. Die Führung schärft den Blick für ein Wohnviertel, das aus der Idee des Neuen Bauens entstand. Vorkenntnisse liefert: Das Hansaviertel – Berlins Leistungsschau der Nachkriegsmoderne. Über das Hansaviertel hinaus gibt es im Tiergarten noch mehr zu entdecken: von der Philharmonie zum namensgebenden Park, der während der Teilung der Stadt bis an die Berliner Mauer reichte.

Auch im Ostteil der Stadt wollte die Regierung zukunftsweisenden Wohnraum schaffen. Allerdings lagen die Vorbilder dafür in der Sowjetunion. In der Führung „Berlin: Zwei Modelle Stadt – die Karl-Marx-Allee 1949-69“ wird dem nachgegangen. Präsentiert wird mitunter wie sich die 16 Grundsätze des Städtebaus in Friedrichshain manifestierten sowie die bedeutsamen Arbeiten der Architekten Richard Paulick, Josef Kaiser und Hermann Henselmann, selbst wenn ihre Namen in Vergessenheit gerieten. Einige der DDR-Architekten, die Berlin prägten, haben wir zurück ins Gedächtnis geholt. Auch ein Überblick über die Geschichte der Karl-Marx-Allee ist bereits zusammengestellt, ebenso über Berlins Großraumsiedlungen.

  • Berlin: Zwei Modelle Stadt – das Hansaviertel So 3.4. / 29.5. / 26.6.2022 um 15 Uhr. Treffpunkt vor dem Grips Theater, Altonaer Str. 22, Tiergarten, 21 / 18 €, mehr hier.
  • Berlin: Zwei Modelle Stadt – die Karl-Marx-Allee 1949-69 Sa 23.4. / 21.5. / 11.6.2022 um 13 Uhr. Treffpunkt vor dem Komos, Karl-Marx-Allee 131a, Friedrichshain, 21 / 18 €, mehr hier.

Kiez intim: Kämpfe in Schöneberg und hinter verschlossen Türen in Pankow

Der Majakowskiring war Teil des sogenannten „Städtchens“, in dem die DDR Prominenz wohnte und zum Schutz dieser abgeschirmt war. Foto: Imago/Bernd Friedel

Die Hausbesetzerbewegung in den 1980er Jahre war nicht nur in Kreuzberg aktiv, sondern auch in Schöneberg. Der Rundgang beleuchtet die Hochphase, ergründet Konflikte und Solidarität und stellt die Bedeutung gewaltsamer Auseinandersetzungen und kreativer Proteste zur Diskussion. Es wird auch auf jüngere Ereignisse eingegangen und an alternative Wohnformen erinnert. Die Führung „Lieber instandbesetzen als kaputtbesitzen” findet im Rahmen der Sonderausstellung Handel & Wandel – Fotografien von André Kirchner im Dialog mit historischen Ansichten statt. Zum Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay in Schöneberg könnt ihr bereits hier etwas erfahren.

Weitaus gediegener ging es im Norden auf der anderen Seite der Mauer zu. In Pankow residierte zwischen Parks und Villen die Prominenz der DDR. Das Villenviertel um den Majakowskiring herum wurde sogar Städtchen genannt und war bis 1971 abgeschirmtes Gelände. Mauer und Schlagbäume sorgten für die Sicherheit der Anwohner aus Kultur und Politik. Zu ihnen zählten Regierungschef Erich Honecker, Dichter und Minister für Kultur Johannes R. Becher und Markus Wolf, Leiter des Auslandsabteilung der Stasi. Die Führung „Pankow privat – Die einst geschlossene Gesellschaft” öffnet die Akten darüber, was verborgen bleiben sollte. Wie es sich in Ost-Berlin sonst so lebte, und dass dort auch Häuser besetzt wurden, steht in 12 Dinge, die jeder kennt, der in Ost-Berlin der 1980er gelebt hat. Pankow hat natürlich auch andere Seiten.

  • Lieber instandbesetzen als kaputtbesitzen Fr 8.4.2022 um 17 Uhr. Treffpunkt wird bei der Anmeldung bekannt gegeben, Preis erfragen, mehr hier.
  • Pankow privat – Die einst geschlossene Gesellschaft So 20.2.2022 um 11 Uhr, Treffpunkt am Garbátyplatz vor dem S-/U-Bhf Pankow, Pankow, 13 / 10 €, mehr hier.

Musik: Komponisten die Ehre erweisen und der Soundtrack der Stadt

Der Friedhof II der Sophiengemeinde in Berlin wird auch als „Komponisten-Friedhof” bezeichnet. Foto: Imago/Stefan Zeitz

Der Friedhof II der Sophiengemeinde an der Invalidenstraße bildet die letzte Ruhestätte vieler Größen, die Berliner Musikgeschichte geschrieben haben: die Komponisten Walter Kollo und Albert Lortzing, der königlichen Musikdirektor Adolf Zander, der Klavierbauer Carl Bechstein und der letzten Bach-Enkel Wilhelm Bach. Der Rundgang „Schläft ein Lied in allen Dingen“ führt durch den Friedhof und lässt ihre Werke erklingen, darunter Walter Kollos „Das ist der Frühling von Berlin“ oder die Arien aus „Zar und Zimmermann“ von Albert Lortzing. Auch die wenig bekannte Kantate „Columbus oder die Entdeckung Amerikas“ von Wilhelm Bach wird vorgestellt. Dazu wird auch auf die wechselvolle Geschichte des Friedhofs eingegangen, auf dem der Mauerbau schwere Schäden hinterließ. Weitere bedeutende Berliner Friedhöfe lassen sich hier erkunden. Felix Mendelssohn Bartholdy ruht übrigens auf dem Friedhof I der Dreifaltigkeitsgemeinde.

Andere Töne werden bei CityVoice angeschlagen. Innovativ verbindet die Tour bekannte Melodien und Lieder aus verschiedenen Epochen mit Fakten und Stadtgeschichten. Die Musiktitel reflektieren dabei historische Ereignisse, in denen sie entstanden sind. Die Musical Expedition, wie CityVoice ihr Angebot nennt, ist über Kopfhörer zu erleben und beginnt an der Museumsinsel. Die Route führt unter anderem zum Gendarmenmarkt, zum Checkpoint Charlie, dem Potsdamer Platz, dem Brandenburger Tor und endet am Reichstag. Der Audioguide wird in Deutsch, Englisch und Russisch angeboten.

  • Schläft ein Lied in allen Dingen So 17.4.2022 um 14 Uhr. Treffpunkt am Friedhof Sophien II, Bergstraße 29, Mitte, 12 €, mehr hier.
  • Musical Expedition Sa + So Uhrzeiten variieren. Treffpunkt vor dem Bodemuseum, Bodestraße, Mitte, 25 / 19 €, mehr hier.

Die 20er Jahre in Berlin zwischen Cabaret und Bauhaus

Der englische Schriftsteller Christopher Isherwood und sein Freund W.H. Auden lebten in 1930er Jahren in Berlin. Foto: Imago/United Archives

Die „Isherwood’s Neighbourhood Tour“ taucht in die 20er Jahre rund um den Nollendorfplatz ein und erweckt sie zum Leben. Mit Christopher Isherwoods Roman „Goodbye to Berlin“ als Ausgangspunkt, wird die Gegend so vorgestellt, wie der britische Schriftsteller sie 1929 erlebte, als er dorthin zog. Dazu gehörten die Kinos, Kabaretts und schwul-lesbischen Kaschemmen und Clubs, die für ein schillerndes Nachtleben sorgten. Die Stars der Cabaretszene wie Claire Waldoff, Marlene Dietrich und Anita Berber ergänzen das Bild der Epoche, das, gemeinsam mit „Goodbye to Berlin“, die Grundlage des Musicals und späteren Films „Cabaret“ bildet. Die Führung ist auf Englisch. Isherwood hat sich auch Beyond Cabaret: Berlin through the eyes of Christopher Isherwood angenommen. Was der Baedecker in 1920er Jahren in Berlin empfahl, fassen die 12 Fakten aus dem beliebtesten Reiseführer der Ära zusammen. Die Berliner Nächte sind dabei ein Höhepunkt.

Nachdem Nachtschwärmer aller Herkunft fröhlich dem Vergnügen nachgegangen waren, war für sie ein Bett in den eigenen vier Wänden sicher viel wert. Umso mehr, wenn es sich in einer ruhigen Wohngegend wie Zehlendorf befand, weitab vom Zentrum. Neben den bereits existierenden Villen, schufen Architekten wie Walter Gropius oder Ludwig Mies van der Rohe in den 1920er Jahren neue Wohnformen dort. Klare, einfache, praktische Bauten waren angestrebt. So entstand beispielsweise die Waldsiedlung Onkel Toms Hütte mit einem sozialen und künstlerischen Ansatz. Bezeichnend für den bürgerlichen Bezirk war dabei der sogenannte Dächerstreit: Steildach oder Flachdach? Nicht nur in Zehlendorf: Bauhaus-Architekten haben in ganz Berlin gebaut. Bauhaus und Neues Bauen in Berlin zeigt wo.

  • Isherwood’s Neighbourhood Tour Sa um 11 Uhr, Termine können abweichen. Treffpunkt vor dem Eingang U-Bhf Nollendorfplatz, Schöneberg, 15 €, mehr hier.
  • Wohnkultur der Moderne in Zehlendorf So 10.4. / 22.5. / 19.6.2022 um 15 Uhr. Treffpunkt auf dem Vorplatz des U-Bhf Krumme Lanke, Zehlendorf, 21 €, mehr hier.

LGBT: Queere Stadtgeschichte für Anfänger und Fortgeschrittene

Im Regenbogenkiez Schöneberg ist die queere Community seit langem zu Hause. Foto: Imago/Stefan Zeitz

„Queer Berlin“ entschlüsselt, wie sehr LGBT-Erfahrungen Teil von Berlins DNA sind. Vom preußischen König zum Bürgermeister der 2000er Jahren. Dazwischen hinterließen Ikonen der Queer-Community wie Marlene Dietrich, David Bowie und Audre Lorde ihre Spuren in der Stadt. Bekannte und unbekannte Facetten bereichern die Zeitreise durch die Goldenen Zwanziger, die düsteren NS-Jahre, die Teilung der Stadt mit ihren unterschiedlichen Entwicklungen in Ost und West und die Szene heute. Dabei erfährt man beispielsweise von Nazis wie Ernst Röhm, der fast öffentlich seine Homosexualität auslebte. Die Tour nimmt einen natürlich auch nach Schöneberg mit – sozusagen dem Wohnzimmer des queeren Stadtlebens heute – und zeigt, wo sich das legendäre Eldorado befand: Berlins ältester Schwulen- und Trans-Club. Queere Schauplätze heute im Regenbogenkiez Schönberg werden hier vorgestellt.

Dem queeren Nachtleben der Goldenen Zwanziger kommt man auf einem Streifzug durch die Bülowstraße noch näher. 13 Lokale und Ballhäuser reihten sich in die „lesbisch-schwule Vergnügungsmeile der 1920er Jahre“, wie Historikerin Katja Koblitz sie ausfindig gemacht hat und entsprechend bezeichnet. Bis sie ihre Führungen wieder vor Ort anbietet, kann man die Route digital verfolgen – oder sich dem Nachtleben hingeben, auf deren Spuren sich der Abgesang auf ein wildes Jahrzehnt begeben hat.

  • Queer Berlin Sa 2.4. / 7.5. / 4.6.2022 um 12 Uhr. Treffpunkt vor den Starbucks Café am Hackeschen Markt, Neue Promenade 3, Mitte, 20 € mehr hier.
  • Lesbisch-schwule Vergnügungsmeile der 1920er Jahre jederzeit, Treffpunkt am eigenen Bildschirm, kostenlos, mehr hier.

Religion: Wiederbelebung des Glaubens und Rixdorf als neue Heimat

Die Zionskirche wurde 1873 eingeweiht. In den 1930er Jahren war sie Wirkungsstätte von Dietrich Bonhoeffer. Foto: Imago/Christian Thiel

1931 übernahm der Pastor Dietrich Bonhoeffer die Konfirmandenklasse an der Zionskirche. Die Zeiten waren politisch schwierig und soziale Ungerechtigkeit herrschte, wohin man auch sah. Es lag näher, vom Glauben abzufallen. Zudem kamen die 50 Jungen aus Verhältnissen, die kaum etwas anderes als Armut, Unordnung und Unmoral kannten. Dennoch gelang es Dietrich Bonhoeffer mit viel Zuwendung, das Leben der Jungs lebenswerter zu machen. Der Rundgang stellt sein Engagement in der Bekennenden Kirche vor und erinnert daran, wie Menschlichkeit in schweren Zeiten Hoffnung geben kann. Hoffnung ist Bestandteil vieler Religionen und Berlin wird von ihnen bereichert wie die 12 Glaubensorte und heilige Häuser dies verdeutlichen.

Andernorts: Um ihrem Glauben treu zu bleiben, waren viele bereit, ihre Heimat zu verlassen. Zum Beispiel kamen 1737 die ersten protestantischen Glaubensflüchtlinge aus Böhmen nach Rixdorf, teil des heutigen Neuköllns. Der Streifzug „Das Böhmische Dorf – Neukölln als neue Heimat Heimatloser“ vergegenwärtigt die Tradition Berlins, (religiös) Vertriebenen eine neue Heimat zu bieten. Das Böhmische Dorf gehört zu Neuköllns beliebtesten Sehenswürdigkeiten.

  • „Die tollste Gegend von Berlin“ – Dietrich Bonhoeffer und sein Wirken an der Zionskirche So 8.5.2022 um 14 Uhr. Treffpunkt vor der Zionskirche am Zionskirchplatz, Mitte, 12 € mehr hier.
  • Das Böhmische Dorf – Neukölln als neue Heimat Heimatloser Sa 18.6.2022 um 14 Uhr. Treffpunkt am Herrnhuter Weg am U-Bhf Karl-Marx-Straße, Neukölln, 10 €, mehr hier.

Mehr zum Thema

Wir stellen euch bekannte und besondere Sehenswürdigkeiten in Berlin vor. Ihr interessiert euch in Sachen Stadtführungen vor allem für Geschichte? Hier entlang. Ganz hervorragend lässt sich Berlin dank diverser Stadtführungen auch unterirdisch erkunden. Weitere Infos zu Tickets und Touren findet ihr hier.

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