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#EU-Staaten sollen Strom-Gewinne abschöpfen

„EU-Staaten sollen Strom-Gewinne abschöpfen“

Anfang der Woche hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Notfallinstrument zur Abfederung der hohen Strompreise angekündigt. Wie genau sie die Zusage, extreme Schwankungen und Spekulation am Strommarkt kurzfristig zu verhindern, erfüllen will, blieb bisher unklar. Nun allerdings liegt der F.A.Z. ein informelles Diskussionspapier der EU-Kommission – im EU-Jargon spricht man von einem „Non-Paper“ – vor, aus dem erstmals hervorgeht, welchen Ansatz die Brüsseler Behörde verfolgt. Die Kommission setzt demnach darauf, die derzeit besonders hohen Gewinne der Betreiber von Kernkraftwerken, Windenergie- und Solarparks abzuschöpfen. Die Einnahmen sollen die Mitgliedstaaten anschließend an die Verbraucher umverteilen, etwa in Form von direkten Einkommenshilfen für bedürftige Haushalte.

Johannes Pennekamp

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung, zuständig für „Die Lounge“.

Wie genau das geschehen soll, wird in dem Papier nicht ausbuchstabiert. Die EU-Kommissions spricht von einem „Preisdeckel“ für alle Stromerzeuger, die niedrigere Betriebskosten haben als Gaskraftwerke. Der würde den Großhandelspreis anders als ein „echter Preisdeckel“ nicht senken. Vielmehr würde wohl im Nachhinein die Differenz zwischen dem Preisdeckel und dem Marktpreis von den EU-Staaten abgeschöpft. Damit würde ein wichtiger negativer Effekt der diversen diskutierten anderen Preisdeckel vermieden: Die durch diese Deckel künstlich erzielte Senkung des Strompreises hat beinahe zwangsläufig zufolge, dass die Nachfrage nach Gas und Strom steigt. Das wiederum sei ein Risiko für die Versorgungssicherheit, wie die Europäische Kommission in dem Non-Papier hervorhebt.

Gaskraftwerke momentan unverzichtbar

Anderen Ideen zur Senkung der Strompreise erteilt die Kommission auch aus dem Grund eine Absage. Das gilt für die auch in Berlin erwogene Ausweitung des von Spanien und Portugal eingeführten Preisdeckels für das für die Stromerzeugung genutzte Gas. Auch einen Deckel für den Großhandelspreis für Strom, die direkte Koppelung des Strompreises an den Erzeugungskosten wie in Griechenland oder gar die Aussetzung des Stromgroßhandels sind nach Einschätzung der Kommission kein gangbarer Weg.

Die Idee, die Gewinne der Erzeuger mit niedrigen Betriebskosten abzuschöpfen, gleicht dem Ansatz, den der Ökonom Axel Ockenfels, ein Fachmann für Strommärkte, in der F.A.Z. vorgelegt hat. Der Direktor des Kölner Laboratoriums für Wirtschaftsforschung schlägt vor, Strom, der nicht in Gaskraftwerken erzeugt wird, stärker zu besteuern als den aus Gaskraftwerken. Um die Idee hinter den Ansatz von Ockenfels wie auch der Kommission zu verstehen, hilft ein Blick auf das Design des Strommarktes. Die hohen Gaspreise machen den in Gaskraftwerken produzierten Strom extrem teuer. Genau die sind für die Sicherstellung der Stromversorgung momentan aber unverzichtbar, weil es zu wenig (französische) Atomkraft und Wasserkraft gibt und die hohen Temperaturen die Stromnachfrage für das Kühlen nach oben getrieben haben.

Anbieter mit dem höchsten Preis setzt Niveau

Da es nur einen einzigen Strommarkt gibt, keine separaten je nach Erzeugungsart, setzt der Anbieter mit dem höchsten Preis das Niveau für den Gesamtmarkt. Das ist ein normaler und bewährter Mechanismus (Merit order). Er bestimmt auch den Preis auf Märkten für andere Produkte. Im Moment jedoch führt dieser Mechanismus wegen der großen Preisunterschiede dazu, dass Betreiber von Kohlekraftwerken, Kernkraftwerken, Windenergie- und Solarparks außergewöhnlich hohe Gewinne erwirtschaften. Zuletzt kostete eine Megawattstunde Strom wegen des hohen Gaspreises zur Lieferung 2023 zeitweise mehr als 1000 Euro – fünfzig Mal mehr als im Vorjahr.

Die EU-Kommission bringt zudem in Spiel, die Stromnachfrage zu senken, wie das beim Gas schon verabredet ist. Das könne über direkte Entschädigungen für den Verzicht auf Strom für Privatkonsumenten wie Unternehmen geschehen. Die Kommission betont, dass es sich bei den Vorschlägen noch nicht um einen politischen Vorschlag handele. Das Papier solle nun zunächst einmal auf technischer Ebene weiter mit den Mitgliedstaaten diskutiert werden, heißt es. Anschließend könnten sich Ende der kommenden Woche die EU-Energieminister mit den Vorschlägen befassen.

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft hat den für den 9. September zu einer Sondersitzung zu den hohen Strompreisen eingeladen. Die Kommission erwartet von diesem Treffen wichtige Erkenntnisse dazu, welche Lösung für die Mitgliedstaaten akzeptabel sein könnte. Der Vorschlag des nun von der Kommission ins Auge gefassten Ansatzes wäre auch, dass er nicht zwingend von allen Mitgliedstaaten gleichzeitig angewandt werden müsste. Die Staaten hätten damit eine gewissen Flexibilität. Mit der Erhebung einer Übergewinnsteuer für Stromkonzerne sei der Ansatz allerdings nicht zu vereinbaren, wird in dem Non-Paper betont.

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