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#Mehr als tausend Festnahmen bei Protesten für Nawalnyj

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Mehr als tausend Festnahmen bei Protesten für Nawalnyj

Die Zentren vieler russischer Städte wurden am Mittwochabend abermals Schauplätze des ungleichen Ringens der Staatsgewalt gegen die Unterstützer des inhaftierten Oppositionsführers Alexej Nawalnyj. Die Bürgerrechtsschützer von OWD-Info zählten bei den Aktionen, zu denen Nawalnyjs Mitstreiter aufgerufen hatten, mehr als 1200 Festnahmen in mehr als achtzig Städten; dies waren weniger als bei den Protesten im Januar und Februar. Die meisten Festnahmen gab es demnach in Sankt Petersburg, rund 500.

Friedrich Schmidt

In Moskau zogen am Abend Tausende friedlich durchs Zentrum. Sie blieben zunächst unbehelligt von dem großen Aufgebot an Sicherheitskräften, das immer wieder Straßen und Plätze absperrte, woraufhin die Menge auswich. Unter den Demonstranten war auch Nawalnyjs Ehefrau Julija. Aufnahmen des unabhängigen russischen Online-Senders TV Doschd zeigten, wie Polizisten Demonstranten in Sankt Petersburg teils gewaltsam festnahmen, mit Schlagstöcken prügelten und in bereitstehende Busse abführten.

Akten sind als „geheim eingestuft“

Die Festnahmen, Razzien und Verurteilungen hatten schon Tage vor den Demonstrationen begonnen: In vielen Städten wurden Mitstreiter Nawalnyjs, aber auch andere von den Sicherheitsbehörden überwachte Aktivisten von der Polizei besucht. Manche wurden verwarnt, viele festgenommen und in Arrest geschickt. Immer mehr gerieten auch Journalisten ins Visier, die zur Berichterstattung grelle Westen anlegen und vielerlei Dokumente mitführen sollten.

Erst am kommenden Montag soll vor einem Moskauer Gericht der Prozess um die Einstufung von Nawalnyjs Strukturen als „extremistisch“ beginnen; hinter verschlossenen Türen, denn die Akten sind als „geheim“ eingestuft. Das lässt darauf schließen, wie fadenscheinig die Beweise für verfassungsfeindliche, revolutionäre Umtriebe im Solde des Westens sein dürften, die Nawalnyjs Leuten unterstellt werden – trotz umfassender Überwachung. Schon seit Jahren sind Nawalnyjs FBK in Moskau und seine „Stäbe“ genannten Vertretungen in Dutzenden russischen Städten Hauptziele des Sicherheitsapparats.

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Die Stäbe gehen auf den Versuch des Politikers zurück, bei der Präsidentenwahl 2018 anzutreten. Die Vertretungen entwickelten sich zu Fixpunkten kremlkonträrer Aktivität, sind daher den Machthabern ebenso ein Dorn im Auge wie der FBK, der die Korruptionsenthüllungen über die Machtelite vorbereitete. Für den FBK arbeiten einige Dutzend, für die Stäbe einige hundert Personen; ihnen, aber auch Sympathisanten, drohen nach der Einstufung als „extremistisch“ strafrechtliche Verfolgung und lange Haftstrafen. Auch Spender, welche die Arbeit der Strukturen finanzieren, können künftig hart bestraft werden.

Äußerungen von Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow lassen schon eine Welle besonders brutaler Repression nach der „Extremismus“-Entscheidung erwarten. Auch deshalb hob der FBK am Mittwochmorgen in einer Nachricht hervor, dass es womöglich keine neue Chance geben werde, „gegen Repression, gegen politische Morde und die Ausmerzung von Freiheit im Land“ auf die Straße zu gehen.

Es ging den Demonstranten vom Mittwoch aber auch um die Forderung, den laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte willkürlich inhaftierten Nawalnyj endlich von unabhängigen Ärzten untersuchen zu lassen; dafür hungert der unter Bandscheibenvorfällen und fortschreitender Taubheit in Armen und Beinen leidende Gefangene seit dem 31. März, schwebt laut seinen Ärzten in Lebensgefahr. Nach dem Besuch seiner Anwälte auf der Tuberkulose-Krankenstation in der Stadt Wladimir nahe Moskau, auf die Nawalnyj am Sonntag verlegt worden war, erschien in Nawalnyjs sozialen Netzen am Dienstagabend ein neuer Beitrag in seinem Namen. „Wenn ihr mich sähet, würdet ihr lachen“, heißt es darin. „Es geht ein wackelndes Skelett durch die Zelle.“

Zwar sei es ihm am vergangenen Wochenende „ein bisschen schlecht“ gegangen, weil die Verlegung mit stundenlangen Durchsuchungen in einem Eisenkäfig einhergegangen sei. Doch der Moment, in dem ihm sein Anwalt am Montag von der Unterstützung in Russland wie im Ausland erzählt habe, sei teuer, sei perfekt gewesen. Denn in der Zelle gelte es vor allem, Gedanken an Einsamkeit zu verscheuchen. Die Befürchtung der Ärzte, er könne aufgrund von Niereninsuffizienz und hoher Kalium-Werte im Blut sterben, habe ihn auflachen lassen: So einfach sei er nicht zu haben, nach der Vergiftung mit Nowitschok im vergangenen August „schreckt mich auch Kalium nicht“. Nawalnyj – dem laut Anwälten eine Glukoseinfusion gelegt wurde – dankte für die Unterstützung, „die beste Waffe gegen Ungerechtigkeit und Gesetzlosigkeit“.

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