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#Muss Österreich nach dem Corona-Ausbruch in Ischgl Schadenersatz zahlen?

Muss Österreich nach dem Corona-Ausbruch in Ischgl Schadenersatz zahlen?

An diesem Freitag beginnt vor dem Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen ein erstes Verfahren im Zusammenhang mit Corona-Infektionen in dem Tiroler Skiort Ischgl im Frühjahr 2020. Die Witwe und der Sohn eines 72 Jahre alten früheren Journalisten verlangt rund 100.000 Euro Schadenersatz von der Republik Österreich. Nach Ansicht der Kläger sollen die Vertreter des Landes am Tod des Mannes, der nach einem Ischgl-Aufenthalt im März vorigen Jahres an Covid verstarb, eine Mitschuld tragen. Die Klage wird unterstützt vom Verbraucherschutzverein (VSV) des auch politisch umtriebigen früheren Nationalratsabgeordneten Peter Kolba. Seine Kritik hatte sich vor allem gegen den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und den damaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gerichtet.

Kolba gab vor Verhandlungsbeginn an, er rechne mit insgesamt 3000 Ansprüchen an die Republik Österreich, auch unterstütze sein Verein Sammelklagen nach österreichischem Recht. Man sei jedoch offen für Vergleichsverhandlungen. Die Finanzprokuratur, die die Republik vertritt, hat die Ansprüche und die Forderungen nach Vergleichszahlungen bislang zurückgewiesen. Für das Verfahren sind laut VSV acht Verhandlungstage bis Oktober angesetzt. Als möglich gilt aber auch, dass das Zivilverfahren nach dem Auftakt ausgesetzt wird, bis Klarheit über ein mögliches Strafverfahren besteht. Denn die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat Ermittlungen gegen den Bürgermeister von Ischgl sowie vier Beamte des Landes Tirol und des Bezirks Landeck wegen des Straftatbestands der vorsätzlichen oder fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten geführt. Die Entscheidung über eine Anklageerhebung liegt letztlich im Justizministerium von Alma Zadic (Grüne). Für das nun eröffnete Zivilverfahren dürfte dabei relevant sein, ob tatsächlich strafbares Fehlverhalten durch offizielle Stellen vorliegt.

Ischgl hat in aller Welt einen zweifelhaften Ruf als Corona-Hotspot bekommen, zumal in Deutschland, den Niederlanden und skandinavischen Ländern, aus denen viele Touristen zu Stammgästen des Tiroler Urlaubsorts zählen. Genetisch wurde inzwischen nachgewiesen, dass mehr als 10.000 Infektionen in aller Welt nach Ischgl zurück zu verfolgen sind. Freilich hat es vergleichbar dichte Untersuchungen zu keinem anderen der unzähligen Skiorte in und außerhalb Österreichs gegeben.

Hätte schneller reagiert werden müssen?

Auf Ischgl richtete sich der Fokus, weil dort eine Gruppe von 14 isländischen Besuchern genächtigt hatte, die nach ihrem Rückflug Ende Februar 2020 an Covid erkrankten. Die isländischen Behörden informierten das Tiroler Gesundheitsamt am 5. März darüber. Das wiederum verwies auf den Rückflug als angeblich wahrscheinlicheren Ansteckungsort. Gleichwohl wurden tags darauf auch die Angestellten des Hotels, in dem die Isländer abgestiegen waren, sowie unter anderem Personal eines bekannten Après-Ski-Lokals auf das Virus getestet. Am 7. März lag ein positives Corona-Testergebnis eines Kellners dieses Lokals vor, das daraufhin vorübergehend und – nach einem kurzen Personalaustausch – am 9. März behördlich gesperrt wurde. Tag für Tag wurden dann alle entsprechenden Lokale des Ortes und das ganze Skigebiet gesperrt und schließlich das Ende der Wintersportsaison in Tirol verkündet.

Kritiker befanden, dass noch schneller und drastischer hätte reagiert werden müssen. Es wurde auch unterstellt, dass Tourismusvertreter Druck auf die Tiroler Behörden gemacht hätten, Schließungen herauszuzögern. Eine unabhängige Untersuchungskommission kam später zu dem Schluss, dass Fehler gemacht worden seien, politischer Druck aber nicht ausgeübt wurde. Ausdrücklich wurde festgehalten, dass das keine strafrechtliche Bewertung sei. Zu den von der Kommission benannten Fehlern gehörte es, dass Bundeskanzler Kurz in einer Pressekonferenz am 13. März eine bevorstehende Quarantäne für das Paznauntal verkündete, ehe das Land Tirol entsprechende Vorbereitungen getroffen hatte. Daraufhin sei es zu „chaotischen“ Verhältnissen bei der Abreise von Touristen gekommen, die teils gemeinsam gedrängt in Bussen saßen, teils sich anderswo für einen oder zwei Tage einquartierten, um ihre Urlaubswoche noch auszukosten. Dadurch kam es offensichtlich zu einer Weiterverbreitung des Virus. Auf eine Infektion im Bus glaubt auch die Klägerin in dem Zivilverfahren, das jetzt eröffnet wird, die Krankheit und den Tod ihres Mannes zurückführen zu können.

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