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#Sich um die Seelen sorgen

Der Mann ist alt, und sie werden es ihm nicht leicht machen: Als die Kamera Papst Franziskus vor der Begegnung mit zehn jungen Menschen aus aller Welt einfängt, die ihm Fragen stellen dürfen, zeigt sie das Oberhaupt der katholischen Kirche allein beim Espresso in einem Speisesaal, der Teil einer sozialen Einrichtung der tristeren Sorte sein könnte. Tatsächlich gehört er zum Gästehaus Domus Sanctae Mar­thae, in dem Franziskus Quartier bezogen hat. So sieht es also aus hinter den Kulissen des Vatikans: durchaus sympathisch bescheiden, aber auch ein wenig trostlos.

Franziskus wirkt erschöpft

Franziskus wirkt erschöpft von seinen Lebensjahren, nimmt noch einen Keks, steht auf und quält sich mit seinem maroden Knie in die Limousine, die ihn durch die ewige – und, wie der Stellvertreter Christi nebenbei bemerkt, ziemlich dreckige – Stadt Rom zum Treffpunkt mit der Jugend fährt, eine im hippen Industriestil umgestaltete frühere Werkhalle. Dort warten die Fragesteller schon, sichtlich nervös. Sobald der Papst zu ihnen stößt, strafft er sich und lässt das Franziskus-Lächeln aufleuchten. Es wird in der nächsten guten Stunde immer wieder flackern und sogar verlöschen. Nicht etwa, weil der Pontifex maximus abweisend würde, sondern ernst und vielleicht auch der Konfliktthemen müde, die nicht nur er, sondern alle mit dem Katholizismus – in welcher Form auch immer – befassten Menschen seit Jahrzehnten bis zur Erschöpfung kennengelernt haben.

Es geht um Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche, ihre Sexualmoral und die Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen, die Stellung der Frau und den Platz von Trans-Personen oder anderen LGBTQ-Menschen in der Glaubensgemeinschaft. Bis auf die erst in jüngerer Zeit prominent vertretenen Anliegen von sich als nichtbinär Identifizierenden hätte all das auch schon vor Jahrzehnten besprochen werden können in einem Dialog zwischen Basis und Spitze. Wurde es – in anderen Formaten – ja auch, mit bekannten Ergebnissen.

Die Gesprächspartnerinnen des Papstes.


Die Gesprächspartnerinnen des Papstes.
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Bild: Disney+/Youtube

Wir sehen also gewissermaßen die Wiederaufnahme eines bekannten Stücks mit aktueller Besetzung. Dass Franziskus sich in dieser Weise stellt, hat indes eine neue Qualität. Es zeugt davon, dass er nicht nur reden und lehren, sondern auch zuhören möchte und gezielt Kontakt sucht zu nachwachsenden Generationen. Auch zu denen, die womöglich nicht zur Messe gehen, aber Fernsehen streamen – etwa auf Disney+. Dort läuft „Amen“, der im Sommer vorigen Jahres gedrehte Dokumentarfilm von Jordi Évole und Marius Sanchez, in dessen Zentrum der päpstliche Austausch mit spanischsprachigen Erwachsenen im Alter von zwanzig bis 25 Jahren steht.

Der Rapper will wissen, warum immer weniger glauben

Der Auftakt gleicht einem freundlichen Abklopfen im Smalltalkstil. Bezieht Franziskus als Chef eines Megaunternehmens ein Gehalt? Nein. Hat er ein Handy? Auch nicht. Verpartnerungs-Apps wie Tinder findet er prinzipiell trotzdem gut, weil sie Menschen zueinanderfinden ließen. Und schon geht es in medias res: Der agnostische Rapper aus Argentinien wirft Fragen nach Gründen für den Glaubensverlust von Katholiken und der mangelnden Glaubwürdigkeit der Kirche auf. Die Antwort des Papstes ist Programm – und Pro­blem. Er verweist darauf, dass die Kirche sich wahrhaftig an der Peripherie zeige, dort wo sie vor Ort an der Seite von Menschen in Bedrängnis sei und Zeugnis ablege. Nun ist Franziskus aber Personifikation des Zentrums, die Spitze der streng hierarchischen Kurie. In dieser Rolle scheint er sich im Gespräch nicht ganz so wohl zu fühlen und vermittelt lieber im Ungefähren verlaufende Leitlinien praktischer Seelsorge als klare Lehrmeinungen.

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