Nachrichten

#Ökonomen und Politiker auf Abwegen: Die Krise als Dauerzustand

Ökonomen und Politiker auf Abwegen: Die Krise als Dauerzustand

Im Januar 1937 veröffentlichte der britische Ökonom John Maynard Keynes in der „Times“ drei Artikel, in denen er vor den Exzessen einer Politik der Konjunkturstimulierung warnte. Obgleich die Zahl der Arbeitslosen in Großbritannien damals noch hoch war, plädierte Keynes angesichts einer in Gang gekommenen Erholung der Konjunktur für eine Rückkehr zu einer zurückhaltenderen Geld- und Finanzpolitik, um das Pulver für eventuelle zukünftige Krisen trocken zu halten.

Keynes’ Jünger waren von der Botschaft ihres Meisters verstört. Die Botschaft war indessen eindeutig: Expansive Politik ist gerechtfertigt als vorübergehender Behelf in Krisen. Als Dauerlösung eignet sie sich nicht.

Heute haben nicht nur Ökonomen, die sich in der Tradition von Keynes wähnen, diese Lektion vergessen. Auch in der Politik nimmt die verhängnisvolle Neigung zu, für eine permanent expansive Politik zu plädieren, indem die Krise zum Dauerzustand ausgerufen wird. So richtig es war, nach Ausbruch der Krise im Frühjahr eine expansive Finanzpolitik zu betreiben, so falsch wäre es, darüber nun die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse abzuschaffen.

Der Aufbaufonds muss eine Ausnahme bleiben

Die Schuldenbremse hat weder vor der Krise öffentliche Investitionen über Gebühr noch in der Krise eine deutliche Erhöhung der Neuverschuldung verunmöglicht. Sie nimmt dem Staat künftig auch nicht ungebührlich viel Spielraum in der Haushaltspolitik.

Aber sie setzt dem Wahn Grenzen, der Staat müsse nur Geld ausgeben, um wirtschaftlichen Fortschritt zu erzeugen. Und sie ermöglicht in guten Zeiten, finanziellen Spielraum für schlechte Zeiten zu gewinnen.

Ein zweites Beispiel für den Versuch einer Perpetuierung expansiver Finanzpolitik ist die nicht nur von EZB-Präsidentin Christine Lagarde geäußerte Idee, der ausdrücklich als Ausnahme deklarierte Wiederaufbaufonds der Europäischen Union möge keine Ausnahme bleiben. Vieles an diesem Fonds ist kritikwürdig, darunter die Tatsache, dass er wenig mit einem wegen der Corona-Krise notwendigen Wiederaufbau zu tun hat.

Stattdessen soll er eine Modernisierung europäischer Volkswirtschaften finanzieren helfen. Aber in der Praxis dürften mangelnde Kontrollmöglichkeiten über die Verwendung des Geldes dafür sorgen, dass zumindest ein Teil der Mittel für die Finanzierung laufender Staatshaushalte verwendet wird.

Gleichwohl haben im Lichte der Krise dieses Jahres in Deutschland auch einige liberale Ökonomen den Fonds als ein notwendiges, gerade noch akzeptables Instrument in einer offenkundigen Notlage bezeichnet. Dann muss der Fonds aber auch eine Ausnahme bleiben.

Auch die Geldpolitik ist nicht allmächtig

Lagarde fürchtet offenbar und nicht ohne Grund, dass als Folge einer Konjunkturerholung, von der die reichen Länder in der Eurozone stärker profitieren als die ärmeren Länder, der Druck auf die Europäische Zentralbank zunimmt, ihre ohnehin expansive Politik noch expansiver auszurichten. Schon seit Wochen melden sich an den Finanzmärkten Stimmen, die im Besonderen eine Ausweitung der Anleihekäufe für notwendig halten.

Angesichts der Neigung der EZB, aus Angst vor Turbulenzen an den Märkten lautstarke Forderungen von Marktteilnehmern zu erhören, ist eine Ausweitung der Anleihekäufe nicht unrealistisch. Wer genau hinhört, erkennt in Reden führender Vertreter der EZB bereits die Signale.

Darüber geht die Erkenntnis verloren, dass Anleihekaufprogramme ebenso wie Negativzinsen zwar in Krisen ein aus ökonomischer Sicht legitimes geldpolitisches Instrument darstellen. Beide Instrumente sind aber für einen dauerhaften Einsatz wenig geeignet, weil im Zeitablauf das Verhältnis positiver und negativer Wirkungen einer solchen Politik immer ungünstiger wird.

Die Ausrufung einer Krise als zumindest dauerhafte Möglichkeit soll die Politik der EZB rechtfertigen. So argumentiert denn auch Lagarde. Ob es um die aktuell steigenden Zahlen von Covid-Infektionen oder um die längerfristigen Folgen des Klimawandels geht: Stets erkennt die EZB Risiken für die Wirtschaft, die sich in Risiken für die Stabilität des Preisniveaus manifestieren und die eine möglichst konsequente Reaktion der EZB erfordern. Mit dieser luftigen Argumentationskette sollen künftig auch bevorzugte Käufe sogenannter grüner Anleihen begründet werden.

Doch heiligt der gute Zweck nicht immer alle Mittel, und lobenswerte Wachsamkeit von Entscheidungsträgern muss nicht einen mit Hasenfüßigkeit begründeten politischen Aktionismus zur Folge haben. Gegen Ende seines Lebens warnte Keynes mehrfach davor, „tiefe Wahrheiten“ der von Jüngern damals wie heute heftig befehdeten traditionellen Volkswirtschaftslehre zu bestreiten. Diese Wahrheiten verlangen einen disziplinierten Umgang mit die Wirtschaft lenkender Politik.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!