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#„Die Migration wird aufgrund des Klimawandels zunehmen“

Herr Vorländer, es gilt als sicher, dass der Klimawandel Menschen dazu bringt, ihre Heimat zu verlassen. Warum ist es aber so schwierig, zu prognostizieren, wie viele Klima-Migranten es geben wird?

Der Zusammenhang von Klimawandel und Migration ist hochkomplex. Das zeigt auch die Forschungslage: Studienergebnisse variieren je nachdem, welche Annahmen gemacht werden – über die künftige Entwicklung des Klimawandels, aber auch das Maß, in dem Menschen weltweit betroffen sein werden. Aber die Szenarien lassen erkennen, dass die Migration aufgrund des Klimawandels zunehmen wird. Und die Empirie zeigt, dass der größte Teil der Migration innerstaatlich oder zwischen benachbarten Ländern stattfindet.

Es gibt aber Länder, vor allem Inselstaaten, deren Fortbestehen in Gänze gefährdet ist, wenn der Meeresspiegel steigt. Was schlagen Sie in diesem Fall vor?

Für Menschen, die auf einem Territorium leben, das durch den Klimawandel in Gänze unbewohnbar wird, sollte es einen „Klima-Pass“ geben. Diese Menschen brauchen eine Ersatzheimat. Deutschland könnte hier als Vorreiter ein Daueraufenthaltsrecht vorsehen. Deutschland und die anderen Industrieländer verursachen einen erheblichen Anteil am Klimawandel. Sie stehen deshalb in der Pflicht.

Hans Vorländer, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration, ist außerdem Direktor des 2017 gegründeten Mercator Forum Migration und Demokratie (MIDEM) sowie des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung (ZVD) an der TU Dresden.


Hans Vorländer, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration, ist außerdem Direktor des 2017 gegründeten Mercator Forum Migration und Demokratie (MIDEM) sowie des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung (ZVD) an der TU Dresden.
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Bild: dpa

Ist es sinnvoll, wenn Deutschland allein vorprescht?

Auf Dauer kann Deutschland nicht alleine handeln. Innerhalb der EU und mit anderen Industriestaaten sollte sich eine Koalition der Willigen bilden.

Der Sachverständigenrat schlägt außerdem eine „Klima-Karte“ vor für diejenigen, deren Heimat verwüstet wird, etwa durch Überschwemmungen oder Stürme. Das dürften dann deutlich mehr Menschen sein.

Es würde sich hier um ein humanitäres Aufnahmeprogramm handeln. Die Bundesregierung müsste dafür ein Kontingent festlegen, wie viele Menschen kommen dürfen. Solche Programme gibt es in anderen Zusammenhängen schon. Die Kontingentierung stellt sicher, dass die Kapazitäten nicht überschritten werden. Gleichzeitig sollte Deutschland Mittel bereitstellen, den Wiederaufbau und die Katastrophenvorsorge zu unterstützen. Die Bundesregierung hat sich diesbezüglich auch schon verpflichtet, am Aufbau internationaler Fonds zu beteiligen. Insgesamt kann also Klimaaußenpolitik nicht nur auf Klimaschutz zielen, sondern auch migrationspolitische Instrumente nutzen. Denn auch Migration kann eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel sein.

Ist es nicht sehr kompliziert, von Deutschland aus zu ermitteln, wann zum Beispiel ein Flutgebiet wieder bewohnbar ist?

Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Letztlich muss die Bundesregierung das aufgrund der vorhandenen Expertise beurteilen. Gesetzliche Details müssen gut durchdacht werden. Das temporäre Aufenthaltsrecht, das wir mit der „Klima-Karte“ vorschlagen, ist flexibel und soll denen helfen, die wirklich betroffen sind.

Gehen Sie davon aus, dass in Deutschland die Bereitschaft besteht, Klimamigranten aufzunehmen?

Es ist nicht davon auszugehen, dass viele Millionen Menschen aufgrund des Klimawandels nach Deutschland migrieren werden. Da kursieren viele unbelegte Zahlen, die auch politisch instrumentalisiert werden. Bei den afghanischen Ortskräften haben wir gesehen, dass es eine Aufnahmebereitschaft gibt, wenn nachvollziehbar ist, warum Menschen hierherkommen. Das gilt umso mehr, wenn es um zeitlich begrenzten Schutz geht. Wenn der Kreis der betroffenen Personen klar definiert wird, ist eine solche Aufnahme vermittelbar. Wir schlagen außerdem vor, Arbeitsvisa für Menschen aus Ländern, die vom Klimawandel betroffen sind, anzubieten. Vorbild ist die Westbalkan-Regelung. Das ist ein erprobtes Instrument, bei dem wir steuern können, wer und wie viele Menschen kommen.

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