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#Papst Franziskus lehnt Marx-Rücktritt ab: Der Vatikan und Reformen

Papst Franziskus lehnt Marx-Rücktritt ab: Der Vatikan und Reformen

Wann und aus welchem Anlass sich das Kollegium der Kardinäle wieder im Vatikan versammeln wird, steht in den Sternen. Spätestens zur Wahl eines Nachfolgers des mittlerweile 84 Jahre alten Papstes wird es so weit sein. Franziskus hätte jedoch allen Grund, die ranghöchsten Geistlichen aus aller Welt noch zu Lebzeiten nach Rom zu bestellen. Einer seiner engsten Weggefährten als Papst hat das Drama der katholischen Kirche jüngst so beschrieben: „Und ich empfinde schmerzhaft, wie sehr das Ansehen der Bischöfe in der kirchlichen und in der säkularen Wahrnehmung gesunken, ja möglicherweise an einem Tiefpunkt angekommen ist.“

Der Satz stammt aus dem Brief, mit dem Reinhard Kardinal Marx vor einigen Wochen den Papst gebeten hat, ihn als Erzbischof von München und Freising zu entpflichten. Dies wird so nicht geschehen, wie der Vatikan am Donnerstag bekanntgegeben hat. Dabei hatte Marx den Brief mit dem Einverständnis des Papstes öffentlich gemacht. Das war nicht nur als Bekräftigung dessen zu lesen, wie ernst es ihm mit seinem Entschluss war, den Pfründen, aber auch den Bürden eines Erzbischofs zu entsagen. Was Marx dem Papst geschrieben hat, soll die Kirche aufrütteln.

Hinter der Diagnose „Tiefpunkt“ stand nicht gekränkte Eitelkeit. Marx bediente auch nicht diejenigen unter seinesgleichen, die sich in der Kirche immer nur von Feinden umzingelt sehen und sich zu Opfern finsterer (Medien-)Mächte stilisieren. Der weltweite Reputationsverlust, so der Kardinal, ist die Folge persönlichen wie kollektiven Versagens wegen der Schuld, die Amtsträger der Kirche angesichts sexueller Gewalt auf sich geladen haben – Marx selbst eingeschlossen.

Kann Marx den Papst eines Besseren belehren?

Wann und aus welchem Anlass auch er Opfer „übersehen und missachtet“ hat, wie er es für das Kollektiv der Bischöfe hierzulande feststellt, erfuhr man in seinem Brief nicht. Wenn er es nicht schon weiß, wird er es ahnen. Ein Gutachten über den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in München, das auch seine Amtszeit umfasst, soll erst im Laufe dieses Jahres veröffentlicht werden. In Trier, Marxens erster Wirkungsstätte als Ortsbischof, hält sein Nachfolger Stephan Ackermann bis heute alle Akten unter Verschluss. Mit seinem Amtsverzicht wollte Marx dieses Spiel auf Zeit abkürzen. Nicht erst reagieren, wenn Fehler und Versäumnisse öffentlich werden, sondern als Zeichen der Mitverantwortung der gesamten Institution der Macht zu entsagen, das ist der Maßstab, den Marx aufgerichtet hat – auch mit Blick auf die Kölner Wirren um Rainer Maria Kardinal Woelki. Der Papst hat ihn sich nicht zu eigen gemacht.

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Für Marx endete mit der Bitte um Amtsverzicht ein langer Weg. In Trier war er männerbündisch-klerikalen Inszenierungen nicht abgeneigt. In München, wo er 2008 von Kardinal Joachim Meisner im Zusammenspiel mit Benedikt XVI. installiert wurde, um die „Lehmann-Kirche“ in Deutschland mattzusetzen, trat er hochgemut auf. Von beidem ist nichts mehr zu erkennen. Aus dem Saulus, so wollte und will er gesehen und gelesen werden, ist über die Jahre ein Paulus geworden: „Ich empfinde jedenfalls meine persönliche Schuld durch Schweigen, Versäumnisse und zu starke Konzentration auf das Ansehen der Institution.“

Als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz hatte er im Jahr 2018 das Wort zumindest in den Mund genommen, das alle bis heute meiden: Wahrheitskommission. Geschehen ist in dieser Richtung seither nichts. So ist es gut möglich, dass es elf Jahre nach der Aufdeckung des Missbrauchsskandals am Berliner Canisius-Kolleg längst zu spät ist, um die Aufarbeitung der Vergangenheit nicht Juristen anzuvertrauen, sondern unabhängige Wahrheits- und Versöhnungskommissionen einzurichten, in denen Betroffene und Beschuldigte zu Wort kommen dürfen und müssen. Gerade wenn die Kirche an einem „toten Punkt“ angekommen ist, wie Marx es sieht, sollte über diese Option aber noch mal nachgedacht werden.

Marx war es auch, der die Kirche in Deutschland Anfang 2019 auf den „Synodalen Weg“ geschickt hat. Dieser sollte als Reform- und Erneuerungsdialog die systemischen Ursachen für die Toleranz sexueller Gewalt und die moralische Lethargie gegenüber den Betroffenen ausmachen und überwinden helfen. Ob dieser Weg jemals zum Ziel führt, vermag derzeit niemand zu sagen. Seit einem Jahr besteht er darin, dass kleine Theologenzirkel an Forderungspapieren feilen, die – einmal beschlossen – die Kirche verändern sollen.

Allerdings würden substantielle Änderungen der Machtarchitektur eine grundstürzende Neufassung des Kirchenrechts erforderlich machen. Dasselbe gilt für die Modifikation der Zulassungsbedingungen zu den Weiheämtern. Papst Franziskus will von alldem bislang nichts wissen. Ob Marx ihn und andere einflussreiche Kardinäle wohl eines Besseren belehren will und kann? Einstweilen hat die Verfassungskrise der Kirche neben dem irrlichternden, jeden systemischen Reformbedarf leugnenden Kölner Erzbischof Woelki ein zweites Gesicht und einen zweiten Namen bekommen.

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