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#Science: Entschlüsselung von Proteinstrukturen ist Durchbruch des Jahres

Science: Entschlüsselung von Proteinstrukturen ist Durchbruch des Jahres

Jedes Jahr kurz vor Weihnachten kürt das Fachmagazin „Science“ die Highlights des Jahres – und lässt so das wissenschaftliche Jahr noch einmal Revue passieren. Diesmal wurde die Entschlüsselung des Proteincodes durch KI-Systeme als Durchbruch des Jahres 2021 gewählt. Gleich zwei lernfähige Algorithmen haben es geschafft, die dreidimensionale Struktur eines Proteins allein anhand seiner Aminosäuresequenz vorherzusagen – eine Leistung, die lange als nahezu unmöglich galt. Ebenfalls unter den Highlights des Jahres sind antivirale Pillen und Antikörper gegen Covid-19, Fortschritte bei der Kernfusion und erste Einblicke in das Innenleben des Mars.

Was waren die herausragenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und Entdeckungen in diesem Jahr? Welche Entwicklung hat besonderes Zukunftspotenzial? Jedes Jahr kurz vor Weihnachten küren die Redakteure und Herausgeber des Fachmagazins „Science“ ihre Top Ten: die Forschungsergebnisse und Entdeckungen, die sie für die bedeutendsten halten. Eines der zehn wählen sie dabei zum Durchbruch des Jahres. Unter den vergangenen Highlights war beispielsweise 2020 die Entwicklung der Impfstoffe gegen Covid-19, 2019 das erste Foto eines Schwarzen Lochs durch den Event-Horizon-Teleskopverbund oder 2018 erst Einblicke in die Embryonalentwicklung. Zusätzlich zu diesen „offiziell“ gekürten Highlights bekommen auch die Leserinnen und Leser des Fachmagazins eine Stimme und können über ihre Favoriten abstimmen.

Der geknackte Proteincode

Proteine sind die Grundbausteine unseres Lebens, nahezu alle Körper- und Zellfunktionen gehen auf sie zurück. Entscheidend für ihre Funktion ist dabei die dreidimensionale Struktur, in der die Aminosäureketten gefaltet sind. Ihre Form bestimmt, ob beispielsweise Enzyme funktionieren, Zellen wachsen oder unser Blut Sauerstoff transportiert. Proteinstrukturen beeinflussen aber auch, ob das Coronavirus an unsere Zellen andocken kann und ob die Impfstoffe gegen mutierte Varianten noch wirken. Umso wichtiger ist es, die genaue Form eines Proteins zu kennen. Die komplexe Faltung präzise zu kartieren, ist jedoch enorm aufwendig und kann Jahre dauern. Deshalb suchen Wissenschaftler schon seit fast 50 Jahren nach einer Möglichkeit, die dreidimensionale Form eines Proteins anhand seiner Aminosäuresequenz zu ermitteln. Weil es dabei aber unzählige denkbare Konfigurationen gibt, galt dies lange als unmöglich.

Doch das hat sich geändert. Dank der Fortschritte im maschinellen Lernen und bei Systemen der künstlichen Intelligenz haben nun Algorithmen verborgene Gesetzmäßigkeiten der Proteinfaltung entschlüsselt – und erstmals Proteinstrukturen treffsicher anhand der Aminosäuresequenz vorhergesagt. Gleich zwei KI-Systeme – AlphaFold vom Google-Forschungszentrum DeepMind und RoseTTAFold von Forschern der University of Maryland – erreichten 2021 dabei Leistungen, die zuvor nur mit langwieriger Laborarbeit erreichbar waren. Dank dieser beiden KI-Systeme ist nun die dreidimensionale Struktur von 350.000 Proteinen im menschlichen Körper und von rund tausend weiteren Proteinen entschlüsselt. „Dies ist ein Durchbruch in gleich zweifacher Hinsicht“, kommentiert „Science“-Chefredakteur Holden Thorp. „Zum einen löst es ein Problem, das seit 50 Jahren auf der To-Do-Liste steht. Zum anderen ist es eine bahnbrechende Technologie, die den wissenschaftlichen Fortschritt enorm beschleunigen wird.“ Das Editorenteam wählte daher diese Leistungen zum Durchbruch des Jahres, zum gleichen Ergebnis kamen auch die Leser bei der Wahl ihres Favoriten.

Antivirale Mittel, Psychedelika und Blastozysten

Neben dem Durchbruch des Jahres hat das „Science“-Team weitere Highlights gekürt. Zu diesen gehören mehrere medizinisch wichtige Errungenschaften, darunter die ersten als Tablette verabreichbaren Medikamente gegen Covid-19. Die antiviralen Wirkstoffe Molnupiravir vom Merck und Paxlovid von Pfizer verringern laut ersten Studien die Sterblichkeit und das Risiko für schwere Verläufe der Coronavirus-Infektion. Die Corona-Pandemie brachte zudem mehrere Erfolge bei Antikörper-Präparaten gegen diese und andere Infektionskrankheiten mit sich. Als ebenfalls medizinisch wegweisend stufen die „Science“-Editoren zwei Studien ein, in denen die Genschere Crispr/Cas erstmals zur Gentherapie direkt im Körper von Patienten eingesetzt wurde. Die Methode reparierte Gendefekte, die eine Augenkrankheit sowie Leberschäden verursachten.

Ein weiteres Highlight betrifft den Einsatz von psychedelischen Substanzen gegen verschiedene psychische Erkrankungen. Forschern gelang es durch den in „Magic Mushrooms“ enthaltenen Wirkstoff Psilocybin, Patienten mit schwerer, behandlungsresistenter Depression zu helfen. Ein anderes Team setzte die als Ecstasy bekannte Droge MDMA erfolgreich gegen Posttraumatische Belastungsstörungen ein. Eher der Grundlagenforschung dient hingegen die Entwicklung von Technologien, mit denen frühe Entwicklungsstadien menschlicher Embryos im Labor aus Zellen gezüchtet werden können. Diese Blastozysten sind nicht lebensfähig, erlauben es aber, wichtige Schritte der Embryonalentwicklung zu erforschen, ohne dafür echte Embryos zu benötigen.

Fusion, Myonen und das Innenleben des Mars

Auch in der Physik gab es zwei von „Science“ gekürte Highlights. Im August 2021 erreichte ein Fusionsexperiment an der US National Ignition Facility erstmals einen Rekordwert in der Energieerzeugung. Die beim Beschuss einer Deuterium-Tritium-Mischung mit Laserstrahlen erzielte Kernfusion setzte 1,35 Megajoule an Energie frei und kam dabei dem „Breakeven“-Punkt extrem nahe. Dieser bezeichnet den Punkt, ab dem die Fusion mehr Energie erzeugt als für sie aufgewendet werden muss. Das zweite Physik-Highlight betrifft ein Ergebnis des Myon-g2-Experiments am Fermilab in den USA. Dort haben Forscher signifikante Abweichungen beim anomalen magnetischen Moment des Myons gemessen – einem schwereren „Cousin“ des Elektrons. Das könnte darauf hindeuten, dass das Myon mit noch unerkannten Teilchen oder Kräften wechselwirkt.

Extraterrestrisch ist hingegen ein Jahres-Highlight aus der Planetenforschung: Die NASA-Raumsonde Mars InSight hat anhand von seismischen Messungen erstmals nähere Informationen über das Innenleben des Roten Planeten geliefert. Sie enthüllen, dass unser Nachbarplanet eine ungewöhnlich dünne, mehrteilige Kruste besitzt, aber dafür keinen unteren Mantel. Zudem scheint der Kern des Planeten größer und leichter zu sein als zuvor angenommen. Ebenfalls zu den Durchbrüchen des Jahres zählt das Fachmagazin Fortschritte in der Gewinnung und Analyse von vorgeschichtlicher DNA aus Bodenproben, beispielsweise aus mehreren einst von Neandertalern oder dem frühen Homo sapiens bewohnten Höhlen. Ihr in der Umwelt hinterlassenes Erbgut liefert wertvolle Aufschlüsse über Herkunft, Verwandtschaften und Lebensweise unserer Vorfahren.

Quelle: Science, doi: 10.1126/science.abn5795

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