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#Litauen soll nur der Anfang sein

„Litauen soll nur der Anfang sein“

Jahrelang galt der Duma-Abgeordnete Jewgenij Fjodorow selbst nach Moskauer Maßstäben als radikaler Exot. Er sah Russlands Elite vom amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA durchsetzt und schuf eine „Nationale Befreiungsfront“, die Präsident Wladimir Putin, dem Fjodorow die Rolle des Heilsbringers zumisst, im Kampf gegen die angebliche Fremdherrschaft unterstützen soll. Aktivisten der „Front“ beschimpften und attackierten – von den Sicherheitskräften protegiert – Oppositionelle. Fjodorow fordert seit Jahren, Russland zu den „Grenzen von 1945“ zu verhelfen.

Der Abgeordnete tat das offenkundig mit Zustimmung des Kremls, denn die Machtpartei „Einiges Russland“ stellte ihn immer wieder auf. Am vergangenen Mittwoch hat er ein Gesetzesprojekt in das Unterhaus eingebracht, um die noch unter Michail Gorbatschows Sowjetunion 1991 erfolgte Anerkennung der Unabhängigkeit Litauens aufzuheben. Die Anerkennung sei „illegal“ gewesen, da keine einzige sowjetische Institution berechtigt gewesen sei, über den Austritt einer Republik aus der Sowjetunion oder über deren Ende zu entscheiden. Nach dieser Logik könnte jede frühere Sowjetrepublik zum Ziel werden, wie Fjodorow gegenüber dem Staatsmedium „Sputnik“ klarstellte: „Wir haben nur mit Litauen angefangen.“

Fjodorows Worte sind nun Kreml-Linie

Putins Sprecher sagte zwar, im Kreml sei über die Initiative nichts bekannt. Doch Fjodorows Worte dürften spätestens seit dem vergangenen Donnerstag als Kreml-Linie gelten. Da hat Putin erstmals indirekt zugegeben, dass seine „Spezialoperation“ in der Ukraine dazu dient, einst sowjetische Gebiete wieder unter Moskauer Kontrolle zu bringen: Er stellte sich selbst in die Tradition des Zaren Peters des Großen, der vor 300 Jahren Teile des Baltikums und Finnlands eroberte. Der „Imperator“ habe wie die heutige Generation die Mission gehabt, historische russische Gebiete „zurückzuholen“ und Russland zu „stärken“. Als Beispiel nannte Putin des Zaren Feldzug gegen Narwa, eine Stadt in Estland an der Grenze zu Russland. Estland bestellte deshalb den russischen Botschafter in Tallinn ein und kritisierte die Äußerungen Putins sowie Fjodorows Gesetzesprojekt und Drohungen, neben der Ukraine auch – getreu den von Putin anlässlich des Überfalls ausgegebenen Zielen – andere Länder zu „demilitarisieren“ und zu „entnazifizieren“, als „gefährlich und verantwortungslos“.

Der Abgeordnete Jewgenij Fjodorow, ein einstiger Exot, politisiert nun im Kreml-Mainstream.


Der Abgeordnete Jewgenij Fjodorow, ein einstiger Exot, politisiert nun im Kreml-Mainstream.
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Bild: Wikipedia/CC-BY 4.0

In Litauen wurde Fjodorows Gesetzesprojekt mit Spott bedacht. Der Parlamentsabgeordnete Matas Maldeikis twitterte, wenn Russland die Anerkennung von Litauens Unabhängigkeit zurückziehe, werde Litauen seinerseits einen Friedensvertrag zwischen dem damaligen litauisch-polnischen Doppelstaat und Moskau aus dem Jahre 1634 widerrufen, mit dem die Grenze zwischen den Reichen weit im Westen des heutigen Russlands festgelegt wurde: „Smolensk ist Litauen!“ Das rief Wladimir Solowjow auf den Plan, einen der führenden Fernsehpropagandisten des Kremls. Er tat, als habe er die Ironie in den Worten von Maldeikis nicht bemerkt (im russischen Fernsehen werden derart absurde Aussagen regelmäßig ernsthaft vorgetragen) und schloss mit den Worten: „Wenn ein Seimas-Abgeordneter brüllt, hört das niemand, aber wenn Putin eine Satz flüstert, ganz, ganz leise – oh, wie das die Welt erschaudern lassen kann!“

Die Litauer haben eine gewisse Gewöhnung an Initiativen wie die Fjodorows entwickelt, der die russische Staatsanwaltschaft schon 2015 zu Ermittlungen gegen diejenigen aufgefordert hatte, die die Unabhängigkeit des Landes anerkannt haben. Man solle solche Worte nicht „zu einer großen Blase aufpusten“, sagte Außenminister Gabrielius Landsbergis: „Solche Äußerungen kann es in Zukunft noch viele geben. Sie dürfen uns nicht verwundern – so ist das Regime.“ Man müsse sich aber unabhängig von diesem Anlass im klaren darüber sein, „mit wem wir es zu tun haben“, und das russische Regime „sehr ernst“ nehmen.

Deutsche Herablassung gegenüber Balten

Politiker aus den baltischen Staaten haben in den vergangenen Jahren oft die Erfahrung gemacht, dass ihre Warnungen vor der Gefährlichkeit des russischen Regimes im Westen – und vor allem in Deutschland – herablassend als zwar historisch irgendwie verständlich, aber übertrieben oder gar hysterisch abgetan wurden. Dabei stellt die russische Führung die Unabhängigkeit Estlands, Lettlands und Litauens seit langem offiziell in Frage. Russland leugnet, dass die drei Länder 1940 von der Sowjetunion besetzt worden sind.

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