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#„Sterbende Orchidee des Sports“

„Sterbende Orchidee des Sports“

Von optimalen Bedingungen konnten die Wasserspringer des Höchster SV immer nur träumen. Das Stadionbad bietet den Frankfurter Salti- und Schraubenspezialisten nur im Sommer die Möglichkeit, sich wagemutig vom Zehn-Meter-Turm herabzustürzen. Im Winter mussten sich die Luftakrobaten stets mit dem Rebstockbad und seinem nur halb so hohen Gerüst begnügen. Ein konzentriertes Üben ohne störende Badegäste und in direkter Nachbarschaft von Trampolin und Schnitzelgruben, wie es in Hochburgen wie Berlin die Regel ist, das kennen die Frankfurter lediglich von Trainingslagern oder Ausflügen.

Dennoch hat man sich am Main das Prädikat Bundesnachwuchsstützpunkt erarbeitet. Immer wieder schafften Talente von hier aus den Schritt in die Nationalkader. Wer sich zu Höherem berufen sah und zum Wechseln an einen Bundesstützpunkt bereit war, der brachte dorthin gute Grundlagen mit. Pawel Brendler etwa scheiterte nur knapp an einem Olympiastart in Peking 2008. Michael Alt, der mittlerweile selbst den Nachwuchs fördert, erwies sich als stark genug, um in die Trainingsgruppe des Olympiazweiten Sascha Klein integriert zu werden. In diesem Sommer darf sich der 14-jährige Max Wittig einen Monat lang in Leipzig vorstellen.

Kurz davor, alles hinzuschmeißen

Eng verknüpft sind die nationalen Titel und Medaillen mit Susanne Beyer. Seit mehr als 20 Jahren bringt die Trainerin neben ihrem Fulltimejob in der IT-Branche ihren Sportlern alles Notwendige für den spektakulären Tauchgang bei. Doch jetzt steht die engagierte Springwartin des Hessischen Schwimm-Verbandes kurz davor, alles hinzuschmeißen.

Durch die Schließung des Rebstockbades sieht die Fachfrau bis zur geplanten Wiedereröffnung des Neubaus 2025 die meiste Zeit des Jahres keine geeigneten Trainingsmöglichkeiten für ihre Aktiven mehr. Der Unterbau im Höchster Hallenbad, das allein noch über Sprunghöhen von ein und drei Metern verfügt, sei nicht stabil genug für die Bretter, die die Leistungssportler benötigen. „Da besteht eine hohe Verletzungsgefahr“, sagt Beyer.

Ist Geschichte: Das Frankfurter Rebstockbad, hier 2021, wird geschlossen.


Ist Geschichte: Das Frankfurter Rebstockbad, hier 2021, wird geschlossen.
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Bild: Lucas Bäuml

Frühzeitig hatte sie auf das Fehlen von Alternativen hingewiesen. Doch der Ruf blieb ungehört. In Eigenregie ließ sie ein Angebot für die Überdachung des Sprungturmes im Stadionbad erstellen. Der Kostenpunkt lag bei einer Million Euro. Die Bäderbetriebe kamen laut Geschäftsführer Boris Zielinski zu dem Schluss, dass es „ein Paket an Gründen“ dafür gebe, dass sich das nicht realisieren lasse. „Mit dem Bau allein ist es ja nicht getan“, sagt Zielinski und nennt Beispiele: Die Unterhaltung, der Energieaufwand müssten einberechnet werden. Zudem gebe es rund um den Turm zu wenig Platz.

Horst Schauer, der Vorsitzende des Höchster SV, wendet ein, man hätte sich an den Kosten beteiligt. Der Sportkreisvorsitzende Roland Frischkorn und Michael Ulmer, der Sportdirektor der SG Frankfurt, hatten vorgeschlagen, das im Bäderkonzept der Stadt ebenfalls vorgesehene Goethebad, das als Schwimmleistungszentrum auch mit einem Sprungturm versehen sein soll, erst hochzuziehen, bevor man das Rebstockbad abreißt. Der scheidende Frankfurter Sportdezernent Markus Frank erteilte solchen Plänen mit dem Hinweis auf den maroden Zustand des Spaßbades und die knappen Kassen eine Absage.

Springer werden aufhören

Bis vor Kurzem durften die Wasserspringer noch auf eine Gnadenfrist bis zum Herbst hoffen. Doch durch die pandemiebedingten Einschränkungen befinden sie sich bereits in der Zwangspause. Das Stadionbad, in dem sie auch Material für Trockentraining lagern, ist noch geschlossen. Das Riedbad, das ihnen die Bäderbetriebe zum Übergang anbieten, verfügt laut Beyer weder über einen Anti-Rutsch-Belag auf dem Fünf-Meter-Turm, wie er für die Anläufe der Sportler notwendig ist, noch finden sich dort taugliche Bretter. Darüber hinaus sei es für Sprungtraining im Freien noch zu kalt. „Anders als die Schwimmer sind wir ja nicht die meiste Zeit über im Wasser.“

Nach jahrelangem kräftezehrenden Kampf für die Interessen ihrer Athleten droht Beyer zu resignieren. Schauer sieht die Abteilung vor einem drastischen Umbruch. „Wir müssen sehen, dass wir ein paar Trainer halten und bis zur Eröffnung des neuen Rebstockbades die Kinder und Jugendlichen behelfsmäßig betreuen.“ Die Hälfte der etwa 40 Wasserspringer werde weggehen oder aufhören. Die Qualität, die die Abteilung derzeit hat, werde man nicht mehr erreichen.

In Hessen gibt es keinen anderen Standort, an dem die Olympiadisziplin auf Leistungssportniveau ausgeübt wird. Schauer sieht „eine Orchidee“ eingehen, Frischkorn einen „Werbeträger“ der Stadt sterben. „Jeder Politiker schmückt sich gerne mit Medaillengewinnern“, sagt der Sportkreisvorsitzende. „Aber wenn es um konkrete Unterstützung geht, hapert es.“

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