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#Stadt fragt Stadt #9: München, wie schickimicki seid ihr wirklich?

Stadt fragt Stadt #9: München, wie schickimicki seid ihr wirklich?

Mit Vergnügen gibt es in vier schönen Städten Deutschlands: Berlin, Hamburg, München und Köln. Wir Redakteur*innen sprechen via unserer digitalen Endgeräte beinahe jeden Tag und trotzdem bemerken wir immer wieder, dass wir die Eigenarten der einzelnen Städte gar nicht so gut kennen! Was bedeutet in Köln eigentlich Fründe? Was macht man, wenn man in Hamburg keine Fischbrötchen mag? Wieso ist Bier in Bayern ein Grundnahrungsmittel und wer hat eigentlich den Pfeffi erfunden, liebe Berliner*innen? Alle zwei Wochen könnt ihr jetzt unsere Antworten dazu lesen bei „Stadt fragt Stadt“.
Schickimicki, was ist das überhaupt für ein Wort? Tatsächlich ist es eigentlich kein Adjektiv, sondern die Bezeichnung für einen Menschen, der besonderen Wert auf Kleidung legt. Es steht synonym für Dandy oder Geck – ewig nicht mehr gehört dieses Wort. Zuletzt vielleicht beim Brunch mit Omas angeschickerten Freundinnen – wunderbar altmodisch irgendwie: schickimicki, angeschickert. Klingt ungefähr so alt wie das Vorurteil, Münchner:innen würden ihre Zeit hauptsächlich damit verbringen von Dachterrassen so groß wie Bolzplätze die Champagnerkorken in Richtung Frauenkirche knallen zu lassen.

Durchschnittliche Münchner:innen sitzen an ihren Nachmittagen nicht selten bei einer vergleichsweise billigen Tasse Kaffee zusammen und schmunzeln, wenn die Menschen vorbeiflanieren, die wir liebevoll „die Schickeria“ nennen.

Die Durchschnitts-Münchner:innen verbringen so nicht ihre Nachmittage. Trotzdem kennen wir natürlich das Schickimicki-Vorurteil, denn wer nach München zieht, lernt eines ganz schnell: sich für diese Stadt zu rechtfertigen gehört zum Daily Business. Wir tun es leicht genervt, aber nonchalant und mit ein bisschen Wärme im Herzen. Weil alles, das an München oder im weiteren Sinne an Bayern so altbacken wie das Wort schickimicki erscheint, am Ende irgendwie liebenswert ist. Wir, als durchschnittliche Münchner:innen, sitzen an unseren Nachmittagen nicht selten bei einer vergleichsweise billigen Tasse Kaffee (zu Champagner-Flaschen, nicht zu Kaffee in normalen Städten) zusammen und schmunzeln, wenn die eigentlich schickimicki aussehenden und sich aufführenden Menschen vorbeiflanieren. Wir nennen sie liebevoll: die Schickeria.
Die Schickeria erkennt ihr an gut sichtbaren Markenemblemen, zu grell aufgetragener Schminke und ausgeleierter Dauerwelle. Im Gepäck häufig der Fiffi und oder ein altersschwacher Ehemann mit diversen Titeln, welche ihr natürlich nicht auf den ersten Blick sehen könnt, aber recht häufig zu hören bekommt. „Ja, reserviert ist unter dem Namen Meyer. Herr Dipl. Ing. Prof. Dr. Meyer“. Die Schickeria liebt ihre Titel und den letzten Hauch einer akademischen geprägten Klassenwelt, in der sie immer noch glaubt zu leben. Das ist sie also, die Schickeria und es gibt sie wirklich in München – Klischees kommen ja nicht von irgendwo. Natürlich hat sie auch einen Pulk an Enkelkindern hervorgebracht, die nicht nur ihre echten Pelzmäntel und Perlenohrringe weitertragen.

Denn während die Schickeria dem schönen Leben in Bogenhausener Eigentumswohnungen und mehrstöckigen Domizilen in Grünwald frönt, findet das echte Leben woanders statt.

Schickimicki sind also auch junge Menschen in München und wir lieben die endlose Witzeschlange über den kleinen Justus-Salvator mit der Bogner Skijacke in Kindergröße 146 und einer Kindheit zwischen Gärtnern und Kinderfrauen (*in dem Bewusstsein, dass in diesen Kreisen klassische Rollenverteilungen gelebt und geliebt werden, gendern wir an dieser Stelle nicht). Nicht zu vergessen der hauseigenen Pool, der größer als die durchschnittliche Studentenbutze ist. Übertrieben? Eher nicht. München und schickimicki? Auf jeden Fall, aber das sind auch auf jeden Fall die anderen. Denn während die Schickeria dem schönen Leben in Bogenhausener Eigentumswohnungen und mehrstöckigen Domizilen in Grünwald frönt, findet das echte Leben woanders statt.
Die wenigsten nehmen von München mehr wahr als die eben genannten, Klischee-provozierenden Villenviertel, darüber hinaus vielleicht noch Schwabing und die Maxvorstadt. Dabei ist München so viel mehr! So viel sogar, dass die Unterteilung relativ verwirrend ist: Manche sprechen von Vierteln, andere von Quartieren, Stadtteilen, Stadtbezirken und Stadtbezirksteilen. Über die Grenzziehung zwischen ihnen wird heiß und innig diskutiert. Alles in allem ein recht verworrenes Thema, bei dem die märchenhaften Namen der Stadtbezirksteile noch am meisten Spaß machen: Auf Karten seht ihr zum Beispiel vier winzige Straßenabschnitte mit Namen „Siebenbrunn“, „Marsfeld“, „Dom Pedro“ oder „Biederstein“. Einfach nett.

In München ist mancherorts der Dorfvibe sehr viel stärker als die Schickeria zu spüren. So findet ihr in Giesing beispielsweise immer noch mehr Boazn-Hocker als Bowl-Schüsseln.

All diese Aufteilungen gibt es in München, weil die Stadt nach Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Eingliederung der umliegenden Gemeinden (zum Beispiel Giesing und Sendling) schnell gewachsen ist. Warum dieser kleine Exkurs? Weil eine Geo-Geschichtsstunde noch nie geschadet hat und ihr jetzt vielleicht besser nachvollziehen könnt, dass in München mancherorts der Dorfvibe sehr viel stärker als die Schickeria zu spüren ist. So findet ihr in Giesing immer noch mehr Boazn-Hocker als Bowl-Schüsseln, außerdem Bauernmärkte, auf denen tiefbayrischer Dialekt geredet wird und an jeder Ecke ein Wirtshaus.

Nennt es schickimicki, wenn ihr wollt. Aber ihr und wir Münchner:innen wissen jetzt auf jeden Fall: es geht noch schlimmer. Schickeria lässt grüßen und dafür lieben wir sie.

Wenn euch also mal wieder das Wort schickimicki durch den Kopf schießt, dann verlasst mal die gewohnten Pfade und fahrt nach Giesing, ins Schlachthofviertel und spaziert durch Sendling. Trinkt weit entfernt von der Maximilianstraße ein Maxlrainer, redet mit Menschen, die seit 50 Jahren mit Schürze im Tante Emma Laden verkaufen oder guckt euch alte Bauernhäuser in der Preysingstraße an. Treibt euch mal dort rum, wo es so gar nicht schickimicki ist. Und dann fühlt euch auf eine sehr gute Art bestärkt in einem anderen Klischee dieser Stadt: „München ist halt doch ein Dorf“.

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