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#Fernbeziehung mit dem Leben

Fernbeziehung mit dem Leben

Wirtschaft kaputt, Psyche im Eimer. Es trifft alle, und keiner kann es mehr hören: Die Pandemie nervt, zerstört Leben und Lebensentwürfe. „Seit Anfang Februar sage ich durchgehend, dass ich nicht mehr kann.“ Das sagt eine Zehntklässlerin aus Frankfurt am Telefon, die wie alle Jugendlichen, die hier zu Wort kommen, anonym bleibt. „Was wir momentan erleben, ist kein Leben, sondern nur Existieren.“ Denn seit mehr als einem Jahr ist sie stark eingeschränkt – kein Sport mehr, keine Treffen mit den Freunden. Nur eine Ausnahme: Einmal ist sie nach der Zeugnisausgabe mit ihnen zu McDonald’s gegangen.

Jugendliche durften fast gar nicht mehr in die Schule, die Altersgruppe von 14 bis 17 ist seit einem halben Jahr zu Hause gewesen. Die Impfreihenfolge sieht Jugendliche an keiner Stelle vor. Von verpassten Abschlussfahrten, Abiturfeiern, ersten Küssen im Jugendclub ganz zu schweigen. „Es geht um Homeoffice, Wirtschaft, Einkaufen und Noten. Aber unsere Gefühle und was das für uns bedeutet? Pfff.“ Das schreibt eine Befragter der Studie JuCo (Jugend und Corona), in der Forscher der Universitäten Frankfurt und Hildesheim im Herbst 2020 die Lage junger Menschen untersuchten.

Klar: Auch anderen geht es schlecht. Selbständige stehen wirtschaftlich am Abgrund, Eltern schaffen es nicht, Arbeit und Kinderbetreuung zu jonglieren. Aber über die Jugendlichen muss im Besonderen geredet werden. Denn Fachleute aus Soziologie, Pädagogik und Entwicklungspsychologie warnen: Abertausende Jugendliche und Kinder werden einen erhöhten Unterstützungsbedarf haben, wenn die Pandemie erst einmal überwunden ist.

Wichtig für die emotionale Ablösung von den Eltern

Jugendliche werden besonders hart von den Einschränkungen getroffen. Denn eigentlich stehen sie in einer Lebensphase, in der sie sich ausprobieren, Beziehungen knüpfen, sich vom Elternhaus distanzieren. Albert Scherr, Professor für Soziologie aus Frankfurt, der mittlerweile in Freiburg lehrt, forscht seit Jahrzehnten zur Entwicklung von Jugendlichen. Er sagt: „Das Zusammensein mit Freunden ist ein wesentlich wichtigerer Bestandteil des Lebens als bei Erwachsenen.“ Es gehöre zum Erwachsenwerden, die eigene Identität zu finden und Paarbeziehungen zu beginnen, und das gehe nur im sozialen Kontext mit Gleichaltrigen. All diese Schritte seien wichtig für die emotionale Ablösung von den Eltern.

Die Jugendlichen können sich aber auf dieser Ebene seit mehr als einem Jahr nicht mehr entwickeln und haben selbst oft nicht die Macht, sich für ihre Sache einzusetzen. Viele dürfen keine Freunde treffen, schon gar nicht in Gruppen.

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Was verlieren die Jugendlichen? Wer ein Jahr lang nicht ausleben kann, was Adoleszenz ausmacht – Freunde, Experimente, Liebesbeziehungen – dem fehlt vor allem Zeit. So sieht es Werner Thole, Professor für Sozialpädagogik an der Hochschule Kassel und Fachmann für soziale Arbeit und Jugend. Das Heranwachsen ist für ihn vor allem das Suchen. Wer bin ich? Was ist mir wichtig? Diese „Suchbewegungen“, die in der Interaktion geschehen, liegen auf Eis.

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