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#Neues Gesetz soll Whistleblower besser schützen

„Neues Gesetz soll Whistleblower besser schützen“

Die größten Skandale reifen meist im kleinen Kreis: Der Dieselskandal fällt in dieses Muster, ebenso die Betrugsmaschinerie beim Finanzdienstleister Wirecard. Aber es geht auch eine Nummer kleiner: Datenmissbrauch, Mobbingfälle, schlampige Qualitätskontrolle – in Unternehmen und Behörden können an vielen Stellen Dinge schieflaufen. Nur selten kommen solche Missstände ans Licht; die Ermittlungsbehörden sind darauf angewiesen, dass es interne Hinweisgeber gibt, sogenannte Whistleblower, die den Stein ins Rollen bringen. Das ist für Arbeitnehmer keine einfache Rolle, sie riskieren jede Menge Ärger, es droht die Kündigung oder gar die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz.

Vor solchen Repressalien sollen Arbeitnehmer künftig besser geschützt werden durch das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“. Der Gesetzesentwurf liegt der F.A.Z. vor. Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern werden damit verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten, an die sich Mitarbeiter anonym wenden können. Dort muss den Vorwürfen dann nachgegangen werden. Hilfe gibt es auch, wenn die Hinweisgeber einer solchen internen Stelle nicht trauen: Sie können mit ihren Informationen auch direkt zum Bundesamt für Justiz gehen, das auf Basis des Gesetzes eine externe Meldestelle mit etwa dreißig neuen Mitarbeitern einrichten wird. Ist Gefahr in Verzug, etwa weil ein großer Umweltskandal droht, dürfen ausnahmsweise auch die Medien direkt eingeschaltet werden, ohne dass Repressalien drohen.

Union mahnte vor Belastungen für Wirtschaft

„In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, in denen Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber nach der Offenlegung von Missständen benachteiligt worden seien“, heißt es in dem Gesetzesentwurf aus dem Bundesjustizministerium, der nun in die Ressortabstimmung geht. Mit den neuen Regeln solle der Schutz der Hinweisgeber verbessert werden – und zwar so, dass bürokratische Belastungen „handhabbar“ bleiben.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bringt damit ein Gesetzesvorhaben auf den Weg, das auf seine SPD-Vorgängerin Christine Lambrecht zurückgeht. In der vergangenen Legislaturperiode ist sie mit ihrem Versuch jedoch noch am CDU-geführten Bundeswirtschaftsministerium gescheitert. Dabei beruhen die Regeln in weiten Teilen auf einer europäische Richtlinie, die spätestens im Dezember hätte umgesetzt werden sollen. Dies ist aber wegen des koalitionsinternen Zwists nicht geschehen.

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Die Union hatte immer wieder zu hohe Belastungen für die Wirtschaft angemahnt. Allerdings stellte sich auch die Verzögerung der notwendigen Umsetzung als erhebliche Belastung für die Wirtschaft heraus. Seit Monaten schon diskutieren Unternehmensjuristen und Wirtschaftsanwälte darüber, welche Konsequenzen sich aus der Richtlinie direkt ergeben können. Das sorgt für große Verunsicherung.

Die Frage, wie mit Hinweisgebern umzugehen ist, treibt insbesondere kleinere Unternehmen um. Abseits der Großindustrie und der deutschen Tochtergesellschaften internationaler Konzerne hat sich bei ihnen noch keine „best practice“ herausgebildet. Dabei zeigt eine Umfrage von Forschern der Fachhochschule Graubünden in Zusammenarbeit mit Münchner Informationsdienstleister EQS, wie dringend Compliance-Systeme und Whistleblower-Kanäle in Unternehmen gebraucht werden. So gab ein Drittel von 1200 Umfrageteilnehmern aus Deutschland an, im eigenen Betrieb im Jahr 2020 einen Fall von illegalem oder unethischem Verhalten gemeldet zu haben. Dabei zeigte sich allerdings auch die Tendenz, dass größere Unternehmen häufiger von Missständen betroffen sind als kleinere Betriebe. Das kann als Indiz für die stärkere gegenseitige Sozialkontrolle der Mitarbeiter untereinander und die Wirkung von Hinweisgebersystemen gewertet werden.

Drangsalierung von Betriebsräten

Gerade kleinere und mittlere Betriebe haben in den vergangenen Jahren stets befürchtet, Aufwand und Kosten für die Meldestellen könnten sie überfordern. Auch ein FDP-Bundesjustizminister Buschmann wird die Wirtschaft nicht vor Belastungen bewahren. Nach den geplanten Regeln genießen die Hinweisgeber immer dann Schutz, wenn es um Verstöße geht, die ein Bußgeld nach sich ziehen können, und Gefahren für Leben, Leib, Gesundheit oder den Schutz der Rechte von Beschäftigten drohen. Darunter fallen zum Beispiel Missstände in Pflegeheimen oder auch Drangsalierungen von Betriebsräten.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist weiter gezogen, als es die Richtlinie vorsieht, damit Hinweisgebern umfangreiche Prüfungen erspart bleiben. Die Richtlinie zielt schon aus Kompetenzgründen nur auf Verstöße gegen europäische Regeln. Umgekehrt sind Unternehmen vor mutwilligen Falschbehauptungen geschützt: Der Denunziant muss den Schaden ersetzen. Zudem können Betriebe den Aufwand für eine Meldestelle minimieren, indem sie externe Dienstleister wie etwa spezialisierte Kanzleien damit beauftragen.

In der Praxis gibt es inzwischen verschiedene Ansätze für sinnvolle Hinweisgebersysteme. Einige Compliance-Verantwortliche raten dazu, eine Vertrauensperson im Unternehmen zu bestimmen und mit einem Briefkasten für anonyme Tipps zu arbeiten. Andere Fachleute halten solche niedrigschwelligen Angebote für unzureichend. Sie empfehlen externe Ombudsmänner, die als Vertrauensanwälte für die Unternehmen tätig sind. Der Berater- und Dienstleistermarkt hat sich jedenfalls schon deutlich länger auf die Hinweisgeberschutz-Richtlinie eingestellt als die Bundesregierung. Es gibt ein stetig wachsendes Angebot für digitale Hinweisgebersysteme in Unternehmen, ein Marktsegment, das zunehmend auch die Wirtschaftskanzleien für sich entdeckt haben.

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