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#"Traurig und wütend" – So reagieren deutsche Hoteliers auf den zweiten Corona-Lockdown

"Traurig und wütend" – So reagieren deutsche Hoteliers auf den zweiten Corona-Lockdown

Seit dem 2. November ist es traurige Gewissheit, dass Deutschland in einen zweiten Corona-bedingten Lockdown geschickt wird. Zuletzt waren die Infektionszahlen so stark angestiegen, dass sich die Bundesregierung gezwungen sah, Maßnahmen zu ergreifen, die dem Schutz der Bevölkerung dienen soll – ähnlich wie viele andere europäische Länder. „Lockdown light“ wurde das Ganze getauft inoffiziell getauft, so als ob die Situation gar nicht so schlimm wäre, leichter zu verdauen – aber das gilt nur für bestimmte Wirtschaftsbereiche. (Hier kann man den Beschluss im Wortlaut nachlesen.) Die Bundesregierung fordert nämlich ihre Bürger auf, wieder einmal von privaten Reisen abzusehen und schickt alle Beherbergungsbetriebe bis Ende November in eine zweite Zwangspause. Hotels und Privatunterkünfte dürfen nur für Business-Reisende öffnen, dazu müssen alle kulturellen Betriebe wie Kinos, Theater, Opern oder Konzerthäuser, aber auch Freizeiteinrichtungen wie Schwimm- und Spaßbäder, Saunen und Thermen schließen. Die Tourismus-Branche wird also erneut auf Eis gelegt, während beispielsweise Shopping-Center und der Einzelhandel weiter geöffnet haben dürfen.

Das Ziel der Bundesregierung ist es, die Menschen daran zu hindern, miteinander Kontakt zu haben. Aber warum sind dann Shopping-Mails geöffnet, wo es fast unmöglich ist, sich aus dem Weg gehen? Und warum müssen andererseits Ferienunterkünfte, wo man fernab von anderen Menschen Urlaub machen kann, schließen? Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) äußerte sich Mitte Oktober im Bezug auf die Reisebeschränkungen kritisch: „Das Problem entsteht nicht durch das Reisen, sondern was man macht, wenn man verreist ist, also die Reiseart“, sagt der Virologe im ZDF-Interview. Wenn wir auch im Urlaub darauf achten, die AHA-Regeln (Abstand, Hygiene und Alltagsmaske) einzuhalten und regelmäßig zu lüften, dann kann sich das Virus auch nicht verbreiten.

Klar, es kann nicht für alle wirtschaftlichen Bereiche eine optimale Lösung in der aktuellen Situation geben, aber natürlich löst der Beschluss der Bundesregierung  bei Hoteliers (wie auch bei anderen betroffen Industrien) krasses Unverständnis aus – weil sie zwischen der ersten und zweiten Welle einerseits kaum Zeit hatten, sich zu erholen und andererseits alles dafür getan haben, ihren Gästen trotz Pandemie ein sicheres und unbeschwertes Urlaubserlebnis zu garantieren. Ich wollte von den Hoteliers, die ich dies Jahr auf meinen Reisen in Deutschland kennengelernt habe, daher wissen, ob sie das neue Beherbergungsverbot sinnvoll und gerechtfertigt finden und wie sie auf den neuen Lockdown vorbereitet sind.

Holger Maurer von Mosel Chalets

„Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, denn die Pandemie ist anders nicht in den Griff zu bekommen. Die Kontakte müssen natürlich reduziert werden. Im speziellen ist aber unsere Meinung, dass gerade ein Ferienhaus, in dem zwei Menschen für sich sind, in unserem Fall alleine in den Weinbergen wandern gehen und dann wieder alleine im Ferienhaus sind, überhaupt keine Gefahr darstellen. Wenn große Hotels geschlossen werden, wo viele Menschen an einem Ort sind, ok, aber ein Ferienhaus? Das ist für uns völlig unsinnig. Unseres Erachtens ist es die einzige Urlaubsmöglichkeit zur Zeit, die sicher ist. Bei uns fährt man in seine eigene Garage, geht in sein eigenes Haus und ist dort wenn man will zwei Wochen alleine. Mehr Abstand geht ja kaum noch…“

Bei uns fährt man in seine eigene Garage, geht in sein eigenes Haus und ist dort wenn man will zwei Wochen alleine. Mehr Abstand geht ja kaum noch…

Holger Maurer

„Für uns ist das besonders hart, weil es Ungewissheit über die Zukunft schürt. Ich habe vorletztes und letztes Jahr fast eine Million Euro in mein Herzensprojekt investiert und natürlich ist alles auf eine gewisse Einnahme-Situation und Auslastung ausgelegt – all zu oft darf eine solche Phase nicht mehr kommen. Im zweiten Jahr schon mittlerweile drei bis vier komplette Monate Total-Ausfall zu haben, ist sehr sehr hart und fand natürlich in der Finanzplanung so keine Berücksichtigung…“

Mosel, Mosel Chalets, Rheinland Pfalz

Ulrike Andreesen von der Villa Hygge

„Ich bin der Meinung, dass nachweislich die Beherbergungsbetriebe keine
‚Superspraeder‘ waren / sind. Aus diesem Grund ist es für uns nicht ganz nachvollziehbar, was beschlossen wurde. Wir als kleiner Betrieb haben Hygienepläne erarbeitet, mit unseren Gästen gesprochen, wir waren immer im Austausch mit dem ‚Putzteam‘ und haben auf Hygiene geachtet. Gerade in den Beherbergungsbetrieben ist doch alles lückenfrei nachvollziehbar: Wer woher kommt und mit wem der Gast in Berührung kam. Nun geht die Villa Hygge in frühzeitigen Winterschlaf und wir hoffen, dass wir im Dezember 2020 wieder Gäste begrüßen dürfen! Wir wünschen uns alle normale Zeiten ohne irgendwelche Lockdowns!“

Wir als kleiner Betrieb haben Hygienepläne erarbeitet, mit unseren Gästen gesprochen und haben auf Hygiene geachtet. Gerade in den Beherbergungsbetrieben ist doch alles lückenfrei nachvollziehbar: Wer woher kommt und mit wem der Gast in Berührung kam.

Ulrike Andreesen

Villa Hygge, Rügen, Binz

Kristina Sievers vom Gut Sarnow

„Das ist absolut nicht mehr nachzuvollziehen. In den letzten Monaten hat die gesamte Branche sehr viel getan, um die wichtigen Hygiene- und Abstandsregeln im Sinne des Gesundheitsschutzes einzuhalten: Ob Tische-auf-Abstand-stellen, Maskentragen der Mitarbeiter, konsequente Gäste-Registrierung, Lüften oder kontinuierliches Desinfizieren der Tische und anderer Flächen. Aufgrund dieser Maßnahmen, die in der Praxis sehr gut funktionieren, hat das Robert-Koch-Institut der Gastronomie bestätigt, kein Pandemie-Treiber zu sein. Laut RKI gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gastronomie das Infektionsgeschehen anheize. Und nun das. Auch private Reisen sind wieder verboten (das Beherbergungsverbot, das gerade gerichtlich in fast allen Ländern gekippt wurde, ist plötzlich wieder da!). Das Alles macht uns traurig und wütend – und lässt uns (leider) mit einem großen Fragezeichen an dem Sinn und der Logik dieser Maßnahmen zweifeln.“

Das Alles macht uns traurig und wütend – und lässt uns (leider) mit einem großen Fragezeichen an dem Sinn und der Logik dieser Maßnahmen zweifeln.

„Der Beschluss hat uns kalt erwischt. Bislang hieß es ja immer, dass ein zweiter Lockdown aus wirtschaftlichen Gründen kategorisch ausgeschlossen wird. Erst seit ein paar Tagen wird das Thema ernsthaft diskutiert. Und jetzt haben wir die traurige Gewissheit, dass wir wieder mit einem Berufsverbot belegt werden. Wir überlegen jetzt, wie wir das Beste aus der jetzigen Situation machen können. Unser traditionelles Martinsgansessen, für das wir sehr viele Reservierungen hatten, werden wir eventuell in ein Martinsgans-Take-away umplanen – damit können wir zumindest ein wenig Umsatzausfall abfangen. Aber in einer ländlichen Region – umgeben von Wald und Wiesen – ist ein Abhol-Service eher schwierig und funktioniert nur punktuell. Wir hoffen deshalb, dass wir bald wieder regulär öffnen dürfen – und dass es keinen dritten Lockdown geben wird!“

Schorfheide_Reiturlaub_Brandenburg

Marco Joa von den Green Tiny Houses

„Der Schutz der Gesundheit hat oberste Priorität. Doch gerade die Green Tiny Houses, inmitten der freien Natur und fernab der Ballungszentren, tun der Gesundheit gut. Wir bräuchten deshalb eine Differenzierung, in welchen Einrichtungen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht und keinen pauschalen Lockdown im Tourismus. Wir sind auf jeden Fall auf Corona vorbereitet – so stehen unsere Häuser isoliert, werden besonders gereinigt und es werden alle Hygienemaßnahmen beachtet. Wir finden: Wenn das schützenswerte Gut hier die Gesundheit der Menschen ist, dann brauchen wir überall nachhaltige Naturerlebnisse wie die Green Tiny Houses. Erst Recht in Coronazeiten.“

Wir bräuchten deshalb eine Differenzierung, in welchen Einrichtungen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht und keinen pauschalen Lockdown im Tourismus.

Marco Joa

Green Tiny Houses Salemer See_Herzogtum Lauenburg_Schleswig-Holstein

Tom Michelberger vom Michelberger Hotel

„Wir halten, wie viele Experten und Wissenschaftler ebenfalls, Reise und Beherberungsverbote für reinen Aktionismus zwischen Bundesländern und Staaten. Das Virus kennt keine Grenzen und ist überall. Und es wird auch nicht verschwinden. Wir sollten aufhören so zu tun, als ob dem so sei. Professionell geführte Hotels und Restaurants sind in Berlin genauso sicher wie in Hamburg, Prag, Paris oder Wien. Die Qualität oder Art der Reise ist entscheidend. Im Moment machen wir Gesetze unter der Annahme, dass alle Reisenden sich am Ballermann oder in Ischgl wild vergnügen. Die Politik hat es verpasst die Schulen, Kitas und Pflegeheime auf diesen Moment vorzubereiten über den Sommer. Jetzt trifft es vor allem die Branchen, die sehr kleinteilig und mittelständisch organisiert sind, das Handgemachte, die Solo-Selbständigen, die Familienbetriebe, die privaten Kulturstätten. Das sind alles Menschen, die politisch oder wirtschaftlich scheinbar nicht so sehr von Bedeutung sind. Aber genau wir haben unsere Hausaufgaben über den Sommer gemacht.

Wir werden jetzt noch weitere Kredite aufnehmen und gehen in Verhandlung mit unserem Vermieter über einen Mietverzicht. Wir fahren unseren Betrieb maximal runter, werden aber die Lichter anlassen und unsere Geschäftsreisenden und andere nicht touristischen Gäste, wie Day Office Gäste rund um die Uhr versorgen.“

Im Moment machen wir Gesetze unter der Annahme, dass alle Reisenden sich am Ballermann oder in Ischgl wild vergnügen. 

Tom Michelberger

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