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#True Crime-Thriller bietet 116 Minuten Hochspannung vor Gericht und lässt Millionen teures Netflix-Spektakel richtig schlecht aussehen

Netflix sollte vor Neid erblassen angesichts des fesselnden Gerichts-Thrillers The Goldman Case, der bei den Filmfestspielen von Cannes für Hochspannung sorgt.

In den letzten drei Jahren feierten (mindestens) zwei hochkarätige Filme über linke Aktivisten unter den Rädern einer voreingenommenen Justiz Premiere. Der eine hatte ein 35 Millionen Dollar schweres Budget, Stars wie Sacha Baron Cohen und Joseph Gordon-Levitt, die geballte Wortmacht von Oscar-Preisträger Aaron Sorkin (The Social Network) und die Streaming-Plattform Netflix im Rücken.

Der andere ist gut.

Wie The Trial of the Chicago 7 auch basiert der französische Gerichts-Thriller The Goldman Case auf einer wahren Geschichte, dessen juristischer Schlagabtausch so filmreif daherkommt, als hätte ein hoch bezahlter Hollywood-Autor das Szenario unter Einwirkung eines weißen Pulvers verfasst. Im Gegensatz zum Netflix-Spektakel handelt es sich bei The Goldman Case jedoch um eine schlaue Rekreation realer Ereignisse, die in ihren 116 Minuten enorm viel Spannung aufbaut.

Der Held des Thrillers gesteht alle Verbrechen – außer eines

Pierre Goldman dürfte in Deutschland kein geläufiger Name sein, in Frankreich sieht das anders aus. Der Sohn polnischer Juden gehört zur Generation der französischen 68er und verdingte sich in lateinamerikanischen Guerilla-Gruppen. In Frankreich hielt er sich mit Überfällen über Wasser. 1970 wurde er festgenommen, unter anderem wegen des Mordes an zwei Apothekerinnen. Die anderen Verbrechen gab er zu, bei diesem jedoch beteuerte er seine Unschuld. Goldman kam ins Gefängnis, erarbeitete sich als Schriftsteller einen Ruf, der Fall wurde neu aufgerollt.

Hier setzt der Film an. Hat Goldman (Arieh Worthalter) die Frauen wirklich kaltblütig erschossen? Oder wollte die Polizei mit allen Mitteln einen Schuldigen finden, einen linken, jüdischen Schuldigen noch dazu?

The Goldman Case

The Goldman Case spielt abgesehen von einer handvoll Szenen im holzgetäfelten Gerichtssaal, inszeniert mit stickigen Aufnahmen von Zeugen, Anwälten und dem Angeklagten. So sitzen wir mittendrin, unter dem finsteren Blick von Pierre Goldman. Ausgestattet mit Prinzipien aus Stahl und einer blendenden Ehrlichkeit gegenüber seinen eigenen Fehlern, verweigert er Aussagen, die ihn entlasten könnten – weil er keine „Ratte“ sei, die andere verrät. Er legt sich mit den Anklägern an, fällt seinen Anwälten in den Rücken. Zugleich ist die Sabotage seiner Verteidigung Ausdruck einer Charakterstärke, die ihn zahlreiche Bewundernde einbrachte.

  • The Goldman Case läuft in der Directors‘ Fortnight, einer unabhängigen Parallelsektion der Filmfestspiele von Cannes.

Was The Goldman Case so viel besser macht als Netflix‘ The Trial of the Chicago 7

Es gibt keine Flashbacks zu seiner Jugend oder seinen Verbrechen, nur das Geschehen im Gericht. Aus den Erzählungen von Vater, Lebensgefährtin, Weggefährten und schließlich Zeug:innen, die ihn am Tatort gesehen haben wollen, entsteht eine Welt weit über die Grenzen des Saales hinaus, in der ein junger Mann seine Frau erschossen am Boden der Apotheke vorfindet und ein erschütterter Vater darüber verzweifelt, dass sein Sohn ein Verbrecher sein soll.

  • Mehr aus Cannes: Wie ist Jeanne du Barry mit Johnny Depp?

Mit Worten und Gesichtern zeichnen Regisseur Cédric Kahn und Co-Autorin Nathalie Hertzberg ein Porträt, das die Widersprüche des Mannes regelrecht umarmt, der das Justizsystem vorführen will, in dem er daran glaubt, dass es funktioniert. Dieser karge, dialogstarke, zu keiner Zeit langweilige Film zieht seine Spannung aus der systematischen Dekonstruktion von Zeugenaussagen, der Enthüllung von Ungereimtheiten, Lügen und natürlich eloquenten Plädoyers, wie sie ein richtig guter Gerichtsfilm bieten sollte.

The Goldman Case

Damit unterhält und erhellt er wesentlich wirkungsvoller sein Publikum, als es Millionen-Budgets, eine Armada an Statisten in historisch genauen Szenenbildern und selbst ein Drehbuch von Aaron Sorkin können. Sorkin, seit Eine Frage der Ehre ein Meister des Gerichts-Fachs, verliert sich wie so viele andere Hollywood-Filme auf der Suche nach aufgeblasenen Wortschwadronen und fasst die politischen Überzeugungen seiner Helden nur mit Samthandschuhen an. The Goldman Case begegnet der Radikalität seines Helden auf Augenhöhe und entzieht sich künstlichen Dramatisierungen. Die Wirklichkeit ist aufregend genug.

The Goldman Case hat noch keinen deutschen Starttermin (aber verdient unbedingt einen).

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