Nachrichten

#Blumenstilllebenerfinder Savery in Den Haag: Kakadus fressen keine Frösche

Roelant Savery malte nicht nur das erste Blumenstillleben und den ersten Dodo in Europa, er verschmolz auch Alpenlandschaften mit Exotischem. Das Mauritshuis in Den Haag zeigt seine wundersamen Bildwelten.

Vergissmeinnicht und Nelken, Veilchen, Akelei und eine leuchtend rote Tulpe: Insgesamt dreizehn verschiedene Blumen hat Roelant Savery 1603 auf dem ersten Blumenstillleben der niederländischen Kunstgeschichte in einer Vase versammelt, umgeben von Insekten, Muscheln und zwei Eidechsen. Ein prächtiges Bouquet, akribisch genau dargestellt. Auch Botaniker haben bis heute ihre helle Freude daran. Doch verglichen mit dem phänomenalen Strauß, den der Maler rund zwanzig Jahre später auf dem Höhepunkt seines Schaffens auf die Leinwand zu zaubern wusste, mutet es bescheiden, ja geradezu armselig an: Denn auf diesem 1624 entstandenen Spätwerk zieht der Meister alle Register: 63 verschiedene Blumensorten konnten identifiziert werden.

Zwischen ihnen brummt und summt und surrt es vor Leben. Auf keinem anderen niederländischen Stillleben des 17. Jahrhunderts gibt es so viele kleine Tiere, Insekten und Schmetterlinge zu entdecken, fast fünfzig sind es, darunter allein neun verschiedene Libellensorten. Und ein großer Kakadu, der genüsslich einen Frosch verspeist, während ihm ein anderer Frosch dabei zuschaut. Obwohl Frösche nicht auf dem Speiseplan von Kakadus stehen.

Die beiden Blumenstillleben gehören zu rund 45 Gemälden und Zeichnungen, fast alles Leihgaben aus internationalen Museen, mit denen Kuratorin van Suchtelen Ausstellungsbesucher in die „wundersame Welt des Roelant Savery“ entführen will. So lautet auch der Titel der von ihr verantworteten Schau, die sie thematisch aufgebaut und in vier Kategorien eingeteilt hat: Blumen, Landschaften, Menschen und Tiere. Die Arbeiten werden auf grellbunten Wänden präsentiert, so farbenfroh wie die Welt, die Savery auf seinen Bildern entstehen ließ. Es ist die eines Abenteurers und Alleskönners. Denn der Meister aus Westflandern hat viele Genres weiterentwickelt und nicht nur als Maler von Blumenstillleben Pionierarbeit geleistet: Savery war der erste, der Bauern, Handwerker und Bettler porträtierte.

Auf seinen Streifzügen durch die Alpen hat er die frühesten Wasserfälle der Kunstgeschichte festgehalten. Und auf seinen mit Unmengen von Tieren ausstaffierten Landschaften als Erster den legendären Riesenvogel Dodo.

Er malte als Erster den legendären Dodo

Zu seinen Auftraggebern zählten neben Diplomaten, Fürsten und Bürgern die englischen Könige Karl I. und James II., der Fürst von Liechtenstein und Habsburgerkaiser Rudolf II. Von ihm wurde er 1603 als Hofmaler nach Prag geholt. So wie Frans Hals und viele andere niederländische Maler des 17. Jahrhunderts war auch Savery ein Flüchtling aus dem katholischen Süden, dem heutigen Belgien. Geboren wurde er 1576 in Kortrijk, rund 30 Kilometer nordöstlich von Lille. Doch 1580, nach Bildersturm und Ausbruch des Unabhängigkeitskrieges der nördlichen Niederlande gegen das katholische Spanien, sahen sich auch seine Eltern so wie Hunderttausende anderer protestantischer Glaubensflüchtlinge gezwungen, ihr Heil im Norden zu suchen. Die Familie ließ sich in Haarlem nieder.

Wer hat’s erfunden? Roelant Savery hat’s erfunden! Auf seiner „Vase mit Blumenstillleben in einer Nische“ von 1615 fehlt auch die Fliege auf dem steinernen Bogen nicht.


Wer hat’s erfunden? Roelant Savery hat’s erfunden! Auf seiner „Vase mit Blumenstillleben in einer Nische“ von 1615 fehlt auch die Fliege auf dem steinernen Bogen nicht.
:


Bild: Mauritshuis

Es war die Zeit der Entdeckungsreisen. Trotz Krieg begannen Handel, Künste und Wissenschaften zu blühen. Neben Stoffen, Gewürzen und Porzellan brachten die Handelsschiffe exotische Pflanzen und Tiere nach Europa. Gelehrte reisten durch das Habsburgerreich und tauschten ihr Wissen aus. Herrscher und Adlige sammelten nicht mehr nur Kunst, sondern legten aufwendige Tiergehege und Ziergärten an. Die Geburtsstunden von Botanik und Gartenkultur hatten geschlagen. In Leiden entstand der Hortus Botanicus, einer der ersten Europas. Dort bohrte sich 1594 die erste Tulpe durch holländische Erde.

Auch der Habsburger Rudolf II., rund tausend Kilometer weiter südöstlich auf dem Hradschin herrschend, war im Bann von Künsten und Wissenschaften: Er holte Gelehrte und Künstler aus ganz Europa zu sich an den Hof und machte Prag endgültig zur Goldenen Stadt. Wie besessen sammelte er exotische Pflanzen und Tiere; in seinen Parks soll er neben Löwen und Aras sogar Dodos gehalten haben. Bald hatte der Kaiser vom Können Saverys gehört. Nicht nur dessen Tier- und Blumenbilder sprachen ihn an: Rudolf war ein großer Fan Pieter Bruegels des Älteren, und Savery wusste wie kein anderer in dessen Stil zu malen, da dieser neben Bosch sein großes Vorbild war. Noch bis 1970 galten viele von Saverys Zeichnungen als Bruegels.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!