#Ukraine-Krieg: Getreidefrachter „Razoni“ bringt Hühnerfutter statt Brot für die Welt
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„Ukraine-Krieg: Getreidefrachter „Razoni“ bringt Hühnerfutter statt Brot für die Welt“
Es droht ein Debakel: Statt im Libanon entladen zu werden, sucht der Getreidefrachter „Razoni“ noch immer einen Hafen – und der Mais an Bord ist offenbar nur Tierfutter.
Der Libanon gehört zu den Ländern im Nahen Osten, die auf Getreide aus der Ukraine und Russland angewiesen sind, um ihre Bevölkerung zu ernähren. Die „Razoni“, die unter der Flagge von Sierra Leone fährt, lag seit Kriegsausbruch im Februar bis vorige Woche in Odessa fest, weil die russische Marine die Küste blockiert und die Ukraine zum Schutz ihr Küstengewässer vermint hat. Mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Silos konnten so bisher nicht zu den Abnehmern gelangen. Erst die Istanbuler Vereinbarung zwischen Türkei, UNO, Ukraine und Russland machte Ende Juli den Weg frei.
Die Libanesen müssen weiter auf bezahlbares Brot warten
Inzwischen sind insgesamt zehn Schiffe aus ukrainischen Häfen ausgelaufen. Die Transporte sollen den weltweiten Preisanstieg bei Getreide stoppen und Hungersnöte in armen Ländern verhindern. Auf die Hoffnung folgt Ernüchterung. Zuerst stellte sich heraus, dass die Ladung der „Razoni“ nichts an der Brotpreis-Krise im Libanon ändern wird. In dem kleinen Land mit sieben Millionen Menschen ist der Preis für Weizenmehl seit Ausbruch des Ukraine-Krieges um mehr als 200 Prozent gestiegen. Die Getreidespeicher im Hafen von Beirut waren bei der Explosionskatastrophe vor zwei Jahren zerstört worden.
Auf bezahlbares Brot müssen die Libanesen aber weiter warten. Die Behörden in Beirut sagten der Zeitung L’Orient Today, der Mais an Bord der „Razoni“ sei Tierfutter und nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt. Die Ukraine ist ein führender Exporteur von Tierfutter-Mais; die Nachrichtenagentur AP berichtete aus Beirut, es handele sich bei der Ladung um Hühnerfutter. An welchen Abnehmer im Libanon die Fracht gehen sollte, ist nicht bekannt.
Der Kapitän der „Razoni“ wartet offenbar auf neue Anweisungen
Eigentlich sollte die „Razoni“ am Sonntagmorgen in Tripoli einlaufen; die ukrainische Botschaft in Beirut hatte bereits Journalisten dazu eingeladen. Dann stoppte der Frachter seine Fahrt. Am Samstag teilte die Botschaft mit, die Ankunft des Schiffes verzögere sich. Die libanesische Regierung konnte oder wollte nichts zu den Gründen sagen. Verkehrsminister Ali Hanieh gab auf Twitter bekannt, die „Razoni“ habe ihren Kurs geändert. Offenbar warte der Kapitän auf neue Anweisungen und ein neues Ziel.
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Die französische Wirtschaftszeitung Les Echos zitierte den Hafenmeister von Tripoli mit den Worten, der Schiffseigner habe ihm mitgeteilt, dass die „Razoni“ nicht in seinen Hafen kommen werde. Dem Bericht zufolge gehört das Schiff einem Unternehmen in Liberia. Die „Razoni“ lag rund 60 Kilometer südöstlich der südtürkischen Hafenstadt Mersin vor Anker, wie Daten von Marine Traffic zeigten. Die „Razoni“ gab ihren Status als „Order“ an, das bedeutet: Ihre Ladung steht zum Verkauf. Über einen neuen Zielort war nichts bekannt.
Getreide für die Welt: Keines der anderen Schiffe geht in ein armes Land
Das Debakel mit der „Razoni“ ist ein Dämpfer für die Istanbuler Vereinbarung, die von UN-Generalsekretär Antonio Guterres als „Leuchtfeuer der Hoffnung“ im Kampf gegen den Hunger gewürdigt wurde. Drei ukrainische Häfen sind für die Exporte unter der Vereinbarung zugelassen; ein gemeinsames Koordinationszentrum von Türkei, UNO, Russland und Ukraine in Istanbul organisiert die Fahrten und inspiziert die Schiffe. Die Ukraine strebt die Ausfuhr von drei Millionen Tonnen Getreide im Monat an. Russland sichert den Frachtern freies Geleit zu. Doch in Ländern wie Somalia, Äthiopien oder Kenia, die unter einer Dürre leiden und auf Getreide aus der Ukraine und Russland warten, kommt bisher nichts an. Die Zielhäfen für die neun Transporte von zusammen mehr als 200.000 Tonnen an Mais, Sojabohnen, Sonnenblumenmehl und Sonnenblumenöl liegen nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums in der Türkei, Großbritannien, Irland, Italien und China.
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