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#Unglaubliches Verbrechen: Meister-Regisseur triumphiert mit wahrer Geschichte, an der Steven Spielberg aus gutem Grund verzweifelte

Steven Spielberg scheiterte an der Verfilmung, nun hat ein anderer Meister die wahre Entführungsgeschichte von Edgardo Mortara verfilmt: mit einem erschütterndem Ergebnis.

2016 ging eine Nachricht herum, die mir das cineastische Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Steven Spielberg wollte einen Film mit Star Wars-Darsteller Oscar Isaac drehen. Tony Kushner (Lincoln) hatte das Drehbuch geschrieben. Grundlage war ein reales Verbrechen, dessen Täterpur in die Spitze des Vatikans führte.

Sieben Jahre später bleibt The Kidnapping of Edgardo Mortara wenig mehr als eine Datenbankleiche. Der Film wurde nie gedreht, weil Spielberg die für ihn entscheidende Rolle nicht besetzen konnte. Die Trauer darüber kann aber spätestens jetzt begraben werden, denn bei den Filmfestspielen in Cannes wurde ein mehr als würdiger Spielberg-Ersatz vorgestellt, der mich wütend und begeistert zurückließ.

Kidnapped erzählt die wahre Geschichte von Edgardo Mortara

Kidnapped heißt der Film, Regie führt der italienische Meister Marco Bellocchio (Il Traditore – Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra), der in seiner langen Karriere unter anderem durch seine offene Kritik an der Katholischen Kirche für Aufsehen sorgte. Eine idealere Geschichte hätte er sich für seinen neuen Film kaum aussuchen können.

Der sechsjährige Edgardo Mortara lebt mit seiner jüdischen Familie 1858 in Bologna, als eines Abends die päpstliche Polizei an die Tür klopft. Edgardo (Enea Sala) sei getauft worden, heißt es, und das Gesetz sieht vor, dass christlich getaufte Kinder nicht von Juden erzogen werden dürfen. Mit der ganzen Willkür der päpstlichen Obrigkeit wird Edgardo seinen Eltern entrissen, ohne Vorlage von Beweisen oder Möglichkeiten zur Gegenwehr. Es folgt ein jahrelanger Kampf um ihren Sohn, während der jüdische Junge religiös umerzogen werden soll.

Das Poster für Kidnapped

Der Fall Edgardo Mortara sorgt international für Aufmerksamkeit, Regierungen üben Druck aus. Papst Pius IX. (meisterhaft derangiert: Paolo Pierobon) beharrt auf seine Entscheidung. In dem jungen Menschenleben erkennt er die Verteidigungsbarrikade seiner bröckelnden Macht.

Die Fakten der Geschichte schüren genug Wut und Bellocchio eröffnet seinen Film mit der ganzen Fassungslosigkeit der Eltern, deren Kind in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entführt wird. Dieses Unrechtsbewusstsein bildet den gefühligen Zündstoff eines Historien-Thrillers, der in den Händen eines schlechteren Regisseurs zur simplen Anklageschrift verkommen wäre. Bellocchio ruht sich aber nicht auf der Entrüstung seines Publikums aus. So klar die Schuld zu Beginn der Geschichte verteilt wird, so doppelbödig entfaltet sich die Erzählung danach, die sich auf drei Parteien fokussiert: die Eltern, den Papst und den kleinen Edgardo.

Steven Spielberg scheiterte am Casting des Jungen

Als nuancierteste Figur geht Edgardo aus dem Film hervor. Steven Spielberg legte sein Projekt angeblich auf Eis, weil er den passenden Jungen nicht fand (Quelle: Collider ). Bellocchio hatte dieses Problem offensichtlich nicht.

Behutsam beobachtet Kidnapped die Gefühlswelt des kleinen Edgardo, dem das Abbild des gekreuzigten Jesus genauso fremd erscheint wie die lateinische Sprache. Als großes Kunststück des Films erweist sich dabei die Fähigkeit, sein Innenleben, seine widersprüchlichen Gefühle in Bilder zu fassen. Darin ähnelt er einem anderen sehenswerten True-Crime-Film beim diesjährigen Festival von Cannes, in dem unvereinbare Gefühlswelten in einer Figur zusammenprallten: Martin Scorseses Killers of the Flower Moon.

Papst Pius IX.

In Kidnapped durchbrechen surreale Einschübe die Fakten, und Edgardos Versuch, eine unfassbare Situation zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden, wird visualisiert. Da schleicht er sich beispielsweise nachts zum Altar und befreit Jesus von den Nägeln in Händen und Füßen. Es ist eine Geste, die so vieles ausdrücken kann: die Sehnsucht nach Rettung, echtes Mitleid, Schuldgefühle gegenüber seinen Eltern oder ein instinktives Verständnis dieses Symbols.

Was Kidnapped von vielen anderen „aufrüttelnden“ Historienfilmen unterscheidet, ist der Mut, uns eine einfache Deutung vorzuenthalten. Ambiguität ist der Trumpf dieses Films, der in den Händen von Steven Spielberg vermutlich auch mindestens sehenswert geworden werde. Alternative Filmgeschichtsschreibung hin oder her: Bellocchio war genau der richtige für diesen Job.

Kidnapped hat (leider) noch keinen deutschen Kinostart.

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Quelle

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