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#USA: Amerika streitet nach Vergewaltigung einer Zehnjährigen weiter über Abtreibungen

„USA: Amerika streitet nach Vergewaltigung einer Zehnjährigen weiter über Abtreibungen“




Eine Zehnjährige wird schwanger von ihrem Vergewaltiger. Statt ihr die Abtreibung zu erlauben, zweifeln rechte Gruppen den Wahrheitsgehalt ihrer Geschichte an.

Am Ende war alles gut. Jedenfalls für Dave Yost, den Generalstaatsanwalt von Ohio: „Wir jubeln jedes Mal, wenn ein Kinderschänder festgesetzt wird“, erklärte der Republikaner in einer Pressemitteilung. Dass er persönlich das unfassbare Verbrechen wenige Tage zuvor als „wahrscheinliche Erfindung“ bezeichnet hatte, seine Parteifreunde das minderjährige Opfer zum Austragen der Schwangerschaft zwingen wollten und rechte Gesinnungsgenossen eine Verleumdungskampagne gegen die wichtigste Zeugin gefahren hatten, erwähnte er nicht.

Die Geschichte eines zehnjährigen Vergewaltigungsopfers aus Ohio, das wegen des dortigen Abtreibungsverbots in den Nachbarstaat Indiana reisen musste, um ärztliche Hilfe zu bekommen, rührt viele Amerikaner auf. Sie dokumentiert nicht nur auf beklemmende Weise die neue Realität nach der Aufhebung des bundesweiten Abtreibungsrechts durch den Supreme Court. Sie verdeutlicht zugleich den Fanatismus, mit dem fundamentalistische Christen und rechte Aktivisten in den USA die Wirklichkeit ausblenden und verbiegen.

Der Fall löste sogar im Weißen Haus Entsetzen aus

Alles begann mit einem Bericht in der Lokalzeitung Indianapolis Star vom 1. Juli. Da berichtete das Blatt, dass sich ein Arzt aus Ohio an die Gynäkologin Caitlin Bernard in Indianapolis gewandt hatte. In seine Praxis war ein zehnjähriges Mädchen gekommen, das nach einer Vergewaltigung schwanger war. In Ohio sind Abtreibungen nur noch bis zur sechsten Schwangerschaftswoche erlaubt, die war bereits verstrichen. Nach Angaben von Bernard leitete sie daraufhin bei dem Mädchen in Indiana eine medikamentöse Abtreibung ein.

Der schockierende Fall sorgte für öffentliches Entsetzen bis hin zum Weißen Haus. „Eine Zehnjährige sollte gezwungen werden, das Kind eines Vergewaltigers zu gebären“, empörte sich Präsident Joe Biden. „Ich kann mir nichts Extremeres vorstellen.“ Damit war der Fall politisch geworden, und es dauerte nicht lange, bis rechte Politiker und Propagandisten eine breite Desinformations- und Verleumdungskampagne begannen.

Die Fans von Donald Trump bezichtigten das Opfer der Lüge

Die Faktenbasis war tatsächlich schwierig: Der Indianapolis Star zitierte namentlich nur die Gynäkologin Bernard. Die Identität des Opfers wurde zu dessen Schutz ebenso wenig preisgegeben wie die des mutmaßlichen Täters. Doch statt dem Verbrechen nachzugehen, brüstete sich der republikanische Generalstaatsanwalt von Indiana, Todd Rokita, vor seinen Anhängern, er lasse prüfen, ob die Gynäkologin gegen die ärztliche Schweigepflicht verstoßen habe. Sein Kollege und Parteifreund Yost aus Ohio wiegelte ab, von den Polizeibehörden habe er nicht einmal „ein Flüstern“ über einen solchen Fall gehört. Bald darauf sprach die rechte Kolumnistin Megan Fox von einer wahrscheinlich unwahren „viralen Horrorstory“. „Eine Lüge. Wundert das irgendjemand?“, twitterte der republikanische Kongressabgeordnete Jim Jordan, ein enger Vertrauter von Ex-Präsident Donald Trump.

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Selbst das in seinem Nachrichtenteil seriöse Wirtschaftsblatt Wall Street Journal beteiligte sich auf seinen Kommentarseiten an der Stimmungsmache. „Eine Abtreibungsgeschichte, die zu gut ist, um bestätigt zu werden“, überschrieb die Meinungsredaktion süffisant ihren Leitartikel, in dem sie über „allerlei fantasiereiche Geschichten“ fabulierte, die im Netz verbreitet würden.

Die Republikaner wittern ein neues Thema

Nur Stunden später wurde ein 27-jähriger Mann dem Richter vorgeführt, der nach Behördenangaben die Vergewaltigung der Zehnjährigen gestanden hatte. Am Donnerstag brachte das Wall Street Journal eine lauwarme Richtigstellung: „Es hat den Anschein, dass Präsident Biden akkurat war.“

Mit einem Innehalten oder Nachdenken ist nicht zu rechnen. Im Gegenteil: Das nächste Thema ist gefunden. Der Täter soll nämlich kein US-Bürger sein. „Die wirkliche Geschichte ist ein abscheuliches Verbrechen von einem illegalen Migranten“, sagte der Abgeordnete Jordan: „Ich hoffe, das wird mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft.“

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