#„Von 2025 an werden alle neuen Fahrzeug-Architekturen rein elektrisch sein“

Herr Källenius, Daimler hat sich lange gegen die Produktion von Batteriezellen gewehrt. Jetzt steigen Sie doch groß ein. Woher kommt der Sinneswandel?

Im Juli haben wir eine deutlich beschleunigte Elektro-Strategie für Mercedes-Benz präsentiert: Wir bereiten uns darauf vor, noch vor Ende des Jahrzehnts vollelektrisch zu werden – wo immer die Marktbedingungen es zulassen. Von 2025 an werden bereits alle neuen Fahrzeug-Architekturen rein elektrisch sein. Die Versorgung mit hochwertigen Batteriezellen zu wettbewerbsfähigen Kosten ist ein entscheidender Schlüssel für diesen ehrgeizigen Elektro-Hochlauf. Für unser Ziel benötigen wir bis zum Ende des Jahrzehnts Kapazitäten von mehr als 200 Gigawattstunden. Und unsere Haltung ist klar: Wir warten nicht auf die Transformation. Wir treiben sie. Darum geht’s.

Wie sehen Ihre Pläne konkret aus?

Wir erwerben 33 Prozent am Batteriezellen-Hersteller ACC. Stellantis und TotalEnergies werden in gleicher Höhe beteiligt sein. Wir erwarten, dass ACC die nächste Generation an Batteriezellen und Batteriemodulen entwickeln und produzieren wird – maßgeschneidert auf die spezifischen Anforderungen von Mercedes-Benz. Durch die Partnerschaft sichern wir uns die Lieferumfänge, nutzen Skaleneffekte und können unseren Kundinnen und Kunden überlegene Batterietechnologie bieten. Gleichzeitig legen wir damit gemeinsam den Grundstein für einen neuen Batterie-Champion. Mercedes-Benz ist ein globales Unternehmen, aber mit diesem Projekt können wir auch einen Beitrag dazu leisten, dass Europa ein Zentrum der Automobilindustrie bleibt.

Wenn Sie schon Batteriezellen fertigen, könnten Sie doch auch in die Produktion von Chips einsteigen. Daran fehlt es ja derzeit an allen Ecken und Enden.

Eine Fabrik für Silicon-Wafer erfordert eine Investition zwischen 5 und 10 Milliarden Euro. Große Hersteller wie Intel oder TSMC haben Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe für die nächsten Jahre angekündigt. Das ist also bestimmt kein Gebiet, wo auch Mercedes einsteigen sollte. Wir arbeiten aber mit diesen Unternehmen zusammen. Derzeit fehlen ja gar nicht die absoluten Hightech-Chips, sondern vor allem jene in der Größe von 30 bis 200 Nanometern – das ist Technik, die schon vor einigen Jahren entwickelt wurde. Wir arbeiten deshalb mit den Herstellern daran, unsere technischen Lösungen auf die neuere Generation umzustellen. Es geht nicht nur darum, Kapazität aufzubauen, sondern gemeinsam an dem komplexen Netzwerk von Teilen zu arbeiten.

Plant Mercedes Investitionen in Halbleiter, wenn es um spezielle Systeme geht?

Beim Design machen wir das schon heute, also bei der Frage, was ein Chip können muss. Das ist wichtig mit Blick auf die nächste Generation der Hardware-Architektur. Zu unserem geplanten eigenen Betriebssystem MB.OS gehört ja auch eine konsolidierte Chip-Architektur. Früher hatte man für viele Funktionen jeweils ein Steuergerät und ein Softwarepaket. Als Fahrzeugintegrator musste man dafür sorgen, dass all diese Steuergeräte miteinander kommunizieren. Mit MB.OS haben wir deutlich weniger, aber leistungsfähigere Computer im Auto. Die Softwarearchitektur ist kein Flickenteppich mehr, sondern eine holistische Lösung, für die wir der Architekt sind. Das ist ein Paradigmenwechsel.