#Von der Gewalt gegen Chinesen in Amerika
Inhaltsverzeichnis
„Von der Gewalt gegen Chinesen in Amerika“
Die amerikanische Geschichte verzeichnet mehrere Kapitel von gewaltvoller Unterdrückung, von dem eines erst in jüngster Zeit der Öffentlichkeit bekannt wird: Die antichinesische Gewalt im neunzehnten Jahrhundert. Die Einwanderungsgeschichte von Chinesen ist eng verknüpft mit der Industrialisierung der Vereinigten Staaten: Vor allem für die Arbeit in Goldminen und den Erbau der First Transcontinental Railroad kamen Zehntausende Menschen aus China in den Westen der USA. Heute ist sicher, dass ohne die chinesischen Arbeitskräfte die Fertigstellung dieses riesigen Bauprojekts niemals möglich gewesen wäre. Doch Anerkennung für ihre Arbeit oder der Respekt der Amerikaner kam der chinesischen Minderheit im neunzehnten Jahrhundert nicht zugute. Stattdessen formte sich eine antichinesische Bewegung, die zu Hetze und Gewalt gegen Chinesen mobilisierte und damit erfolgreich war.
Die erste rechtliche Manifestation dieser rassistischen Gewalt war die Verabschiedung des Chinese Exclusion Act im Jahr 1882, der die Einwanderung von Menschen mit chinesischer Nationalität verbot. Dieses Gesetz war das erste restriktive Einwanderungsgesetz in den Vereinigten Staaten und markiert somit das Ende des offenen Einwanderungslandes. Doch auch schon vor dem Chinese Exclusion Act wurde antichinesische Gewalt im Land durch Rechtsprechung legalisiert. So entschied der California Supreme Court 1854 im Fall People v. Hall, dass eine Zeugenaussage von einem Chinesen vor Gericht nicht ausreichend sei, um einen weißen Mann als Mörder zu überführen. Diese Entwicklung führte 1885 zu dem rassistischen Massaker von Rock Springs in Wyoming, bei dem 28 Chinesen starben und fünfzehn verletzt wurden.
Von diesem gewaltvollen Abschnitt der amerikanischen Geschichte handelt Jenny Tinghui Zhangs „Fünf Leben“. Die Anregung, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, kam der Autorin zufällig, wie sie im Anhang ihres Buches schildert: Ihr Vater entdeckte auf der Durchreise in einem Ort im Nordwesten der Vereinigten Staaten ein Schild, das auf die „Chinese Hangings“ hinwies, und bat seine Tochter, den Hintergründen dieses Ereignisses nachzugehen. Das Ergebnis der Recherche ist ein rund vierhundert Seiten starker Roman, der zugleich das Debüt der im chinesischen Changchun geborenen und im texanischen Austin aufgewachsenen Autorin darstellt. Über die Geschichte der antichinesischen Gewalt zu schreiben, so Zhang, sei ihr wichtig gewesen, da die in den Augen vieler Amerikaner immer noch unsichtbar sei, obwohl es weiterhin Kontinuitäten dieses Rassismus gebe.
Ein analoger Clan von Körpern und Geschichten
Mit „Fünf Leben“ beweist Zhang ihr Talent, von einem realhistorischen Ereignis und einer politischen Motivation ausgehend, eine gelungene Geschichte zu erzählen. Daiyu, die Erzählerin und Protagonistin des Romans, setzt ihre eigene Entführung und anschließende Verschleppung an den Anfang. Als sie auf einem chinesischen Fischmarkt von Verkäufern eines Diebstahls beschuldigt wird, erscheint ein Mann und behauptet, Daiyu gehöre zu seiner Familie. Erstaunt und perplex darüber, dass ihr jemand helfen will, spielt Daiyu mit und folgt dem fremden Mann. Er fragt sie, ob sie hungrig sei, und kündigt an, sie zu einer Nudelküche mitzunehmen. „Wir gehen immer weiter, bis ich nicht mehr weiß, wo wir sind, und als wir nicht mehr weitergehen, begreife ich, dass wir die Nudelküche nie erreichen werden.“ Stattdessen steckt der Mann Daiyu in ein Fass und überschüttet sie mit Kohle – ein grausames Mittel der Tarnung, damit sie unentdeckt mit dem Schiff nach San Francisco gebracht werden kann, um dort als Zwangsprostituierte in einem Bordell in Chinatown festgehalten zu werden.
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