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#Warum das Veto für Ungarn und Polen teuer werden könnte

Warum das Veto für Ungarn und Polen teuer werden könnte

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte drohte Ungarn und Polen vor dem informellen EU-Gipfel zur Covid-Krise und dem Corona-Finanzpaket am Donnerstagabend mit der „Nuklearoption“: Wenn beide Länder wegen des Streits um die Verknüpfung der EU-Hilfen mit der Rechtstaatlichkeit an ihrem Veto gegen EU-Haushalt 2021 bis 2027 und Corona-Fonds festhielten, könnten die anderen 25 Mitgliedstaaten zumindest die 750 Milliarden Euro für den Corona-Fonds einfach bilateral verabschieden – mit der Konsequenz, dass Polen und Ungarn kein Geld davon sehen würden. Auch bei EU-Haushalt 2021 bis 2027 setzen viele in Brüssel weiterhin darauf, dass Ungarn und Polen am Ende klein begeben, weil sie ihren Anteil an den dafür vorgesehenen weiteren 1,1 Billionen Euro brauchen.

Hendrik Kafsack

Im schlimmsten Fall steht die Europäische Union Ende des Jahres ohne mehrjährigen Haushaltsrahmen und ohne einen Haushalt für 2021 da. Dann tritt zwar ein Notfallhaushalt in Kraft. Anders als in den Vereinigten Staaten kann die EU also ohne Einigung auf ein Budget weiter Geld ausgeben. Nach der zuletzt in den achtziger Jahren angewandten Zwölftel-Regelung kann sie jeden Monat über ein Zwölftel der im Vorjahr bereitgestellten Summen verfügen.

Polnische Politiker verbreiteten deshalb bereits, Polen könne sogar mit mehr Hilfen rechnen. Das stimmt insofern, da die EU 2020 über mehr Geld verfügte, weil die Briten noch einzahlten. Faktisch aber kann davon nur ein Teil fließen: die Direkthilfen für die Landwirte, die knapp ein Viertel des EU-Haushalts ausmachen, sind der größte Posten davon. Auch Geld für die Verwaltung, humanitäre Hilfe und andere außenpolitische Aufgaben steht bereit.

Strukturhilfen und Agrarfonds

Anders sieht das bei zahlreichen weiteren Programmen aus, für die es ohne Einigung auf den neuen EU-Haushalt keine ausreichende Rechtsgrundlage gibt. Das betrifft etwa das Forschungsprogramm Horizon und das Austauschprogramm Erasmus, vor allem aber die Strukturhilfen, die immerhin ein Drittel des Gesamtbudgets ausmachen, und neue Programme wie den Klimaanpassungsfonds – beides nicht zuletzt für Polen sehr wichtige Töpfe.

Auch auf das sicher fließende Geld aus den EU-Agrarfonds sollten sich Ungarn und Polen im Falle des Falles besser nicht einstellen, heißt es aus der Europäischen Kommission warnend. Denn der Rechtsstaatsmechanismus, also die Verknüpfung von EU-Hilfen und Rechtsstaatsstandards, sei schließlich von dem Veto nicht betroffen und könne rechtzeitig zum Ende des Jahres mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Kurz: die EU könnte die Auszahlung der Hilfen an die Bauern in Ungarn und Polen blockieren.  

Wie viel für beide Länder auf dem Spiel steht, zeigt ein Blick auf die Verteilung der EU-Mittel in den vergangenen Jahren. Denn ausgerechnet Polen und Ungarn sind die Hauptprofiteure des Budgets. Polen erhielt zuletzt 12 Milliarden Euro mehr aus den Brüsseler Töpfen zurück als es einzahlte. Bei Ungarn waren es absolut betrachtet nur 5 Milliarden Euro – das entspricht indes beinahe 4 Prozent der ungarischen Wirtschaftsleistung.

Zeit bis zum 7. Dezember

Auch bei den 750 Milliarden Euro des Corona-Fonds steht für die beiden Veto-Länder viel auf dem Spiel. Polen etwa soll allein 23,1 Milliarden Euro von den insgesamt 390 Milliarden Euro an Zuschüssen erhalten. Ungarn stehen immerhin 6,2 Milliarden Euro zu. Auch hier gilt: im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist das in beiden Fällen beachtlich.

Bis zum 7. Dezember haben die EU-Institutionen noch Zeit, um den Haushalt für das kommende Jahr zu verabschieden. Danach führen an einem Notfallhaushalt und damit der Zwölftel-Regelung kein Weg mehr vorbei.

Sollten Polen und Ungarn schließlich doch einlenken und ihr Veto aufgeben, kann die Europäische Kommission aber Anfang des kommenden Jahres einen neuen Haushaltsvorschlag für 2021 vorlegen, der dann im Idealfall im Februar oder März verabschiedet werden könnte. Dann würde das Geld aus dem EU-Haushalt mit etwas Verspätung doch noch planmäßig fließen.

Etwas mehr Zeit hat die EU, wenn es um den Corona-Fonds geht. Der Großteil der 750 Milliarden Euro sollte ohnehin erst vom zweiten Quartal des kommenden Jahres an fließen. Blockiert sind momentan „nur“ rund 40 Milliarden Euro davon, die schon Anfang Januar an die Mitgliedstaaten gehen sollten.

Solange Polen und Ungarn an ihrem Veto festhalten, kann jedoch der Eigenmittelbeschluss, der noch von beinahe allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss, nicht vorangetrieben werden. Der Beschluss schreibt fest, mit welchen Anteil ihrer Wirtschaftsleistung die Staaten mit „eigenen Mitteln“ für die Ausgaben der EU haften. Er ist die Voraussetzung dafür, dass die EU die für den Corona-Fonds nötigen Schulden machen kann. Je mehr sich der Beschluss verzögert, desto später kann das Geld aus dem Corona-Fonds also fließen.

Auch für Deutschland, die Niederlande oder Österreich hätte das unangenehmen Folgen: Denn an dem Beschluss hängen die Beitragsrabatte, die diese im Juli beim EU-Haushaltsgipfel ausgehandelt haben.

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